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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne
Autoren: Karl May
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habe ihm die Freiheit gegeben, um ihn ungerechten Richtern zu entziehen und dem Bürger Bonaparte zu zeigen, daß der Bürger Surcouf nicht bloß zu träumen, sondern auch zu handeln vermag. Er hat versprochen, sich ein Schiff zu holen, weil man ihm keines gibt, und er wird sein Wort halten.Robert Surcouf.“
    Bonaparte ließ sich von dem Soldaten das Geschehene berichten und starrte dann lange auf die Zeilen nieder. Sollte er den überlisteten Posten bestrafen? Nein. Er winkte schweigend, und der Mann trat ab. Der Colonel traf nicht einmal Anstalten, den Entflohenen zu verfolgen. Es wurde über die ganze Angelegenheit kein Wort gesprochen.
    Napoleon hatte übrigens anderes zu tun, als sich um die Wiederhabhaftwerdung eines Flüchtlings zu bekümmern, dessen Besitz ihm nicht den mindesten Vorteil brachte. Die beiden Generäle Cartaux und Doppet gaben nämlich die Besetzung des Punktes, auf welchen sie durch Surcouf aufmerksam gemacht worden waren, nicht zu; desto klüger aber waren die Engländer, welche plötzlich die Wichtigkeit des Ortes erkannten, 4.000 Mann hinlegten und ihn mit furchtbaren Verschanzungen versahen. Diese Befestigungen waren so stark, daß sie den Platz Kleingibraltar nannten.
    Voll Ärger über diesen Fehler fertigte Bonaparte einen Bericht an den Convent ab, infolgedessen der Oberbefehl im November dem tapferen und einsichtsvollen Dugommier übertragen wurde. Dieser erkannte, welchen Mann er in dem kleinen Korsen besaß und gab seinen Vorschlägen offenes Gehör. Es wurden ganz in der Stille die nötigen Vorkehrungen getroffen, welche volle drei Wochen in Anspruch nahmen; dann begann ein dreitägiges, entsetzliches Bombardement auf Kleingibraltar, welches dann im Sturm gewonnen wurde.
    Unter den Bewohnern der Stadt herrschte natürlich eine große Aufregung. Viele Tausende hatten sich an dem Aufstand gegen den Convent beteiligt und die Engländer willkommen geheißen, als die Flotte derselben kam, um Toulon im Namen Ludwigs des Siebzehnten in Besitz zu nehmen. Sie alle waren verloren, wenn die Verteidigung nicht gelang. O'Hara, der Stadtkommandant, machte die riesigsten Anstrengungen, um die Belagerung abzuweisen; aber als Kleingibraltar verloren war, erkannte er, daß nun alle Mühe vergebens sei. Auch der Befehlshaber der englischen Flotte, Admiral Lord Hood, erklärte, daß Toulon nun nicht mehr zu halten sei, und verließ den Hafen. Er kreuzte draußen auf der Reede und nahm die Truppen nebst denjenigen Einwohnern auf, welche sich kompromittiert hatten. Wohl an die vierzehntausend Menschen verließen auf diese Weise die Stadt, um sich der Rache des Convents zu entziehen, von dem man wußte, daß er nicht zur Milde geneigt sein werde.
    In einem engen Gäßchen, unweit des inneren Hafens gelegen, gab es eine Taverne, welche nur von Matrosen besseren Schlages besucht wurde. Oncle Carditon, wie der Wirt genannt wurde, war ein anständiger Mann, welcher alles Gesindel von seinem Hause fernzuhalten wußte. Dabei war er ein guter Christ und ein eifriger Patriot, welcher die Revolution haßte.
    Es war einen Tag vor dem Sturm auf Kleingibraltar, als ein fremder Mann in die Taverne trat. Er trug die Kleidung eines englischen Marinematrosen und zeigte auch die ganze Ungeniertheit dieser Leute, denn er legte, nachdem er sich gesetzt hatte, die schmutzigen Füße auf den mit einem weißen Linnen gedeckten Tisch und stieß, mit der Faust aufschlagend, einen lauten Fluch aus, um den Wirt herbeizurufen.
    Dieser trat heran und erkundigte sich in aller Höflichkeit nach dem Begehr des Gastes.
    „Wein!“ sagte dieser.
    „Habt Ihr ein Gefäß bei Euch?“
    „Ein Gefäß? Was! Gibt es für die Gäste hier keine Gläser, he?“
    „Für die Gäste, ja. Aber beim Verkauf über die Straße hat ein jeder sein Glas mitzubringen.“
    „Wer sagt Euch denn, daß ich den Wein mit fortnehmen will? Ich bin Gast und werde ihn hier trinken.“
    „Wenn Ihr von meinem Wein trinken wollt, so müßt Ihr ihn allerdings mit fortnehmen, denn hier trinken könnt Ihr ihn nicht. Wer mein Gast sein will, der hat sich so zu betragen, daß ich mich seiner nicht zu schämen brauche.“
    „Ah! Und meiner müßt Ihr Euch wohl schämen?“
    „Allerdings. In meinem Haus tut man die Beine hübsch unter den Tisch.“
    „Und wenn mir dies nicht gefällt?“
    „So könnt Ihr gehen, oder ich führe Euch hinaus.“
    „Was gilt die Wette: ich lasse die Beine, wo sie sind, und ich bin Euch doch willkommen!“
    „Daran denke kein Mensch!
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