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595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)

595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)

Titel: 595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
Autoren: Jo C. Parker
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wechselt sie in die gleiche Spielgeldsumme. Möglicherweise hat sie diese Aufgabe übertragen bekommen, weil auch Rechnen zu ihren Qualitäten zählt.
    Während Gudrun ihr Vermögen eintauscht, beobachte ich den Russen, der selbstgefällig wirkt. Er bemerkt meinen Blick und zwinkert mir zu.
    Plötzlich wird mir bewusst, dass ich Opfer eines Bluffs geworden bin. Ich erkenne es an seinem arroganten Auftreten.
    »Arabella!«, rufe ich laut. »Ich weiß, du bist hier!«
    Überrascht hebt mein Gegner die Augenbrauen.
    »Verarsch mich nicht!«, raunze ich ihn an.
    Amüsiert lacht er. »Auf dich muss ich aufpassen.« Er klatscht zweimal in die Hände, daraufhin verlässt sein Leibwächter das Zimmer. Bis zu seiner Rückkehr spricht keiner ein Wort. Schließlich tritt Arabella zu uns. Lediglich ein cremefarbener mit japanischen Schriftzeichen verzierter Kimono bedeckt ihren Körper.
    »Tut mir leid«, flüstert sie.
    »Warum?«, will ich von ihr wissen.
    »Sie kennt den Wert einer mündlich mit mir getroffenen Vereinbarung«, funkt Dimitri dazwischen.
    »Warum?«, wiederhole ich.
    »Diese Runde hätte sonst ohne dich stattgefunden«, erklärt sie mir. »Du wärst nicht gekommen, falls ich darauf bestanden hätte, dich zu begleiten.«
    »Aber –«
    »Kein aber. Sie ist meine Trophäe. Finde dich damit ab! Oder verzichte auf das Spiel!« Herausfordernd schiebt er mir den Schuldschein hin.
    Ich könnte ihn zerreißen, aufstehen und das Gebäude verlassen. Doch Arabella tue ich damit keinen Gefallen. Sie befindet sich in diesem Haus, der Gangster wird sie sich nehmen, sobald Gudrun pleite ist.
    »Pack den Schein ein!«
    Was würde ich dafür geben, ihm sein selbstgefälliges Grinsen vom Gesicht wischen zu können.
    Nachdem der Russe sein Bargeld in Chips umgetauscht hat, reißt Jelena ein eingeschweißtes französisches Blatt auf, mischt es professionell und steckt es in den Spender.
    »Wir spielen ohne Limit«, erläutert sie. »Der Grundeinsatz beträgt fünfhundert.«
    Gudrun wirft als Erste einen Chip der entsprechenden Höhe in die Mitte, Dimitri und ich folgen ihr fast zeitgleich. Kaum hat er seinen Einsatz bezahlt, setzt er eine Sonnenbrille auf. Offenbar fürchtet er, seine Augen könnten ihn verraten.
    Jelena teilt jedem drei Karten zu: zwei verdeckte und eine offene. Weil meine sichtbare Spielkarte den niedrigsten Wert hat, eröffne ich die erste von fünf Wettrunden.
    Anfangs wogt es hin und her. Nach zwei Stunden beträgt mein Vermögen gut zehn Prozent mehr als zu Beginn, auch der Russe hat ein wenig gewonnen. Demzufolge liegt Gudrun im Verlustbereich. Bei Dimitri habe ich noch keine Schwäche feststellen können, doch dass die Puffmutter gegen ihn verloren hat, wundert mich keineswegs. Sie verrät sich durch kleine Anzeichen. Verfügt sie über ein vielversprechendes Blatt, starrt sie ihre verdeckten Karten lange an, als müsse sie sich überzeugen, keinen Rechenfehler begangen zu haben. Außerdem berührt sie dann kurz ihre Nasenspitze oder ihr Ohrläppchen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ist sie sich ihrer Macke nicht bewusst oder sie blufft. Ich vermute Ersteres.
    Gegen neunzehn Uhr dreißig – ich bin inzwischen von Wasser auf Cola umgestiegen – verfügen wir nach der dritten Wettrunde alle über verheißungsvolle offene Karten und haben entsprechende Einsätze getätigt. In der Mitte liegen Chips im Wert von einhunderttausend Euro. Jelena reicht uns die vorletzten Spielkarten. Wir erhöhen in mehreren Geboten jeder um dreißigtausend und steigen in die letzte Runde ein.
    Als ich die neue Karte lüfte, fällt es mir schwer, das Pokerface beizubehalten. Gleichzeitig befingert Gudrun ihre Nasenspitze. In dieser finalen Runde erhöhe ich zuerst und setze weitere zehntausend. Dimitri steigt aus, Gudrun steigert den Pot ihrerseits. Wir überbieten uns so lange, bis ich mit meinen letzten Chips gleichziehe und den Showdown verlange. Siegessicher deckt sie ein Full House auf, ihr Gesicht wird gleichwohl kalkweiß, als sie meinen höherwertigen Vierling betrachtet. Während ich die Chips staple – ich besitze nun mit 275.000 das größte Vermögen aller Anwesenden –, mache ich mir Gedanken über Gudruns mangelnde Spielqualität. Anscheinend fehlt ihr fürs Pokern der Überblick.
    Die nächsten Partien laufen gegen mich, ich verliere jedoch allenfalls zehn Prozent, da ich keine hohen Einsätze auf schlechte Startblätter tätige. Damit verrate ich zwar Dimitri einen Teil meiner Strategie, in meiner
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