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320 - Die Schlacht von Dapur

320 - Die Schlacht von Dapur

Titel: 320 - Die Schlacht von Dapur
Autoren: Sascha Vennemann Christian Schwarz
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wüsste, mit wem wir die Ehre haben.«
    »Oh, das kann ich dir sagen«, erwiderte Xij Hamlet trocken. »Mit den Hethitern.«
    ***
    Kommandant Tuthaljia spazierte durch die Festung hinunter zum Truppenübungsplatz. Der stiernackige, mittelgroße Mann, der die sechzig Sommer längst überschritten hatte, machte keinen Hehl aus seiner Übellaunigkeit. Aber die suchte ihn dauerhaft heim, seit er hierher in die Wüste verbannt worden war.
    Nun war er Herr über einen der trostlosesten Außenposten des Reichs Chatti, wo es so einsam und heiß war, dass sich kaum einmal die Schakale hierher trauten. Und das nur, weil er sich in Hattuscha in eine Intrige verwickeln ließ und schlussendlich auf das falsche Pferd gesetzt hatte.
    Ich verfluche dich, Großkönig Muwatalli, dachte er grimmig. Wärst du ein wahrer Mann gewesen, hättest du diesen ägyptischen Hund Ramses und seine Sumpfratten damals von unseren Truppen verfolgen lassen. Ramses und seine Hure Nefertari waren doch bereits geschlagen, wir hätten ihn vollständig vernichten können. Aber nein, du hast den Hund ziehen lassen – und jetzt muss ich mich mit ihm und seiner Armee herumschlagen. Verflucht seist du, Muwatalli, auch im Jenseits...
    Tuthaljia, der dem hethitischen Hochadel angehörte, hatte als Streitwagenlenker an der Schlacht von Kadesch teilgenommen und mit eigener Hand zahllose Ägypter geschlachtet. Nachdem Muwatalli den Ägypter hatte entkommen lassen, war der Großkönig von seiner eigenen Verwandtschaft umgebracht worden.
    Wer immer das getan hat, Wuruschemu möge ihn segnen...
    Danach hatten die üblichen Nachfolgeintrigen eingesetzt, aus denen schließlich völlig überraschend der aus einer Nebenehe stammende Muwatalli-Sohn Murschili als Sieger hervorging. Bedauerlicherweise war ihm nur eine kurze Regierungszeit vergönnt gewesen. Tuthaljia, der Murschili unterstützt und sich bereits als Vasallenkönig gesehen hatte, hatte, wie alle anderen auch, die Rechnung ohne Muwatallis Bruder Hattuschili gemacht. Dem war es gelungen, den jungen König zu stürzen. Wie ein Schwein hatte Hattuschili seinen Neffen in einen Koben gesperrt und nach Syrien in die Verbannung geschickt.
    Tuthaljia ereilte das gleiche Schicksal. Hattuschili III. hatte ihn nicht, wie sonst üblich, getötet, sondern nur verbannt, obwohl er sich an Murschilis Seite offen gegen Hattuschilis Machtanspruch gestellt hatte.
    Manchmal denke ich, es wäre besser gewesen, er hätte mich töten lassen...
    Immer und immer wieder durchdachte er die Ereignisse, Tag und Nacht, es war längst schon ein Zwang geworden. Was hätte er darum gegeben, noch einmal die großartige Hauptstadt Hattuscha, himmelhoch und stolz in den steilen Bergen gelegen, sehen zu dürfen, aber es war ihm wohl bestimmt, hier in der Wüste zu verrecken. Denn Ramses hatte sich längst wieder gefangen und verwüstete mit seinen Truppen den Sinai und Syrien, um Ägypten in diesen Gebieten endgültig die Herrschaft zu sichern.
    Und was tut Hattuschili, dieser Dummkopf? Schaut ebenfalls nur zu, wie Ramses hier alles kurz und klein schlägt, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Und jetzt scheinen Ramses’ Truppen auf dem direkten Weg hierher zu sein...
    Wohin Tuthaljia auch kam, wurde er ehrerbietig begrüßt. Es interessierte ihn nicht. Er strich sich mit der Hand immer wieder über den kahlen Schädel mit den dicken feuerroten Narben. Er hatte sie einer Feuerfalle der Ägypter bei Kadesch zu verdanken und trug sie mit Stolz, auch wenn sie manchmal unerträglich juckten.
    Durch das Stadttor marschierte er auf den Truppenübungsplatz hinunter. Lautes Gebrüll schlug ihm entgegen. Drei Soldaten schleppten einen Kameraden heran, dem der Speichel aus dem Mund lief und der mit irrem Blick um sich schaute. Als er Tuthaljias ansichtig wurde, begann er zu zittern.
    »Was ist mit dem Mann?«, fragte der Kommandant und schlug den Griff der Peitsche, die er bei sich trug, leicht gegen seinen Oberschenkel.
    »Ein Deserteur, Kommandant. Er hat Angst vor den ägyptischen Sumpfratten und wollte sich absetzen. Aber wir haben ihn geschnappt.«
    Tuthaljia musterte den Mann aus schmalen Augen, in denen Kälte und Gnadenlosigkeit funkelten.
    »Ich bin nicht geflohen!«, schrie der Gefangene und wand sich im Griff seiner Häscher. »Ich wollte nur meinen Vater besuchen, der schwer erkrankt ist. Ich wäre ganz sicher...«
    »Ein Hethiter bettelt nicht um Gnade!«, brüllte der Kommandant unvermittelt und schlug dem Gefangenen die Peitsche ins Gesicht.
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