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335 - Der verlorene Sohn

335 - Der verlorene Sohn

Titel: 335 - Der verlorene Sohn
Autoren: Andreas Suchanek
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einem Winter aufgenommen hatten.
    »Schon klar, ich bin bald zurück«, versprach er. Er schenkte der dicken Mechica einen letzten bösen Blick, bevor er davonstapfte.
    Natürlich war er Meg für alles dankbar, was sie seit dem Tod von Mum und Dad leistete. Doch nur weil sie mit ihren siebzehn Wintern fünf älter war als er, durfte sie trotzdem nicht über seine Freunde entscheiden. Kurrt, Trevor und Sam lebten in den Baracken am Rande des Jello-Gebietes. Manch einer sagte auch »Slums« zu den Fabriken und engen Gassen, die aneinandergereiht ein eigenes Viertel bildeten.
    Zielstrebig lief Keran Richtung Downtoon. Kurrt und die anderen saßen bestimmt längst im Hauptquartier der Gang und beratschlagten das weitere Vorgehen. Meg hatte schon recht, seit dem großen Feuer war alles anders.
    Die wildesten Gerüchte machten die Runde. Von lebenden Toten war die Rede. Leichen, die aus den Gräbern stiegen. Keran lachte. Die einzige Gefahr, die er kannte, hörte auf einen Namen: Androiden. Aus Teknikk bestehende Monster ohne Seele. Genau genommen handelte es sich auch bei denen um wandelnde Tote.
    Auf den Straßen tummelte sich ein buntes Gemisch aus Jellos, Blax und Mechicos. Einige Blax warfen Keran drohende Blicke zu. Er als Pale war allein aufgrund seiner Hautfarbe das Ziel von Feindseligkeiten diverser Gangs. Wegen seiner Freundschaft zu Kurrt wagten sie es jedoch nicht, ihn anzurühren.
    Selbstbewusst rotzte er einen dicken Batzen Schleim auf den Boden, bevor er provozierend langsam an der Gruppe Blax vorbei schlenderte. Die Menschentrauben booten ihm zuverlässigen Schutz vor jeder Attacke.
    Endlich erreichte er das baufällige Lagerhaus am Rande der »Slums«. Er trat an die Rückseite, an der ein verrostetes Blechschild zwischen zwei Graffitis hing. Mit zwei gezielten Handgriffen schob er es zur Seite und betrat die Lagerhalle.
    »Aalter«, begrüßte ihn Sam euphorisch. »Wo warste denn so lange?«
    Keran klopfte dem schlaksigen Freund auf die Schulter. »Meine Schwester beruhigen. Hab bei ihr vorbeigeschaut, sonst macht sie wieder Ärger.«
    Bei der Erwähnung von Meg grinste Sam bis über beide Ohren. Als er Kerans Blick bemerkte, rötete sich sein Gesicht. Hektisch zupfte er an seinen blonden Haarsträhnen herum.
    Keran verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass er bei Meg keine Chance hatte. Seine Schwester traf sich seit einiger Zeit mit einem der Blax, was er vor seinen Freunden besser nicht erwähnte.
    »Wir ham tolle Neuigkeiten«, sagte Kurrt. Der Anführer ihrer Gang überragte Keran um vier Köpfe, als er sich von dem mit Wakudafell überzogenen Sitz erhob. »Wenn du nicht ständig bei deiner Schwester rumhängen würdest, wärste dabei gewesen.«
    Keran musste den Kopf in den Nacken legen, als Kurrt vor ihm aufragte. Der rothaarige Freund konnte Meg nicht leiden. Vermutlich wegen ihres Umgangs mit Blax und Jellos. Eine Diskussion darüber brachte jedoch nichts als Ärger, das war schon in der Vergangenheit so gewesen.
    Der schweigsame Trevor kippte den letzten Rest seines Biirs in einem Zug, bevor er einen lautstarken Rülpser ausstieß. Zur Begrüßung nickte er Keran nur zu.
    »Sollen wir’s ihm zeigen?« Sam hüpfte aufgeregt von einem Bein auf das andere. »Komm schon, Kurrt.«
    »Is ja gut«, gab der zurück. »Aber das nächste Mal bleibste bei deinen Freunden, wenn sie Fun haben.« Mit einem Winken bedeutete er Keran, ihm zu folgen.
    Zwischen Überresten toter Teknikk, zerbrochenen Flaschen und verrotteten Holzkisten drangen sie tiefer in die verfallene Fabrik vor. Sam machte ihn ganz nervös mit seinem Herumgehüpfe. Der Gleichaltrige war so leicht zu begeistern, während Kurrt mit seinen vierundzwanzig Wintern meist allem gelassen gegenüberstand.
    Kurrt trat an eine verrostete Eisentür, die schief in den Angeln hing. Er gab Trevor einen Wink, worauf der breitschultrige Freund an die Tür trat. Mit einem wuchtigen Ruck zerrte er das Hindernis nach außen. Keran biss bei dem durchdringenden Schaben und Quietschen die Zähne zusammen.
    Kurrt schob sich wieder an die Spitze und weiter ging es die Treppe hinab. An den Wänden hingen flackernde Lampen, die von einer dicken Schicht Staub bedeckt und verrosteten Gittern ummantelt waren.
    Keran fröstelte. Am liebsten hätte er auf dem Absatz kehrtgemacht. Aber was würden die anderen dann von ihm halten? Kurrt hatte schon Freunde wegen nichtigeren Gründen aus der Gang geworfen.
    Zwei Treppenabsätze und eine Gittertür später stand Keran vor einer
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