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42 - Die Trommeln von Scorpio

42 - Die Trommeln von Scorpio

Titel: 42 - Die Trommeln von Scorpio
Autoren: Alan Burt Akers
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große Schritte, sehr raumgreifend und geschmeidig, und ich wußte, daß ich mehr über ihre Geschichte erfahren mußte. Schließlich hatten die Everoinye sie zur Rettung auserwählt. Hinter der Anhöhe breitete sich weites Heidemoorland aus. Der von Blitzen zerschmetterte hohe Stamm eines einzelnen Baumes erhob sich finster etwa hundert Schritte vor uns. Er stellte den Brennpunkt des Übersinnlichen dar. Die Menschen dieser Gegend glaubten, daß die Seelen oder Geister ermordeter beziehungsweise brutal ums Leben gekommener Wesen sich an diesem Ort versammelten und auf eine Gelegenheit zur Rache warteten. Man brauchte in seinem ganzen Leben nicht einmal jemanden getötet haben; keiner war so dumm, das Risiko einzugehen, einen Ibdrin zu durchwandern, wo ein Geist einen mit einem Mörder verwechseln konnte. O nein! Bei Lhun, nein!
    Auf dem Scheitelpunkt der Anhöhe blieb sie wie angewurzelt stehen, die Beine gespreizt, die Fäuste in die Hüften gestemmt, das Kinn vorgestreckt, die Augenbrauen zusammengezogen, und starrte düster auf die traurige Landschaft.
    Halb zu sich selbst sagte sie: »Und das ist Walfarg. Öde, grau und trostlos. Es hat seine besten Tage hinter sich. Bringt nichts Gutes mehr zustande.« Sie rührte sich, und ein harter Zeh trat gegen das üppig wuchernde Gras. »Gebt mir die Kraft, weiterzumachen!«
    Ich verhielt mich stiller als eine Maus in der Kirche.
    Das Gesicht unter diesem hellen, roten, lohischen Haar drückte Verbitterung, Trauer und Wut aus. Ich konnte keinen Funken von Resignation entdecken. Sie spürte meinen forschenden Blick und zuckte zusammen wie jemand, der gerade aus einem tiefen traumerfüllten Schlaf erwacht. Brüsk sagte sie: »Ich gehe nach Shamfrin, in eine Stadt, in der ich Freunde habe.«
    »Wie du sagtest, Mu-lu-Manting, ich bin fremd hier.«
    »Wenn du willst, darfst du mich begleiten, Drajak der Schnelle.«
    Ich wartete absichtlich mit einer Antwort. Um ehrlich zu sein, nachdem ich sie gerettet hatte, damit sie den Zwecken der Herren der Sterne dienen konnte, war mein Interesse an ihr erloschen. Sie war noch immer damit beschäftigt, die schreckliche Erfahrung zu verarbeiten, die sie gerade durchlebt hatte. Vielleicht brauchte sie eine freundliche Schulter, an die sie sich lehnen und ausweinen konnte. Sie war zäh, ja, doch sie war ein menschliches Wesen. Gleichzeitig spürte ich eine persönliche Verantwortung für sie. Das war eine der merkwürdigen und – wie ich zugeben muß – ärgerlichen Folgeerscheinungen meiner Arbeit für die Herren der Sterne: Ich neigte dazu, diejenigen, die ich gerettet hatte, ins Herz zu schließen.
    Die andere große Entdeckung lag auf der Hand. Gewöhnlich hätte ich gesagt, Mu-lu-Manting sei nach den unergründlichen Ratschlüssen der Herren der Sterne gerettet worden. Nun, bei Vox! Diesmal war es anders. Sie hatten sie gerettet, weil sie ein neues lohisches Reich predigte und errichten wollte. Das Wort ›unergründlich‹ traf nicht mehr zu. Da ich Dray Prescot bin, der manchmal über die Klugheit eines Flohs verfügt und völlig vom Weg abkommt, durchdachte ich das Gegenteil. Die Everoinye hatten sie gerettet, weil Mu-Lu-Mantings Botschaft eines neuen lohischen Reiches sich nachteilig auswirkte. Die Menschen behandelten sie schlecht, wenn sie den neuen Kreuzzug predigte, und ihre Versuche hatten nur zur Folge, daß sich die negative Einstellung ihr und ihren Ideen gegenüber nur noch mehr verstärkte.
    Was mich betraf, hatte ich mich noch nicht entschieden. Ich sah Vor- und Nachteile für eine Wiedergeburt des lohischen Reiches. Die Vorteile würden unserem Kampf gegen die von Opaz verlassenen Shanks zugute kommen. Die Nachteile lagen nicht weniger deutlich auf der Hand, bei Krun!
    Sie deutete auf einen kleinen schwarzweißen Punkt am westlichen Horizont.
    »Da ist Shamfrin. Die Narren haben mich gefangen, als ich durch ihr widerliches kleines Dorf kam.« Sie warf mir einen Blick zu. »Du hast mich gar nicht gefragt, warum sie mich umbringen wollten, was ihnen auch gelungen wäre, wenn du ...«
    »Ihre Gründe und deine Angelegenheiten gehen mich nichts an.«
    »Oh!«
    »Damit es keine Mißverständnisse gibt. Ich habe eigene Probleme.«
    Da – lieber Zair – da! Ich begriff. Ich fing am ganzen Körper an zu zittern. Ich weiß, daß ich blaß wurde, denn Mu-lu-Manting sah mich ganz merkwürdig an und zuckte zurück. Ich begriff! Die Herren der Sterne hatten es versprochen! Ich hatte ihren Wunsch erfüllt und diese Mu-lu-Manting
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