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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden
Autoren: Karl May
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du zwei Stück von diesen hundertzwölf! Ich bin sehr dankbar, und du hast sie verdient!“
    Ich schob lachend seine Hand mit den zwei Talern zurück.
    „Behalte sie! Ich nehme sie nicht.“
    „Oh, Härra, wie gütig bist du! Laß uns nach Hause eilen! Ich muß Mutter Snjära erzählen, wie glücklich ich bin! Aber wo ist der Knecht?“
    „Dort!“
    Ich deutete nach dem Schlitten, welcher nur noch ein Punkt auf dem fernen Schnee bildete.
    „Entflohen!“ riefen sie alle.
    „Laßt ihn!“ bat ich. „Er mag sich in der Ferne einen anderen Herrn suchen. Aber du hast recht; wir müssen eilen, denn Mutter Snjära weiß gar nicht, wo wir uns befinden.“
    Aber der Abschied ging denn doch nicht so schnell von statten, da wir erst noch einen kleinen Imbiß und einen Juckastaka (Schluck Branntwein) nehmen mußten. Erst als dies geschehen und das Abenteuer noch ausführlich besprochen worden war, traten wir mit unseren Schneeschuhen den Rückweg wieder an.
    Wer fest in den Knien ist, dem fällt der Schneeschuhlauf nicht schwer, und Vater Pent flog jetzt bedeutend leichter hin als vorher, wo er kein schweres Silber zu tragen hatte. In zwei Stunden erreichten wir die Hütte, deren Bewohner bereits begonnen hatten, sich um uns zu sorgen.
    Als wir beim Bärenfleisch um das Feuer saßen, erzählte er das ganze Ereignis. Die Folge seiner Darstellung war ein stürmisches Lob, welches mir von allen Seiten entgegengebracht wurde. Onkel Satte und der junge Neete reichten mir dankbar die Hand; Kakke Keira und Anda nickten mir freundlich-demütig zu; die schöne Marja aber lächelte so zauberisch fett, daß ihr Gesicht einem geschälten Schinken glich, der aus der Sauce kommt. Und die alte gute Mutter Snjära –? O weh! Sie wandte sich an ihren Eheherrn in süßem Tone:
    „Attje, to mon etsap – Vater, ich liebe ihn!“ Und dann wandte sie sich zu mir: „Tjalmit tappo; to mon kalkap tjulestet – mach die Augen zu; ich werde dich küssen!“
    Sie warf sich mit einer Vehemenz auf mich, als wolle sie mich ‚karket‘ (erwürgen, erdrosseln) anstatt ‚tjulest‘ (küssen), und dieser einzige ‚Tjulastak‘ (Kuß), den ich aus Lappland mit nach Hause gebracht habe, hatte ganz genau denselben Tonfall und dieselbe hydrodynamische Mächtigkeit, als wenn man Wasser aus einer Wärmeflasche laufen läßt. Ich gestehe, daß ich noch anderes zumachte als nur die Augen.
    Vater Pent sah schmunzelnd zu und langte dann in eine seiner großen Taschen, aus welcher er den ‚Talisman‘ hervorzog, den er in der Hütte des Nachbarn dem Knecht abgenommen hatte, ehe wir uns nach dem Hörnerzaun begaben. Er warf ihn wirklich in das Feuer und meinte dabei:
    „Härra, hier tue ich, was ich dir gelobt habe. Du hast mir bewiesen, daß dieses Saiwa tjalem kein heiliges Schreiben ist; das Feuer mag es fressen. Du aber bleibe bei uns, so lange es dir gefällt, denn wir haben dich lieb und du bist so klug und freundlich, als ob du unser Sohn und Bruder seist – mon kalkap wuortnot – ich werde es beschwören!“
    Das Feuer verzehrte die Zeilen des unbekannten ‚Spaßvogels‘. Die Manen Heines aber werden es verzeihen, daß Vater Pent diese Verse nicht länger als ‚Saiwa tjalem‘ auf dem Herzen trug. –

Der Boer van het Roer
    Wie eine riesige Sphinx, deren Rätsel seit Jahrtausenden ihrer Lösung harren, liegt an der südlichen Spitze der Alten Welt und bespült von zwei mächtigen Ozeanen die an Gegensätzen ebenso wie an Geheimnissen reiche Ländermasse von Afrika. Hunderttausende von Quadratmeilen dürsten hier unter dem Fluch der Unfruchtbarkeit oder bilden weite Steppenplateaus, deren spärliche Vegetation nur in der feuchten Jahreszeit dem Springbock und den ihm verwandten Arten ein Dasein gestattet. Unzählige Bäche und Wadis stürzen im Frühjahr donnernd und schäumend zu Tal, um schon nach kurzem Lauf im dürren Sand zu versiegen und ihren Lauf mit wüstem Geröll und Steingetrümmer zu bezeichnen; und wo die Gesittung es wagt, den kühnen Fuß auf den widerstrebenden Boden zu setzen, da muß sie sich zum Kampf mit Gewalten rüsten, welche über Tod und Verderben gebieten. Und hart neben diesen sterilen Strecken schafft eine riesige Natur die gigantischsten pflanzlichen und tierischen Erscheinungen des Erdballs. Während die Wüstenglut selbst den Keim des kleinsten Gräschens im brennenden Sand weit davon die Massen der ‚heimatlosen Fanna‘ auf den Wassern des Sees; dichte Talebwälder strecken ihre Palmenkronen zum Himmel
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