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323 - Die Hölle auf Erden

323 - Die Hölle auf Erden

Titel: 323 - Die Hölle auf Erden
Autoren: Manfred Weinland
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sie fand, waren Steine. Ein ganzes Feld davon.
    Nachdem sie noch ein Stück weitergegangen war, endete der Duft abrupt. Der Wind trug nichts mehr zu ihr heran.
    Mahó lief ein paar Schritte zurück – und empfing das fremde Aroma wieder. Aber da war nur Geröll – Steine unterschiedlicher Größe, manche wie eine Faust, andere wie Bälle oder die Blöcke, die den Garten ihres Zuhauses umfriedeten.
    Ratlos sah Mahó sich um. Nach einer Weile begriff sie, dass der Duft dem Boden entstieg. Sie bückte sich, schnupperte und fand die Stelle, wo er am intensivsten war. Fast wie von selbst begannen ihre Hände, Steine beiseite zu räumen.
    Was dann geschah, traf sie wie ein Stich ins Herz.
    Unter ihren Händen kam ein Gesicht zum Vorschein.
    Für einen Moment vermochte sie es nicht einzuordnen. Doch dann schien sich ein Schalter in ihrem Kopf umzulegen, und sie war verzaubert von der Anmut des jungen Mannes, der wie schlafend unter den Steinen begraben lag.
    Mahó schob den Gedanken, er könnte tot sein, weit von sich. Nein, der Verschüttete lebte und brauchte Hilfe! Mehr, als ein zartes Wesen wie Mahó ihm geben konnte.
    Aber sie wusste, wohin sie sich wenden musste, um ihn zu retten.
    »Warte – halte durch«, wisperte sie. »Ich bin bald zurück. Meine Brüder sind stark. Sie werden dir helfen!«
    Mahó richtete sich auf, orientierte sich kurz und eilte dann dem Tempel entgegen.
    ***
    Das Feuer loderte in einer tönernen Schale. Die Schale stand auf einem steinernen Sockel. Und daneben, auf einer Decke, kauerte ein alter Mann in einem dunklen Mönchsgewand, das aussah wie ein Ausschnitt des nächtlichen Firmaments. Helle Flecken im Schwarz erinnerten an Sterne.
    Matt hatte mit Xij Deckung hinter einem Gebüsch bezogen. Wenn sie zurückblickten, sah es aus, als würde sich das Himmelszelt bis zum Horizont im Wasser der Bucht spiegeln. Bei genauerem Hinsehen war jedoch der Übergang zwischen den Reflexionen und tatsächlichen Lichtern am Boden zu erkennen.
    Mit der rechten Hand bog Matt Zweige zur Seite, bis er freien Blick auf die Gestalt hatte, die gerade Holz nachlegte, um das Feuer in Gang zu halten. Funken stoben in die Höhe.
    Der alte Mann zeigte sich davon unbeeindruckt. Sein Blick schien in Fernen gerichtet, die weit jenseits der Flammen lagen, wahrscheinlich überhaupt nicht im Diesseits.
    »Ein meditierender Mönch«, flüsterte Xij. »Dem Aussehen nach ein Asiate. Was meinst du?«
    Matt nickte und verließ sich darauf, dass Xij es bemerkte. »Er scheint allein zu sein. Hier gibt es nicht mal ein Gebäude, oder siehst du eins?«
    Wortlos schüttelte sie den Kopf. Ihr kurzes blondes Haar bewegte sich sacht in der sternklaren Nacht.
    »Wir sollten es riskieren«, fuhr Matt fort.
    »Was?«
    »Ihn anzusprechen.«
    »Wäre das nicht zu riskant?« Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. »Nicht wegen der Sprache, dafür haben wir ja die Translatoren. Aber was willst du machen, wenn er Alarm schlägt? Ihr fesseln und knebeln?«
    Matt zuckte mit den Achseln. »Das Risiko gehe ich ein, wenn wir nur herauszufinden, wo und wann wir eigentlich sind. Außerdem wirken wir nicht sonderlich furchteinflößend. Und der Mönch scheint friedliebend zu sein.«
    »Das tun Kampfmönche auch – bevor sie dir einen zweiten Scheitel ziehen«, sagte Xij lakonisch. »Vorschlag: Ich gehe zunächst allein zu ihm. Eine junge Frau wird ihm weniger bedrohlich vorkommen.«
    »Oh, danke. Sehe ich etwa aus wie ein Buhmann?«
    Xijs Augenverdrehen war selbst im Dunkel zu erkennen.
    »Falls du es dir zutraust«, fügte Matt hinzu.
    Xijs einzige Erwiderung bestand darin, dass sie sich aus der Deckung löste und federnden Schrittes dem Mönch am Feuer näherte.
    Matt beobachtete, wie der Mönch beim Anblick der nahenden Gestalt spätestens in dem Moment zusammenzuckte, als er sie im Widerschein der Flammen genauer erkennen konnte.
    Für einen Moment sah es so aus, als wollte er aufspringen – doch Xij setzte ihre unschuldigste Miene auf und hob die Hände in Hüfthöhe, um zu zeigen, dass sie unbewaffnet war. Das schien den ersten Schrecken zu lindern.
    Matt sah, wie sich die Lippen des Mannes bewegten, ohne dass er auf die Entfernung verstehen konnte, was er sagte. Xij erwiderte etwas, dann ging sie neben dem Mönch in die Hocke, und es entspann sich eine rege Unterhaltung.
    Matt bedauerte, zum bloßen Beobachter degradiert zu sein, und überlegte, ob er Xij einfach folgen sollte. Doch bislang hatte sie kein einziges Mal in Richtung seines Verstecks
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