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300 - Unter Mutanten

300 - Unter Mutanten

Titel: 300 - Unter Mutanten
Autoren: Oliver Fröhlich
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will aber gar nicht irgendwann nach oben gehen können. Da sind doch nur diese blöden Ekeldinger!«
    »Das sind keine Ekeldinger, Kurzer«, sagte Lissa. »Sondern Nosfera, Wulfanen und Guule. Früher waren das Menschen wie wir, aber durch den Kometeneinschlag sind sie krank geworden und mutiert.«
    »Mir doch egal. Ich finde sie trotzdem eklig.« Nach einem Augenblick des Nachdenkens fügte er hinzu: »Und nenn mich nicht Kurzer .«
    »Was haben die eigentlich gegen uns?«, fragte Gunda, mit ihren sieben Jahren die Zweitjüngste der Klasse. Unvermittelt begann sie zu weinen. »Warum haben die meinen Papa umgebracht? Er wollte doch nur raus, um… um…« Für einen Moment versagte ihr die Stimme. Dann schluchzte sie los. »Wir haben denen doch gar nichts getan!«
    Gundas Vater hatte bis zum letzten Jahr dem Außenreparaturteam angehört, das immer dann zum Einsatz kam, wenn nach einem Sturm Äste oder Ruinentrümmer der alten Stadt einen Bunkerausgang oder einen der versteckten Lufteinlässe blockierten.
    Keine leichte Aufgabe, die unterirdischen Anlagen durch das nächstgelegene Schott zu verlassen, sich zum Einsatzort vorzuarbeiten und unbeschadet zurückzukehren, schon damals nicht, als die Oberfläche noch von einem gigantischen Taratzenrudel und ein paar Barbaren besiedelt war. Schier unlösbar und mörderisch jedoch, seit die Mutanten die Herrschaft übernommen hatten und mit den Barbaren gemeinsame Sache machten.
    Von einem dieser Einsätze waren Gundas Vater und sein drei Mann starkes Team nicht zurückgekehrt.
    »Das haben wir den Trotteln aus Ambuur zu verdanken«, brummte Gunner.
    »Junge!«, rief Professor Brannt ihn zur Ordnung.
    »Was denn? Er hat doch recht!« Für diesen Satz erntete Lissa einen schmachtenden Blick von Gunner. »Hätten sie nicht mit Mutanten experimentiert, wäre es nie zu dieser Explosion gekommen. Und die Überlebenden wären nicht nach Lybekk gekommen, um ihre Wut an uns auslassen.«
    »Das weißt du doch gar nicht, Lissa!« Brannts Gesichtsausdruck zeigte, dass er sich längst für die Idee einer zusätzlichen Historienstunde verfluchte. »Wir haben Tage davor den Funkkontakt mit ihnen verloren.«
    »Wir haben ihn nicht verloren, sie wollten nicht mehr mit uns sprechen! Vermutlich, weil etwas schiefgegangen ist.«
    Brannt winkte ab. »Wie auch immer. Die Aussicht auf ein Immunserum war das Risiko wert.«
    Lissa sah zu Boden. In der Tat wünschte auch sie sich nichts sehnlicher, als irgendwann diesem unterirdischen Gefängnis zu entkommen. Deshalb verbrachte sie so viel Zeit im Oberflächen-Simulator, in dem sie mit einem Vorkometen-Motorrad durch die Gegend brausen, mit einem Jeep durch die Steppen längst untergegangener Länder tuckern oder mit Skiern schneebedeckte Hänge hinabrasen konnte. Die in einen Helm integrierte Landschaftsbrille und der Computer, der jede ihrer Aktionen lebensecht umsetzte, verschafften ihr diese Illusion. Auch wenn sie vieles verwerflich fand, was ihre Vorväter angestellt hatten, dankte sie ihnen doch auf Knien für die vielfältige Unterhaltungselektronik.
    »Warum machen wir uns überhaupt Gedanken«, mischte sich erstmalig Hella ins Gespräch ein. Die Zehnjährige war ein ernsthaftes Mädchen, das lieber zuhörte, als selbst etwas beizutragen. »Wir leben seit fünfhundert Jahren hier unten. Kann uns doch egal sein, was über uns passiert.«
    Lissa schnipste mit dem Zeigefinger an Hellas Ohrläppchen. »Kann es eben nicht. Den Taratzen waren wir gleichgültig, aber die Mutanten wollen uns ausrotten. Was, wenn sie alle Lufteinlässe finden und verstopfen? Dann müssen wir hier drin jämmerlich ersticken.«
    Tränen traten in Hellas Augen. »Können die das?«
    »Weiß ich nicht, Vielleicht. Aber das ist ja noch nicht mal das Hauptproblem.«
    »Nein?«
    Professor Brannt nutzte die Gelegenheit, seine Geschichtskenntnisse zu präsentieren. »Unsere Vorväter haben vorgesorgt, indem sie genug Trilithiumkristalle einlagerten, dass die Stromversorgung des Bunkers für mindestens tausend Jahre gesichert ist. Sie müssen nur gelegentlich gewechselt werden - und da liegt das Problem. Das Kraftwerk befindet sich im vorletzten Untergeschoss, und das steht seit der Explosion in Ambuur unter Wasser. Wir wissen nicht, wie lange der Strom der derzeitigen Kristalle noch ausreicht.« Mit leiserer Stimme fügte er hinzu: »Oder was passiert, wenn das Wasser in die Maschinen eindringt.«
    »Stromausfall!« Lissa sah keinen Grund, die jüngeren Kinder zu schonen.
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