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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig
Autoren: Karl May
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deutlich.“
    „Und haben Sie sich die Worte gemerkt, welche er zu ihr sagte?“
    „Geld! Geld! Das viele Geld!“
    „Ja, so war es. Gewiß hat er das Geld, welches er unrechtmäßigerweise besitzen soll, von ihrem Vater erhalten.“
    „Welch ein Blick! Welch ein Haß! Ich glaube, sie – sie liebt ihn!“ flüsterte Fanny leise vor sich hin, fast unwillkürlich.
    Der Fürst hatte diese Worte wohl verstanden. Sie frappierten ihn.
    „Meinen Sie?“ fragte er. „Möglich! Sie sagte, daß er ein großer Dichter sei; sie sprach von ihrem Haß! Hm! Sie wird ein Werkzeug zu seiner Befreiung sein. Ich werde sogleich den Untersuchungsrichter benachrichtigen.“
    „Oh, Durchlaucht, darf ich mit?“ bat das schöne Mädchen.
    „Gewiß!“ antwortete er. „Kommen Sie! Steigen wir ein!“
    Sie erreichten die Equipage und schlugen die Richtung nach dem Gerichtsgebäude ein. Unterwegs kam dem Fürsten ein Gedanke.
    „Wollen wir uns vorher überzeugen, ob er wirklich der Dichter der ‚Heimat-, Tropen- und Wüstenbilder‘ ist?“ fragte er.
    „In welcher Weise?“
    „Indem wir bei dem Buchhändler Zimmermann nachfragen, bei dem wir ja vorüberkommen.“
    „Ist er nicht verreist, wie gestern der Assessor sagte?“
    „Das Personal wird uns ebensogut Auskunft erteilen können.“
    „So steigen wir aus.“
    Es war über Fanny eine Art männlicher Entschlossenheit gekommen. Sie hatte den Dichter verehrt und für ihn geschwärmt, ohne ihn zu kennen. Jetzt sollte sie denselben in einem Jüngling erkennen, welcher in Gefangenschaft und Wahnsinn gefallen war, weil er sie hatte retten wollen. Es war ihre heilige Pflicht, alles zu seiner Befreiung zu tun, und sie folgte dieser Pflicht mit einer Begeisterung, welche hundertfach größere Schwierigkeiten überwunden hätte, als den einfachen Besuch eines Buchhändlerladens.
    Als sie dort eintraten, war der Chef anwesend. Er war also von seiner Reise zurückgekehrt. Er kannte Fanny und seit kurzem auch den Fürsten; er verneigte sich auf das Ehrerbietigste vor ihnen.
    Fanny griff das Roß sofort beim Zügel an. Gerade ihr zur Hand lag ein Band der Gedichte von Hadschi Omanah. Sie nahm das Buch und fragte:
    „Wie teuer, Herr Zimmermann?“
    „Fünf Gulden, gnädiges Fräulein. Es ist die fünfte Auflage, die allerneueste.“
    „Wieviel Honorar hat der Verfasser wohl bezogen?“
    „Das ist mir nicht sofort gegenwärtig. Einen Hadschi Omanah bezahlt man nicht nur gut, sondern sogar glänzend.“
    „Es ist natürlich Pseudonym?“
    „Allerdings.“
    „Und wer verbirgt sich unter diesem orientalischen Namen?“
    „Leider bin ich nicht befugt, den Schleier zu heben.“
    Jetzt sah Fanny sich am Ende ihres Könnens. Sie blickte den Fürsten bittend an, und dieser nahm ihre Erkundigung auf, indem er weiter fragte:
    „Hat der Verfasser selbst diese Diskretion von Ihnen gefordert?“
    Jetzt wurde der Buchhändler verlegen. Er hätte gern die Wahrheit verschwiegen. Der gefeierte Hadschi Omanah ein Schneiderssohn! Aber er getraute es sich doch nicht, den Fürsten zu belügen. Doch antwortete er ausweichend.
    „Es ist nicht Usus, ein Pseudonym ohne ausdrückliche Genehmigung zu indiskretionieren.“
    Jetzt begann der Fürst, sich wirklich zu ärgern, darum sagte er in einem keineswegs höflichen, sondern sogar strengen Ton.
    „Mein Herr, Sie dürfen annehmen, daß wir unsere Zeit nicht versäumen, um unnütze Fragen auszusprechen. Verweigern Sie uns eine freiwillige Auskunft, so werde ich eine direkte Erkundigung aussprechen: Heißt der Verfasser vielleicht Robert Bertram?“
    Jetzt konnte der Buchhändler nicht mehr ausweichen.
    „Das ist allerdings sein Name“, antwortete er.
    „Er ist von hier? Wasserstraße?“
    „Ja.“
    Der Fürst hatte die Miene eines Inquirenten angenommen. Er durchschaute den Geschäftsmann. Er erinnerte sich des Abends, an welchem Bertram vor Hunger fast in Ohnmacht gefallen wäre. Darum fuhr er fort:
    „Ich nehme an, daß Sie mich kennen, mein Herr?“
    „Gewiß! Seine fürstliche Durchlaucht von Befour.“
    „Nun wohl. Robert Bertram steht, was Sie wohl noch nicht wissen, unter meinem ganz besondern persönlichen Schutz. Ich habe darum nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, mich mit seinen Angelegenheiten zu beschäftigen. Wieviel zahlen Sie ihm für die Gedichte?“
    „Zwanzig Gulden!“ stieß der Mann hervor.
    „Ah! Zwanzig Gulden! Und das nennen Sie ein glänzendes Honorar! Die fünfte Auflage! So erhielt er hundert Gulden?“
    Es
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