Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
4. Die Rinucci Brüder: Lass die Sonne in dein Herz

4. Die Rinucci Brüder: Lass die Sonne in dein Herz

Titel: 4. Die Rinucci Brüder: Lass die Sonne in dein Herz
Autoren: Lucy Gordon
Vom Netzwerk:
räusperte, und drehte sich zu ihm um. Sie wechselten einen
    verständnisvollen Blick und hatten Mühe, sich das Lachen zu verbeißen.
    Antike Kultur, der Hinweis ließ die Kinder aufstöhnen, und einige verdrehten die Augen.
    „Sie hat bei ihnen verspielt“, flüsterte Carlo Della zu. „Das eine Wort hätte sie nicht sagen dürfen.“ „Welches?“
    Er sah sich nach allen Seiten um, ehe er leise antwortete: „Kultur.“
    „Ah ja, ich verstehe.“ Sie nickte.
    „So ungeschickt sollten Lehrer und Lehrerinnen nicht sein. Passiert ihr das oft?“
    Offenbar hielt er sie für eine Kollegin dieser Frau. „Keine Ahnung, ich …“
    „Ach, das ist ja auch egal“, unterbrach er Della. „Man sollte retten, was noch zu retten ist.“ Er wandte sich an die Kinder. „Ich kann euch etwas verraten: Ihr sollt sicher nichts über antike Kultur lernen, sondern vor allem etwas über die vielen Menschen erfahren, die hier vor beinahe zweitausend Jahren ums Leben gekommen sind. Es war eine furchtbare Tragödie“, erklärte er mit lauter Stimme. „Wie kann er so etwas sagen? Das verkraften die Kinder doch gar nicht.“ Hilda Preston war entsetzt. „Kinder lieben Schauergeschichten“, entgegnete Della.
    „Es war eine der größten Katastrophen, die die Menschheit damals erlebt hat“, fuhr Carlo fort. „Tausende von Menschen wurden innerhalb weniger Minuten mitten aus ihrem ganz normalen Alltag herausgerissen. Ehe der Vesuv ausbrach und die Stadt unter der Asche begrub, war in der Ferne ein seltsames Dröhnen und Grollen zu hören. Doch niemand wusste es zu deuten, und so ergriffen sie nicht die Flucht. Die Menschen wurden vom Tod überrascht.“
    Er hatte erreicht, was er wollte, die Kinder hörten ihm aufmerksam zu.
    „Stimmt es, dass die Leichen im Museum ausgestellt sind?“, fragte eines der Kinder neugierig. „Nein, die kann man dort nicht sehen“, antwortete Carlo zur allgemeinen Enttäuschung. „Die Menschen wurden von der Lava eingeschlossen und sind darin erstickt“, fuhr er fort. „Als man Jahrhunderte später mit den Ausgrabungen begann, hatten sich die Körper aufgelöst und in der Lava naturgetreue Abdrücke hinterlassen, sodass man die Körper nachbilden konnte.“

„Aber die Nachbildungen können wir uns ansehen, oder?“
    „Ja, das könnt ihr.“
    Das zufriedene Seufzen von allen Seiten bewies, dass er es verstand, seine Zuhörer zu fesseln. Er war ein guter Redner, sprach flüssig und beinahe akzentfrei Englisch, und er hatte ein gutes Gespür für eine gewisse Dramatik. Während seiner plastischen Schilderung der damaligen Ereignisse hatte Della plötzlich das Gefühl, die Menschen durch die Straßen wandern zu sehen, ehe sie um ihr Leben rannten.
    Sie beobachtete Carlo aufmerksam und gestand sich widerwillig ein, dass er seine Sache gut machte. Er erfüllte ihre Erwartungen und war der richtige Moderator für ihre Dokumentarserie. Das etwas zu lange gelockte dunkelblonde Haar, das ihm in die Stirn fiel, machte ihn sogar noch attraktiver, als er auf dem Foto wirkte.
    Er wirkte so jugendlich und unbekümmert, als interessiere ihn nur das nächste Bier und die nächste junge Frau, mit der er die Nacht verbringen konnte. Dass er mehrere akademische Grade erworben hatte, vermutete man nicht.
    „Geschichtliche Tatsachen haben nichts mit Kultur zu tun“, versicherte er schließlich den Schülern, „sondern nur etwas mit den Menschen, die damals gelebt haben. So, geht jetzt wieder zu euren Lehrerinnen, und benehmt euch, sonst stecke ich euch in die Lava“, drohte er ihnen zur allgemeinen Erheiterung.
    „Vielen Dank“, sagte Hilda Preston an ihn gewandt. „Sie können gut mit Kindern umgehen.“ Als er lächelte, blitzten seine weißen Zähne auf. „Ich bin der geborene Angeber“, scherzte er. Ja, das ist er, und er ist der richtige Mann für meine Serie, überlegte Della.
    Die Lehrerin bedankte sich noch einmal, ehe sie mit den Schülern weiterging.
    „Gehören Sie nicht dazu?“, fragte Carlo überrascht, als Della neben ihm stehen blieb.
    „Nein, ich war nur zufällig in der Nähe“, erwiderte sie.
    „Ach so. Und plötzlich steckten Sie mitten in der Sache drin, oder?“, stellte er lachend fest. Della lachte auch. „Die arme Frau“, sagte sie dann. „Wer auch immer sie auf diese Klassenfahrt in Sachen Kultur geschickt hat, hat einen Fehler gemacht.“
    Er streckte die Hand aus. „Ich bin Carlo Rinucci.“
    „Ja, ich …“ Sie verstummte. Beinahe hätte sie verraten, dass sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher