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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne
Autoren: Karl May
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Kerl?“
    „Hm! Er muß noch hier im Haus sein. Und wenn ich nicht irre, hat er auch einige Kameraden, welche sich vielleicht bereden lassen, auch an Bord zu gehen.“
    „So schaffe ihn mir einmal herbei, aber schnell; ich habe nicht viel Zeit. Vorher jedoch bringe mir eine ganze Flasche Cognac; denn ein guter Schluck macht solche Leute willfährig.“
    Der Wirt brachte das Bestellte und stieg dann abermals die Treppe empor. Dort oben gab es ein kleines, verstecktes Zimmer, an dessen Türe Oncle Carditon klopfte. Es wurde geöffnet, und zwar von Surcouf, welcher sich mit Ervillard ganz allein in dem Raum befand.
    „Was gibt es?“ fragte der erstere.
    „Er ist da“, antwortete der Wirt.
    „Wer? Der Kapitän?“
    „Ja“, antwortete Oncle Carditon. „Er arbeitet uns ganz außerordentlich in die Hände. Er braucht Matrosen und hat mir eine Guinee versprochen für einen jeden, den ich ihm verschaffe.“
    „Ah, Bert Ervillard, was meinst du dazu? Willst du Erster Offizier auf ‚The hen‘ werden?“
    Die Augen des Gefragten strahlten vor Vergnügen, als er antwortete:
    „Robert Surcouf, du kannst dich auf mich verlassen. Sage mir, was ich zu tun habe!“
    „Es freut mich, daß du dein Auge gradso wie ich auf ‚The hen‘ geworfen hast. Sie ist die schmuckste Seglerin, welche ich jemals gesehen habe, und darum soll sie unser werden. Ihr Kommandant ist der Kapitän zur See William Harton. Er muß große dienstliche Fehler begangen haben, da man ihm nur diese Brigantine anvertraut. Überhaupt ist er kein ehrlicher Seemann, sondern ein Spitzbube, dem wir auf die Finger klopfen werden. Er weiß, daß Toulon nicht zu halten ist und daß die ganze Flotte in einigen Tagen den Hafen verlassen wird; natürlich sticht er auch in See, will aber vorher erst einen Coup ausführen, welcher an und für sich schändlich ist, uns aber trefflich zustatten kommt. Das Haus unseres Oncle Carditon stößt nämlich an die Banque orientale, in deren Kellern sich bedeutende Summen vermuten lassen. Das Eigentum der Bank steht natürlich unter öffentlichem Schutz; von außen ist demselben nicht beizukommen. Da hat sich nun dieser ehrliche Kapitän an Oncle Carditon gemacht, um ihn vorsichtig auszuhorchen. Carditon ist scheinbar auf seine Absichten eingegangen, und so haben beide beschlossen, von der Taverne aus mit Brechwerkzeugen in die Keller einzudringen. Das soll in der Nacht geschehen, bevor die Flotte den Hafen verläßt. Bei Oncle Carditon darf man natürlich nichts finden; den ihm gehörigen Anteil will der Kapitän in Barcelona deponieren. Was sagst du dazu, Bert Ervillard?“
    „Ich sage, daß dieser William Harton ein großer Schurke und ein noch größerer Dummkopf ist. Es gehört eine ungeheure Albernheit dazu, unseren Oncle Carditon für so albern zu halten, auf ein solches Geschäft einzugehen.“
    „Das ist richtig. Ich glaube, dieser Kapitän hat einen großen Teil seines Verstandes vertrunken. Die Sache ist jedoch sehr vorteilhaft für uns. Um die Mauer zu bewältigen, braucht er eine ziemliche Anzahl kräftiger Arme; er wird dazu seine eigenen Leute nehmen und also die Brigantine von Männern entblößen; ist dies geschehen, so werden wir handeln.“
    „Sind wir zahlreich genug?“
    „Habe keine Sorge! Ich habe eine Anzahl braver Burschen, welche sich zwar zerstreut in der Stadt befinden, aber in einer Viertelstunde zur Stelle sind, wenn ich sie brauche. Jetzt nun sagt uns Oncle Carditon, daß der Engländer Matrosen brauche. Willst du dich melden, Bert Ervillard? Wenn du mit einigen von meinen Jungens an Deck der Brigantine kommen könntest, so wäre das Unternehmen schon zur Hälfte gelungen.“
    „Ich bin bereit dazu.“
    „So hast du keine Zeit zu verlieren. Als Engländer darfst du ihm natürlich nicht kommen. Sage ihm, daß du einige Bekannte in der Nähe hast, welche auch gern einige Meilen Wasser zwischen sich und Frankreich bringen möchten. Am besten würde es sein, wenn er euch für Landratten hält; er kann dann weniger leicht Mißtrauen schöpfen. Laß dir von Oncle Carditon ein anderes Habit geben, und komme dann wieder herauf!“ –
    Während sich dies in der Taverne begab, rollte der Donner des Bombardements über die Stadt und die Reede hin; er schwieg selbst während der Nacht nicht still, und am anderen Morgen rüsteten sich die Truppen des Convents zum Sturm. Es war noch dunkel, als Dugommier und Napoleon ihre Kolonnen gegen die Werke von Kleingibraltar führten. Das Tirailleurfeuer und
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