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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Autoren: Karl May
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fuhr mit einem halben Lächeln fort:
    „Haben Sie keine Sorge, Señora; es gibt hier weder indiskrete Löcher noch Tapetenwände.“
    Sie hatte für die Versicherung keine Beachtung und fragte nur:
    „Also ich kann diese Zimmer beziehen?“
    „Ja.“
    „Sofort?“
    „Sofort.“
    „Haben Sie mir jetzt noch irgend etwas zu bemerken?“
    „Für jetzt glaube ich nicht.“
    „Dann werde ich mich an Sie wenden, sobald ich Ihrer bedarf. Adieu, Herr Haushofmeister.“
    Sie machte ihm eine Verbeugung, und er konnte nicht anders, er mußte sich verabschieden.
    „Adieu, Señora! Ich begreife in Ihrem Verhalten einiges nicht, hoffe aber, daß ich sie späterhin besser verstehen werde als jetzt. Wir werden uns nach und nach wohl kennenlernen.“
    Sie antwortete nicht. Er trat mit einer höflichen Verneigung seines Kopfes ab und begab sich wieder zum Herzog.
    „Nun, ist sie zufrieden?“ fragte dieser.
    „Sie scheint es zu sein, Durchlaucht. Aber das ist ein ganz verteufeltes Frauenzimmer, Durchlaucht.“
    „Inwiefern?“
    „Nun, Sie haben es ja selbst erfahren, und auch mich behandelte sie jetzt so von oben herab, als ob sie eine Königin sei und ich ihr geringster Diener. Ich glaube nicht, daß sie die Ehre anerkennen wird, von dem Herzog von Olsunna geliebt zu werden.“
    „Das wird sich finden. Du wirst in dieser Beziehung zweierlei zu besorgen haben.“
    „Was?“
    „Zunächst ist das Schloß ihrer Tür zu verändern.“
    „Ah!“
    „Nämlich so, daß ich einen Schlüssel erhalte, der nicht nur das Schloß allein, sondern zugleich auch den Nachtriegel öffnet. Ich muß eintreten können, auch wenn sie sich eingeriegelt hat.“
    „Das läßt sich herstellen.“
    „Aber so, daß sie nichts gewahr wird. Verstanden?“
    „Vollständig“, antwortete Cortejo mit einem verschmitzten Lächeln. „Und das andere, das ich besorgen soll?“
    „Glaubst du an Liebestränke?“
    „Nein.“
    „Man sagt, daß es Leute gebe, die dergleichen anzufertigen verstehen.“
    „Man sagt es, aber ich glaube nicht, daß es wahr ist. Es kommt allerdings ganz darauf an, was unter einem Liebestrank zu verstehen ist.“
    „Nun, was verstehst du darunter?“
    „Ich verstehe darunter eine Medizin, welche bewirkt, daß derjenige, der sie trinkt, diejenige Personen lieben lernt, von welcher er die Arznei nimmt.“
    „Das ist auch meine Ansicht. Also du glaubst nicht, daß es ein solches Mittel gibt, Cortejo?“
    „Nein.“
    „Man spricht aber doch von Ärzten, Zigeunern, Hexen, Wahrsagern, welche dergleichen Zaubertränke gegeben haben. Etwas muß doch daran sein.“
    „Allerdings. Diese Leute haben irgend etwas Berauschendes gegeben; doch diese Mittel sind nicht etwa geeignet, eine innige und dauernde Liebe zu erwecken, sondern sie regen für den Augenblick die Nerven fieberhaft, ja oft sogar wahnsinnig auf, worauf dann eine desto größere Abscheu eintritt. Solche Tränke sind allerdings zu bekommen.“
    „Bei wem?“
    „Ich weiß es allerdings nicht. Soll ich mich vielleicht erkundigen?“
    „Tue es; aber halte diese Angelegenheit geheim.“
    „Werden Exzellenz vielleicht vorerst von einem Verkehr mit der Gouvernante absehen?“
    „Gewiß. Ihr Argwohn muß eingeschläfert werden.“
    „Aber sie wird sich über ihre Obliegenheiten eingehend erkundigen wollen.“
    „So gibst du ihr Auskunft. Ich werde alle deine Verordnungen sanktionieren.“
    Mit diesem Gespräch hatten die beiden Ehrenmänner ihre Dispositionen getroffen. Die Gouvernante stand an einem Abgrund, von welchem sie die liebende Hand Sternaus hatte zurückreißen wollen; sie hatte diese zurückgestoßen.
    Bereits am nächsten Tag trat sie ihren Beruf mit aller Energie an. Die Wünsche des Vaters wurden ihr durch den Haushofmeister übermittelt; die kleine Prinzessin fühlte eine innige, kindliche Zuneigung für sie, und auch die Bonne zeigte sich von Tag zu Tag freundlicher gestimmt.
    So waren vierzehn Tage vergangen, als sie den Befehl erhielt, sich einer Spazierfahrt anzuschließen, welche der Herzog mit der Prinzessin unternehmen wollte. Sie konnte nicht anders als gehorchen. Die Fahrt ging nur ein wenig hinaus vor die Stadt; der Herzog saß im Fond des Wagens, während sie mit der Prinzeß den Rücksitz eingenommen hatte. Als sie jedoch die Stadt hinter sich hatten, forderte er sie auf, sich neben ihn zu setzen. Es geschah dies mit einer Miene, welche jeden Widerspruch abschnitt.
    Als sie an seiner Seite saß, faßte er ihre Hand und sagte:
    „Señora,
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