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312 - Die dunkelste Stunde

312 - Die dunkelste Stunde

Titel: 312 - Die dunkelste Stunde
Autoren: Oliver Fröhlich
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des Flächenräumers erst der zweite Einsatz überhaupt gewesen. Der erste Probeschuss der Anlage vor zehntausend Jahren hatte ganz in der Nähe eine Hohlwelt in den Erdmantel gestanzt – und den Hydriten vor Augen geführt, welch furchtbare Waffe sie da entwickelt hatten.
    Das Sanktuarium . Mit einem leichten Schaudern dachte Matt an diese Biosphäre aus einer weit entfernten Zukunft, in der sich bis heute die bizarrsten Lebewesen tummelten. Als die Clarkisten vor einigen Jahrhunderten den Hohlraum im Fels der Antarktis anbohrten, waren einige dieser Geschöpfe daraus entkommen. [2] Wie zum Beispiel die Barschbeißer.
    Zwar lud sich der Flächenräumer an den Magnetfeldlinien der Erde selbständig wieder auf; da sie sich durch den Kometeneinschlag vor über fünfhundert Jahren jedoch verschoben hatten, dauerte das inzwischen Ewigkeiten! Der auf dem Mars entwickelte und gebaute Konverter sollte die Magnetfelder umleiten und in die Energiewaben einspeisen. Doch das würde ihnen nichts nutzen, wenn sich die Anlage nicht steuern ließ.
    »Worüber grübelst du?«, fragte Xij Hamlet.
    »Über die Ironie des Schicksals. Wäre der Wandler damals nicht auf die Erde gestürzt und hätte damit nicht ihre Achse verschoben, würden wir heute über eine funktionierende Waffe verfügen, um seinen Verfolger zu vernichten – der gar nicht auf dem Weg zur Erde wäre, wenn der Wandler hier nicht gelandet wäre.«
    Xij brummte zustimmend und fügte dann hinzu: »Und das, obwohl der Wandler schon längst nicht mehr hier ist und der Streiter sich den Weg eigentlich sparen könnte... Wer denkt sich solche kosmischen Scherze eigentlich aus?«
    Das Problem der verlangsamten Aufladung hatten sie mit dem Magnetfeldkonverter inzwischen gelöst, doch die Zieloptik des Flächenräumers war ohne das bionetische Wesen, das ihn bis vor kurzem noch bedient hatte, nutzlos. Es war Miki Takeos Job, den Koordinator möglichst vollständig zu ersetzen. Die marsianischen Computer waren zuvor daran gescheitert und durchgebrannt. Ihre ganze Hoffnung ruhte nun auf dem Androiden, dessen neuronales Netz Quart’ol und Gilam’esh an die Steuerung der Anlage angeschlossen hatten.
    Trotzdem und bei allem Optimismus: Wie lange es letztlich dauern würde, den Flächenräumer schussbereit zu machen, stand in den Sternen. Ohne den Koordinator arbeitete er nicht annähernd so störungsfrei wie erhofft.
    Der Anblick des Androiden mit dem bionetischen Verbindungskabel an einer Schnittstelle im Nacken rief bei Matt jedes Mal unangenehme Erinnerungen wach: So hatte der Koordinator einst auch ihn und General Arthur Crow assimilieren wollen.
    Matt fiel ein, dass er mit Takeo noch wegen einer anderen Sache hatte reden wollen, die ihm nun schon so lange auf der Seele lag. Er zog einen Speicherkristall aus der Tasche und betrachtete ihn versonnen. Eine Bewusstseinskopie war darauf abgelegt – das Gedächtnis von Miki Takeos leiblichem Sohn Aiko; gezeugt mit Naoki Tsuyoshi zu einer Zeit, in der er noch über einen großteils menschlichen Körper verfügt hatte.
    Matt hatte den Kristall jahrelang bei sich getragen in der Hoffnung, Aiko irgendwann einen neuen, mechanischen Körper geben zu können und ihn damit wieder zum Leben zu erwecken. Nun ergab sich die Möglichkeit, seinem Vater die Kopie zu übergeben. Aber dies war weder der passende Ort noch die rechte Zeit dafür. Takeo musste sich auf die Steuerung des Flächenräumers konzentrieren; jede Ablenkung wäre kontraproduktiv.
    Wenn alles vorbei ist, dachte Matt, und eine kleine böse Stimme in seinen Gedanken fügte hinzu: Falls es ein Danach gibt...
    »Denkst du an Aruula?«, fragte Xij.
    Nicht, bevor du sie erwähnt hast. Danke sehr! »Nein.«
    Xij nickte und studierte hingebungsvoll den Bildschirm mit den Sensoranzeigen. Offenbar glaubte sie ihm nicht. Oder sie war sich des Fettnäpfchens bewusst geworden, in das sie gerade mit beiden Beinen gesprungen war.
    Aber was hatte er auch anderes erwartet, als sie mit dem Shuttle zu den Dreizehn Inseln geflogen waren, um Aruula zur Einberufung eines Telepathenzirkels zu bewegen, der dem Streiter vermitteln sollte, dass der Wandler nicht mehr auf der Erde weilte? Eine Frau, die sich ihm an den Hals warf? Wiedersehensfreude? Nach dem harschen Ton, in dem er ihre Beziehung beendet hatte?
    Dennoch hatte er auf etwas mehr Vernunft gehofft und auf weit weniger Hass. Schließlich ging es um die Zukunft der Erde, da mussten persönliche Animositäten zurückstehen.
    Doch Aruula
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