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309 - Die Rache der Hydriten

309 - Die Rache der Hydriten

Titel: 309 - Die Rache der Hydriten
Autoren: Michelle Stern Sascha Vennemann
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geschlüpft war, erlaubte er sich einen Moment der Muße. Die Qualle bildete einen Pilotensessel aus und Ur’gon ließ sich mit einem wohligen Schnalzlaut auf dem weichen Material nieder.
    Er aktivierte die Konsole mit dem Funkgerät und massierte sich den kahlen Schädel. Mit den Flossenhänden rieb er über die beulenartigen Erhebungen, die wie ein Mittelscheitel über seinen Kopf liefen.
    Der Anblick war für andere Hydriten befremdlich. Dass Ur’gon keinen Scheitelkamm besaß, war einem genetischen Defekt zu verdanken, hatte aber auch den günstigen Nebeneffekt, dass er ein perfektes »Pokerface« zur Schau stellen konnte, denn die Hydriten unterstützten ihre Stimmungsbilder mit verschieden verfärbten Scheitelkämmen. Dieser genetische Defekt war sehr selten, aber unter den Hydriten nicht unbekannt. Zwar hatte Ur’gon vor allem in seinen Jugendjahren oft mit Vorurteilen zu kämpfen gehabt, doch das Fehlen des Kamms behinderte ihn nicht.
    Als sich dann sein Lebensweg als »Problemlöser« abzuzeichnen begann und Ur’gon sich darauf einstellte, sein restliches Leben in relativer Isolation zu verbringen, war er sogar froh über den Makel gewesen, denn so war er bei seinen Einsätzen an Land nicht gleich als »Fishmanta’kan« zu erkennen.
    Ur’gon aktivierte den Funk und stellte die Frequenz ein, unter der seine Auftraggeber schon sehnsüchtig auf seine Erfolgsmeldung warteten. Er sprach einen vereinbarten Code ein und wartete auf Antwort. Sie ließ nicht lange auf sich warten.
    »Wie ist Ihr Status?«, klackte es aus den Lautsprechermembranen der Transportqualle. Ur’gon erkannte die Stimme wieder. Es war jene, die ihm auch den Auftrag erteilt hatte. Namen wurden bei diesen Kontakten niemals ausgetauscht, zumindest nicht die der beteiligten Hydriten. Aber die Autorisierung, die Ur’gon auch jetzt wieder erfragte, wies seinen Gesprächspartner als authentisch aus, also hatte alles seine Ordnung.
    »Auftrag ausgeführt«, antwortete Ur’gon nüchtern. »Keine besonderen Vorkommnisse.«
    Ein erleichtertes Schnalzen am anderen Ende der Leitung. »Ei’don sei Dank! Vielleicht kehrt jetzt endlich wieder Ruhe ein.«
    Der Assassine nickte wohlwollend, obwohl ihn sein Gesprächspartner nicht sehen konnte. »Ich freue mich, dass ich helfen konnte.«
    »Das haben Sie in der Tat. Ich werde die gute Nachricht gleich weitergeben. Sind Sie schon mit einer neuen Aufgabe betraut worden?«
    Ur’gon knurrte ungehalten. »Ich bin nicht befugt, Ihnen diese Information zu geben. Das wissen Sie auch.«
    Ein verlegenes Blubbern erklang. »Natürlich, die Diskretion der Assassinen. Sie haben recht; entschuldigen Sie. Falls es von unserer Seite wieder etwas zu tun gibt, werde ich mich bei Ihnen melden. Weiterhin viel, äh, Erfolg!«
    Ur’gon schaltete die Frequenz stumm, ohne zu antworten. Die Scheinheiligkeit, die aus den Worten seines Gegenübers sprach, widerte ihn an. Volksvertreter... Er hatte sie noch nie gemocht.
    Kommunikation war nicht Ur’gons Stärke. Er funktionierte am besten allein, auf sich selbst konzentriert und ohne störende Elemente wie Begleiter oder Helfer, mochten sie grundsätzlich auch nützlich sein. So hatte er es immer schon gehandhabt und so sollte es auch bleiben.
    Er wollte sich gerade erheben und einen kleinen Algensnack zu sich nehmen, als ein neuerliches Rauschen aus dem Funkgerät drang. Jemand versuchte ihn auf einer anderen Frequenz zu kontaktieren, deswegen hatte das Gerät die Lautstärke automatisch hochgefahren.
    Überrascht ließ sich der Assassine wieder auf seinen Sessel nieder. »Wer spricht?«, klackte er ins Mikrofon.
    Eine ihm unbekannte Stimme nannte einen Code-Satz. Ur’gon schlug in seinen Unterlagen nach – und erstarrte! Der Funkspruch kam offensichtlich aus seiner Heimatstadt Rymaris, die an der Adriaküste lag! Er war seit Dekaden nicht dort gewesen, und das hatte seine Gründe. Wegen seiner besonderen Erscheinung war seine Kindheit alles andere als glücklich verlaufen, und er war froh, sie endlich verlassen zu können, sobald er flossig geworden war.
    Darüber hinaus hatte seine Familie in Rymaris einen schweren Stand gehabt. Denn Rymaris war vor seiner Zeit eine Mar’osianer-Siedlung gewesen und seine Leute hatten sich, anstatt im Kampf zu sterben oder zu fliehen wie alle anderen, nach der Rückeroberung durch die Ei’don-Hydriten dem neuen Diktat der fleischlosen Ernährung unterworfen. Böse Zungen munkelten sogar, seine Deformation wäre eine Folge des
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