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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Autoren: Karl May
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es erfahren?“
    „Nein.“
    „Nicht? Warum?“
    „Ich darf es dir nicht sagen. Die Geheimnisse der Gitanos gehen nur im Volk fort; die Zingarita darf sie nur dem mitteilen, dessen Weib sie ist.“
    „Närrchen!“ sagte er, sie liebkosend. „Ich habe dir ja gesagt, daß du mein Weibchen werden sollst.“
    „Aber ich bin es noch nicht.“
    „Du wirst es. Warte nur noch ein Jahr. Aber den Trank brauche ich. Du wirst mir sagen, wie er zu machen ist.“
    „Ich werde es dir sagen, dann, wenn du mein wirklicher Mann bist.“
    „So hast du mich nicht lieb“, schmollte er.
    „Du glaubst ja selbst nicht, was du jetzt sagtest! Was ich um deinetwillen tue, das ist Beweis genug für meine Liebe.“
    „So kann ich den Trank aber doch wohl erhalten, wenn du mir das Rezept auch nicht sagst?“
    „Vielleicht.“
    „Wie vielleicht?“
    „Ich muß wissen, für wen er ist.“
    „Das darf ich nicht sagen.“
    „Ah, er ist für dich!“
    „Nein. Ich habe ja dich, und du bist nicht so grausam, daß ich einen Liebestrank brauche.“
    „Also wirklich für einen anderen?“
    „Ja.“
    „Wer ist es?“
    „Ich darf ihn nicht nennen.“
    „So kannst du den Trank nicht bekommen.“
    „Du bist grausam!“ zürnte er.
    „Es ist die erste Bitte, welche ich dir abschlage.“
    „Aber warum gerade diese?“
    „Weil ich nach den Gesetzen der Gitanos handeln muß.“
    „Hm! Wenn ich dir den Namen nenne, wirst du schweigen?“
    „Ganz sicher.“
    „Gut. Es ist der Herzog selbst.“
    „Der Herzog?“ meinte sie verwundert. „Wer soll den Trank einnehmen?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Wirklich nicht?“
    „Wirklich. Der Herzog wollte mir es nicht sagen, und einen so hohen Herrn kann man nicht zwingen.“
    Das war natürlich eine Lüge, aber Zarba glaubte sie. Sie antwortete mit nachdenklicher Miene:
    „Aber das Mittel ist nicht für immer.“
    „Nicht? Wie lange wirkt es?“
    „Auf einige Stunden.“
    „Wie muß man es nehmen?“
    „Es sind Tropfen, welche keine Farbe haben, aber ein wenig scharf schmecken. Man tut fünf davon in Wasser, Kaffee oder Tee, und in einer Stunde beginnt die Wirkung.“
    „Also willst du mir das Mittel verschaffen?“
    „Ja.“
    „Bis morgen?“
    „Morgen schon?“
    „Morgen schon. Ich brauche sie spätestens eine Stunde nach der Dämmerung. Wird es gehen?“
    „Gut, du sollst sie haben; aber wehe dir, wenn du sie für dich selbst brauchen willst!“
    Sie hielt Wort. Am Abend des nächsten Tages, kurz nach der Dämmerung, erschien sie auf ihrem gewöhnlichen Weg und händigte dem Haushofmeister ein kleines Fläschchen aus.
    „Hier!“ sagte sie. „Es ist stark und wird helfen.“
    „Wieviel kostet es?“
    „Nichts.“
    „Erwarte mich. Ich will es dem Herzog bringen.“
    Er ging. Der Herzog harrte seiner mit der allergrößten Spannung.
    „Nun, hast du Wort gehalten?“
    „Ja. Hier ist es.“
    „Gib her!“
    „Wird es gelingen, Durchlaucht?“
    „Ja, wenn das Mittel wirklich gut ist. Die Gouvernante sitzt im Musikzimmer; ich werde jetzt selbst in ihre Stube gehen und es ihr in die Milch gießen, von welcher sie jeden Abend ein Gläschen trinkt. Du gehst mit und paßt auf, daß ich nicht überrascht werde.“
    Das treulose Vorhaben gelang. Als die Gouvernante nach einiger Zeit in ihr Zimmer zurückkehrte, fand sie es verschlossen. Sie trank die Milch und ging dann schlafen.
    Der Herzog war in den Garten gegangen, um sie zu beobachten. Als sie ihr Licht verlöscht und sich zur Ruhe gelegt hatte, wartete er noch ein kleines Stündchen, schlich sich dann an ihre Tür, welche er mit seinem Nachschlüssel unhörbar öffnete und von innen wieder verschloß. Er lauschte. Die Gouvernante bewegte sich im Nebenzimmer unruhig auf ihrem Lager; er hörte halblaute Seufzer erklingen und trat leise hinein zu ihr. –
    Unterdessen befand sich Zarba noch immer bei ihrem Geliebten; sie war ja gewöhnt, ihn erst kurz vor der Zeit des Morgengrauens zu verlassen. Als diese Zeit gekommen war und sie sich eben anschickte, mittels der Strickleiter in den Garten hinabzusteigen, klopfte es leise an die Tür des Wohnzimmers.
    „Alle Teufel!“ flüsterte Cortejo. „Wer mag das sein?“
    „Vielleicht der Herzog?“ fragte sie.
    „Jedenfalls.“
    „Mußt du öffnen?“
    „Ja. Es muß etwas Dringendes vorliegen.“
    „So gehe. Ich werde warten.“
    Cortejo trat in den Wohnraum und öffnete leise die Tür desselben. Die Lampe brannte, und im Schein derselben sah er den Herzog eintreten, welcher
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