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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Autoren: Karl May
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ich ergreife die gegenwärtige Gelegenheit, Ihnen zu sagen, daß Sie sich meine vollständige Zufriedenheit erworben haben.“
    „Das ist das Ziel, nach welchem ich strebe“, antwortete sie.
    Sie wollte ihm ihre Hand entziehen, es gelang ihr aber nicht, da er dieselbe zu fest hielt.
    „Sie haben es verstanden, sich das Herz ihrer Schülerin zu erobern“, fuhr er fort, „das ist bereits sehr viel. Vielleicht erringen Sie sich noch mehr, indem Sie machen, daß auch noch andere Herzen für Sie schlagen.“
    Er wollte bei diesen Worten ihre Hand an seine Lippen drücken, doch entriß sie ihm dieselbe mit einem kräftigen Ruck. Prinzeß Flora wurde bei diesen Gewalttätigkeiten unruhig.
    „Papa, du wirst Señora Wilhelmi nichts tun“, sagte sie mit einer sehr trotzigen Miene.
    „Nein, wenigstens nichts Böses“, sagte er.
    „Ich habe sie lieb“, versicherte das Kind.
    „Ich auch“, antwortete er, indem er versuchte, die Hand der Gouvernante abermals zu ergreifen.
    „Papa, du wirst Señora Wilhelmi nicht anfassen!“ sagte das Kind.
    „Warum?“
    „Wir fürchten uns vor dir!“
    Er lachte.
    „Dazu habt ihr beide keine Veranlassung“, sagte er.
    Er wollte dabei den Arm um die Gouvernante legen.
    „Juan!“ rief diese dem Kutscher zu.
    Der Angeredete drehte sich um.
    „Sofort umkehren!“ befahl sie.
    Der Kutscher gehorchte, da er glaubte, daß die Gouvernante auf Befehl des Herzogs handle. Dieser letztere jedoch zog die Stirn in Falten, strich sich zornig den dichten Bart und meinte streng:
    „Sie vergessen, was Sie sind!“
    Sie lächelte ruhig und überlegen und antwortete:
    „Im Gegenteil – ich glaube, bewiesen zu haben, daß ich weiß, was ich bin.“
    „Sie wollen es wirklich auf einen Kampf ankommen lassen, Señora?“
    „Auf einen Kampf? Wieso? Weshalb?“
    „Wer erobern will, der kämpft, wenn sich ihm der Gegner nicht freiwillig ergibt.“
    „Der Gegner kann den Kampf vermeiden, ohne sich zu ergeben.“
    „Das müßten Sie mir zunächst erklären.“
    „Er hat nichts nötig, als nur zu fliehen.“
    „Und wenn er eingeschlossen ist? Er wird dann gezwungen sein, zu kapitulieren.“
    „Ich glaube nicht; er kann ja noch auf Hilfe anderer Mächte rechnen. Aber, Exzellenz, ich sehe nicht ein, daß wir einen Wortwechsel nötig haben. Es ist mir die Erziehung von Prinzeß Flora übergeben worden, und ich werde meine Schuldigkeit tun, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Etwas anderes zu erwähnen, das verbietet mir die Gegenwart des Kindes.“
    Sie schwieg, und auch er sagte kein Wort mehr. Aber als sie ausstiegen und dann auseinandergingen, traf sie aus seinem glühenden Auge ein Blick, der sie erbeben ließ.
    Er war kaum auf seinem Zimmer angekommen, so ließ er den Haushofmeister rufen.
    „Hast du dich erkundigt?“ fragte er erregt.
    „Wonach?“
    „Ach so. Ich dachte gar nicht daran, daß du nicht wissen kannst, woran ich denke. Ich meine den Zaubertrank.“
    „Ich habe allerdings Erkundigungen angestellt –“
    „Nun?“
    „Es wird möglich sein, das Mittel herbeizuschaffen; aber –“
    „Nun, was noch für ein Aber?“
    „Es ist sehr teuer.“
    „Wieviel?“
    „Fünfzig Duros.“
    „Spitzbub!“
    „Ich bekomme es nicht anders.“
    „Von wem?“
    „Von einer alten Zigeunerin.“
    „Hier?“
    „Ja.“
    „Kann ich es heute haben?“
    „Nein, so schnell nicht.“
    „Wann denn?“
    „Morgen.“
    „Wieviel Uhr? Ich muß es ihr noch geben können.“
    „Eine Stunde nach Verlauf der Dämmerung.“
    „Gut, so verlasse ich mich darauf. Die fünfzig Duros sollst du haben, obgleich ich weiß, daß du nicht fünf bezahlst. Diese Deutsche ist ein so geringes Opfer wert; ich würde noch mehr geben.“ –
    Zarba, das Zigeunermädchen, hatte in ihrer Verkleidung als Knabe fast jeden Abend den Haushofmeister besucht. Sie war ihm ganz ergeben; sie erfüllte jeden seiner Wünsche, dessen Erfüllung überhaupt in ihrer Macht lag, und so hatte er mit ihr auch über den Liebestrank gesprochen. Als sie heute Abend wieder unter vier Augen in seinem Zimmer beisammensaßen, fragte er:
    „Hast du wegen des Liebestrankes mit Mutter Kaschina gesprochen?“
    „Ja.“
    „Kann sie einen brauen?“
    „Sie kann alles; sie kennt jede Blume und Pflanze, jeden Tee und jede Arznei; sie weiß Mittel gegen alle Krankheiten und Gebrechen; sie weiß auch, wie der Trank der Liebe zu machen ist.“
    „Hat sie es dir gesagt?“
    „Ja; sie hat kein Geheimnis vor mir.“
    „Ah, so werde auch ich
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