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330 - Fremdwelt

330 - Fremdwelt

Titel: 330 - Fremdwelt
Autoren: Jo Zybell
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ich!«
    »Klar.« Matt deutete nacheinander auf einige verbogene Stämme, Äste und Blätter. So krumm und chaotisch das auch aussah – man erkannte doch eine gewisse Regelmäßigkeit: Der Sog des entarteten Tores hatte alles in dieselbe Richtung gezerrt. »Wir folgen der Richtung, in die sich alles hier neigt!«
    Xij blickte skeptisch drein. »Und was hoffst du im Zentrum zu finden? Jemanden, der das ganze Schlamassel für uns geradebiegt?« Ein Grinsen huschte ob des Wortspiels über ihre Lippen.
    »Vielleicht einfach nur ein paar Antworten«, antwortete Matt und spähte durch eine Lücke im Blätterdach zum Himmel hinauf. »Wenn ich die Abstandsmessung vor dem EMP richtig im Kopf habe, sind es bis zum Zentrum weniger als zehn Kilometer. Und bis zum Rand des Verzerrungsgebiets über vierzig. Ich bin für den kürzeren Weg. Kommst du mit?«
    Xij nickte knapp. Sie wollte ja auch wissen, was in diesem Dschungel gespielt wurde. Woher die aus Zivilisationstrümmern erbauten Roboter stammten, die die Too’tems der Schlangenmenschen einsammelten und hierher brachten: intelligente Schlangen, die eine Symbiose mit den tumben Indios eingegangen waren. Etwas geschah hier, für das sie sich einfach zu interessieren hatten, ob sie wollten oder nicht.
    Miki Takeo hatte vor seinem Ausfall Campeche als Zentrum der Verzerrungen genannt, einen Ort an der Westküste Yucatáns. Dort musste sich das versiegelte Tor zu dem rätselhaften zeitlosen Raum befinden, und damit auch zur Domäne der Archivare. Vielleicht würden sie dort irgendwie Kontakt zu Tom Ericson aufnehmen können, oder zu den Archivaren.
    Eine Zeitlang kletterten sie über die Kronen der Urwaldriesen von einem Baum zum nächsten. Die Luft war feucht und warm. An vielen Stellen, wo das Laubdach nicht vollständig geschlossen war, stachen Lichtbalken wie flirrende Klingen durchs verzerrte Geäst. Auf beinahe jedem Baum verharrten sie und lauschten. Anfangs glaubte Matt noch, das Rascheln von Laub und das Splittern von Geäst unter Roboterbeinen zu hören. Doch nach und nach lösten sich diese Laute im allgemeinen Geräuschpegel auf, der hier im Dschungel herrschte: im Rauschen des Blätterdachs, im Pfeifen von Vögeln, im Geschrei aller möglichen Tiere; von denen sie die meisten gar nicht zu sehen bekamen.
    Manchmal, wenn Matt in die Zweige griff, flogen Falter in grellen Farben auf. Nicht nur ihre Flügel und Fühler, auch ihre farbigen Maserungen wirkten aufs skurrilste verzerrt.
    Einmal landete eine Stechfliege auf Matts Unterarm – noch bevor seine Hand sie traf, sah sie schon aus wie zerschlagen und zerfasert. Auch die Körper der katzengroßen Affen, die sie bald begleiteten und sich über ihnen durchs Geäst schwangen, wirkten so krumm und verzerrt, dass sie Matt beinahe schon leidtaten.
    Er fiel mehr und mehr zurück, und Xij musste immer öfter auf ihn warten. »Machst du schon schlapp, starker Mann?«, empfing sie ihn einmal mit provozierendem Grinsen.
    »Nicht jeder kann wie du mit vollständig heilen Knochen durch die Weltgeschichte klettern.« Matt rieb sich die gerade erst verheilte Schulterwunde; der nur langsam vernarbte Schlangenbiss machte ihm wieder Probleme seit dem Absturz.
    »Oh! Hatte ich schon ganz vergessen.«
    »Schlapp mach ich deswegen noch lange nicht.« Er kletterte zu ihr, packte sie, zog sie an sich und küsste sie. Atemlos hing sie in seinen Armen und wischte sich den Mund ab, als er wieder von ihr abließ.
    »Lass uns runter klettern«, flüsterte sie. »Dort finden wir sicher ein moosiges Plätzchen. Sex im Urwald – wenn uns das nicht beflügelt, was dann …?«
    »Und die Roboter?« Er spähte nach unten.
    »Scheiß drauf.«
    Matt war drauf und dran, die Gefahr zu ignorieren und ihrer Verlockung nachzugeben. Er küsste ihre Kehle und sie bog den Kopf in den Nacken. Seine Rechte fuhr unter ihr Shirt und streichelte ihren kleinen Busen. Sie atmete heftiger, öffnete die Augen … und versteifte sich.
    »He, das ist doch keine Peepshow hier!«, rief sie mit gedämpfter Stimme nach oben. »Verschwindet!«
    Als Matt Drax ihrem Blick folgte, sah er die Affen, die gleich im Dutzend über ihnen auf den Ästen hockten und stumm zu ihnen herunter glotzten.
    Bevor sie wie auf ein unhörbares Kommando plötzlich nach allen Seiten davon stoben, als hätten sie Xij verstanden. Es war, als fegte eine Orkanböe durch die Baumkrone – es raschelte und splitterte und rauschte. Sekunden später war kein einziger Affe mehr zu sehen.
    »Da«,
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