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310 - Auf gewagtem Kurs

310 - Auf gewagtem Kurs

Titel: 310 - Auf gewagtem Kurs
Autoren: Michelle Stern
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niedergelassen. Bahafaa zuliebe verzichtete er auf seine Rache und rettete Drax – dem ehemaligen Primärfeind seiner Rasse – sogar das Leben. [1]
    Seine Gedanken verdüsterten sich, als er den Namen seiner Gefährtin dachte. Vor Monaten hatten letzte überlebende Nordmänner ihn – als Hermon getarnt –, Bahafaa und einige andere Kriegerinnen entführt. Seine Gefährtin war misshandelt und geschändet worden und starb schließlich einen grausamen Tod durch einen Izeekepir. Und er hatte es nicht verhindern können.
    Nach Bahafaas Tod erschien ihm seine Zeit auf den Dreizehn Inseln sinnlos – doch da erfuhr er von Aruulas Rückkehr. Daa’tans Mörderin war heimgekehrt und sollte zu allem Überfluss auch noch Königin werden...
    Grao zog eine Echsenpranke aus dem blubbernden Wasser und formte sie gedankenverloren in den Arm und die Hand Aruulas um. Die schlanken und doch kraftvollen Finger einer Primärrassenvertreterin bildeten sich Stück für Stück aus. An der Stelle des kleinen Fingers verfärbte sich die Haut leicht grünlich. Ein Lächeln spaltete seine Daa’muren-Fratze, als er diese Hand im bleichen Winterlicht betrachtete.
    O ja, Aruula war Königin geworden. Oder vielmehr: Er hatte in ihrer Gestalt die Herrschaft über die Dreizehn Inseln übernommen. So hatte er auch nach Bahafaas Tod eine Aufgabe gefunden, die ihm wichtig und sinnvoll zugleich erschien. Die Kriegerinnen der Inseln brauchten einen starken Anführer. Durch ihn würden sie neue Wege gehen.
    Er wollte Rache für Bahafaas Hinrichtung durch die Lokiraa-Krieger. Und wenn er mit denen fertig war, wartete Euree auf ihn. Dieser Planet brauchte jemanden seines Formats, um Ordnung zu schaffen. Er würde sich darum kümmern. Das glaubte er Bahafaa schuldig zu sein, dem einzigen Menschen außer Daa’tan, dessen Tod ihn zum Weinen gebracht hatte.
    Ein Zweig knackte. Grao zuckte hoch und sah blinzelte durch die Dampfschwaden. Inzwischen bildete sein halber Körper die weichen Formen Aruulas nach, während der Rest, geformt von winzigsten Schuppen, in Grün und Blau schillerte.
    Er fuhr zusammen, als er die Kriegerin vier Schritte entfernt erblickte. Sie trug Pfeil und Bogen bei sich. An ihrem Gürtel hing der Handschuh einer Falkenjägerin. Er kannte sie nicht, aber sie erkannte ihn: die falsche Königin, die ein Monster war! Sie griff zum Köcher, als wollte sie auf ihn schießen, ließ die Hand dann aber wieder sinken.
    Grao stand langsam auf, inzwischen zur Gänze in der Gestalt Aruulas – zu spät, wie er an dem entsetzten Gesicht der Kriegerin erkannte. Sie würde keine Erklärung mehr akzeptieren. Panisch drehte sie sich auf dem Absatz herum und hetzte über welkes Laub und Steine davon.
    Fluchend sprang der Daa’mure aus dem Wasser. Er wollte Bahafaas Volk schützen, nicht es töten. Als ehemaliger Mentalführer im Kollektivwesen der Daa’muren zählte für ihn auch der Einzelne. Trotzdem war er nun erneut gezwungen, kurzen Prozess zu machen, wie schon am Königszelt, als er Aruulas Stelle einnahm.
    Das Kollektiv kam vor dem Einzelnen. Immer. Die Jägerin durfte ihn nicht verraten. Er musste sie aufhalten, ehe sie die nächste Siedlung erreichte. Zum Glück lag die heiße Quelle ein gutes Stück vom nächsten Dorf entfernt.
    Die Jägerin rannte einen Wildwechsel entlang. Grao sah, wie sie die Hand zum Signalhorn an ihrer Seite nahm und es vom Gürtel löste. Er zog Aruulas Schwert – der einzige Gegenstand neben einem Dolch, den er nicht mit seinem Körper nachgebildet hatte – aus der Rückenkralle und schleuderte es gedankenschnell.
    Noch ehe die Primärrassenvertreterin das Horn an den Mund führen und hineinstoßen konnte, flirrte der Anderthalbhänder heran. Sie hörte das Geräusch und warf sich zur Seite. Das Horn entglitt ihren Händen, rollte einen Hang hinunter. Auch die Jägerin bewegte sich nun abwärts, zwischen Büschen und Bäumen hindurch.
    Grao wusste, dass dort unten ein Weg lag. Hastig nahm er das Schwert im Vorbeilaufen wieder an sich und setzte zum Spurt an. Er spürte, wie geschwächt er immer noch war. Die Regenerationsphase war frühzeitig unterbrochen worden; er hatte sich kaum erholen können. Das lange Verharren in einer gewandelten Form kostete viel Kraft. Auch wenn er inzwischen wesentlich länger als früher durchhielt, brauchte er eben doch hin und wieder eine Auszeit.
    Er hatte die Kriegerin fast erreicht, als er das Horsay sah. Die Primärrassenvertreterin schwang sich gerade hinauf und stieß dem
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