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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I
Autoren: Karl May
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nur mit mir? Es erscheint mir als ein Wunder, daß Sie einem fremden Menschen, welcher kaum seine Blöße decken kann, ein so großartiges Anerbieten machen.“
    „Es ist auch beinahe ein Wunder, und darum rate ich Ihnen, ja nicht zu zögern, sondern schleunigst zuzugreifen.“
    „Das möchte ich wohl, wie Sie sich denken können, doch möchte ich natürlich vorher etwas Näheres erfahren. Wo liegt denn die Hazienda, nach welcher Sie mich schicken wollen?“
    „Nicht schicken will ich Sie, sondern ich werde Sie hinbringen.“
    „Das ist mir noch lieber. Kostet die Reise viel Geld?“
    „Sie haben keinen Centavo auszugeben, denn ich bezahle alles. Sobald Sie ihre Zusage erteilt haben, sind Sie nicht nur von jeder Ausgabe entbunden, sondern ich bin sogar erbötig, Ihnen eine Prenda Angeld auszuzahlen. Der Haziendero ist mein Freund. Er heißt Timoteo Pruchillo und ist der Besitzer der Hazienda del Arroyo.“
    „Wo liegt die Hazienda?“
    „Jenseits Ures. Man fährt von hier per Schiff nach Lobos und hat dann bis zum Ziel einen herrlichen Landweg, eine kurze, sehr angenehme Reise, auf welcher Sie viel Unterhaltung und Belehrung finden werden, zumal es dabei zahlreiche Gesellschaft aus Ihrem Vaterland geben wird.“
    „Wieso das? Gesellschaft aus meinem Vaterlande?“
    „Ja, aus Preußen, welches doch in Deutschland liegt. Der Indianer ist kein ausdauernder und zuverlässiger Arbeiter; darum mangelt es hier an Leuten, welche zu der Beschäftigung, wie eine Hazienda sie erfordert, tauglich sind. Señor Timoteo hat sich deshalb Leute aus Deutschland verschrieben. Es sind gegen vierzig Arbeiter, welche morgen hier ankommen werden und zum großen Teil auch ihre Weiber und Kinder mitbringen. Sie haben die Kontrakte unterzeichnet und sind so gestellt, daß sie in kurzer Zeit wohlhabende Leute sein werden. Der Haziendero hat mich gesandt, sie hier zu empfangen und über Lobos ihm zuzuführen.“
    „Aus welcher Gegend Deutschlands kommen sie?“
    „Das weiß ich nicht genau, aber ich vermute, daß sie aus der Gegend von Polonia oder Pomerania sind. Ich glaube, die Stadt, aus deren Umgebung sie stammen, wird Cobili genannt.“
    „Eine Stadt dieses Namens gibt es dort nicht. Hm! Pommern oder Polen! Meinen Sie vielleicht den Namen Kobylin?“
    „Ja, ja, so wie Sie es sagen, wird er richtig klingen. Unser Agent hat die Leute nach Hamburg auf das Schiff gebracht. Der große Dampfer hat sie in San Franzisco gelandet, von wo aus sie morgen auf einem kleinen Segelschiff hier ankommen werden. Das Fahrzeug legt hier nur an, um mich aufzunehmen, und segelt dann wieder ab. Wenn Sie sich noch besinnen wollen, so kann ich Ihnen nur Zeit bis morgen früh geben. Haben Sie sich dann noch nicht entschieden, so ziehe ich meinen Antrag zurück, und Sie können dann so lange hier sitzenbleiben, wie es Ihnen beliebt.“
    „Hoffentlich würde der Kapitän mich mit bis Lobos nehmen?“
    „Nein, selbst gegen die beste Bezahlung nicht, da das Schiff nur für diese Auswanderer gemietet ist und keine Passagiere aufnehmen darf. Warum also noch so lange überlegen? Es wäre geradezu Verrücktheit von Ihnen, mich mit meiner Offerte abzuweisen.“
    Er sah mich erwartungsvoll an, sichtlich überzeugt, eine zusagende Antwort zu bekommen. Ich befand mich in Verlegenheit. Es war meine Absicht gewesen, ihn erst reden zu lassen und dann auszulachen; davon mußte ich nun aber absehen. Wie wollte ich sonst von hier fortkommen? Schon aus diesem Grund war es geboten, ihm keine abschlägige Antwort zu erteilen. Es gab aber außerdem noch eine Veranlassung für mich, die Fahrt mit ihm zu machen. Er erwartete Landsleute von mir, wahrscheinlich aus der Provinz Posen stammend und durch irgendeine Art Vertrag herübergelockt. Mußte mich der letztere Umstand schon lebhaft für sie interessieren, so kam noch dazu, daß mir die Route auffiel, welche er mit ihnen einschlagen wollte. Ich wußte, daß Ures, in dessen Nähe die Hazienda zu suchen sein sollte, am Rio Sonora liegt; der kürzeste und bequemste Weg hätte also zunächst nach Hermosillo und dann den Sonorafluß aufwärts geführt; der Mormone wollte aber bis Lobos, also wohl dreißig Leguas weiter segeln. Den Landweg von dort aus hatte er mir zwar als reizend beschrieben, doch vermutete ich, obgleich ich denselben gar nicht kannte, daß er mich damit belogen habe. Selbst wenn er die Wahrheit gesagt hatte, so handelte es sich um einen so bedeutenden Umweg, daß ich einen besonderen Grund dahinter ahnte,
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