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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden
Autoren: Karl May
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empor, und der mächtige Baobab breitet auf unzerstörbar scheinendem Stamm seine massigen Äste dem flammenden Licht entgegen. Hier vermag man in dem Tod der Steppe kaum an das Vorhandensein eines niedrigen Insektes oder Wurmes zu glauben, und dort schon am Saum der Einöde erschallt die Stimme des Löwen; die Giraffe weidet in den Wipfeln der Bäume und Sträucher; weiterhin erdröhnt der Boden unter den Tritten des Elefanten und Nashorns, und der Hippopotamus wälzt sich im tiefen Schlamm stagnierender Gewässer.
    Ein Erdteil von der armen Küstenentwicklung Afrikas bietet dem Seefahrer keinen gastlichen Empfang und läßt sich nur unter großen Anstrengungen von der Zivilisation erobern; darum kennen wir Afrika auch heute noch weniger als Amerika und Australien, von deren Dasein keine Ahnung vorhanden war, als die Südküste des mittelländischen Meeres längst einer hohen, leider aber wieder verschwundenen Kultur zu Diensten war. Während in den Meeren der mittleren Zone längst die Wimpel flatterten und zahlreiche Segel, die allerdings nur Küstenfahrzeugen angehörten, sich im Wind blähten, lag der dritte Teil der Alten Welt als mythenhafter Koloß zwischen dem Atlantischen und Indischen Ozean, und nur spärlich ertönt die Kunde, daß ein kühner Schiffer eine verwegene Fahrt längs seiner Gestade versucht habe.
    Daß bereits im Altertum das Südkap von geschichtlichen Völkern gekannt und umfahren worden sei, ist teils lose Vermutung, teils Sage. So glaubte z.B. Kant, nach Buch 1 der Könige, Kap. 22 annehmen zu können, daß zur Zeit des indischen Königs Josaphat die Seereisen vom Arabischen Meerbusen aus um das Kap nach Spanien etwas Gewöhnliches gewesen seien, und Herodot erzählt, daß Karthager, welche von dem ägyptischen König Necho gesendet waren, um 610 vor Christus denselben Weg zurückgelegt hätten. Übrigens galt schon ein weiteres Vordringen an der Westküste Afrikas, wie die Fahrt des Karthaginiensers Hanno um 500 vor Christus, obgleich dieselbe doch höchstens bis Guinea ging, für eine Umschiffung dieses Erdteiles. Daß später der Kyzikener Eudoxos von Gades aus eine Reise um das Kap in den Arabischen Meerbusen gemacht habe, ist eine Erdichtung.
    Es scheint sicher zu sein, daß bis gegen das Ende des 15. Jahrhunderts von Norden aus niemand an und um das Kap gekommen sei. König Johann von Portugal sandte ein kleines Geschwader unter Bartholomäus Diaz aus; dieses umsegelte 1487 auch wirklich das Kap; weiter vorzudringen hinderte jedoch den kühnen Mann eine unter seinen Leuten ausgebrochene Meuterei. Wegen der schrecklichen Stürme, welche er an dem Vorgebirge auszustehen hatte, nannte er dasselbe Cabo tormentoso (stürmisches Vorgebirge). König Johann aber änderte diesen Namen in ‚Kap der Guten Hoffnung‘ um, da er nun nicht mehr zweifelte, den Seeweg in das Wunderland Indien gefunden zu haben. Sein Nachfolger, König Immanuel, schickte eine Flottille von vier Schiffen unter Vasco da Gama aus, um den aufgefundenen Weg weiter zu verfolgen, welche Aufgabe dieser berühmte Mann auch wirklich löste. Doch war es den Portugiesen nur um den Weg nach Indien zu tun; um die Südspitze Afrikas kümmerten sie sich nicht.
    Erst die Holländer besetzten dieses Land 1600 durch den Seekapitän Van Kisboek und beschlossen, es zu kolonisieren. Die niederländischen Einwanderer, Boers genannt, warfen die Hottentotten zurück, drangen nach und nach bis zu den Kaffern vor und rangen auch diesen eine Strecke Landes nach der anderen ab. Die Ansiedlung wuchs und erregte den Neid der Engländer, welche durch Anwendung aller Mittel die Holländer zu verdrängen suchten und auch nicht eher ruhten, als bis sie 1714 im Pariser Frieden das Land abgetreten bekamen. Dies zog eine Zufuhr englischer Kolonisten nach sich, welche die holländischen Boers in jeder Weise beeinträchtigten, und es entstand zwischen beiden eine Feindseligkeit, die in den Kämpfen der Kolonie mit den Eingeborenen eine sehr bedeutende Rolle spielt.
    Während die Eingeborenen des Kaplandes dem Europäer bisher als unbefähigte Horden galten, hat der jetzt noch wütende Kampf zwischen den Engländern und Kaffern bewiesen, daß die letzteren keineswegs zu verachtende Gegner seien; und wenn wir auch annehmen müssen, daß sie wie die Indianer Amerikas an dem grausamen Gesetz zugrunde gehen werden, welches dem Kaukasier die Aufgabe erteilt zu haben scheint, an dem Untergange seiner farbigen Brüder zu arbeiten, so steht zu vermuten, daß der
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