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3 Weihnachtsgeschichten - Erst ich ein Stück, dann du

3 Weihnachtsgeschichten - Erst ich ein Stück, dann du

Titel: 3 Weihnachtsgeschichten - Erst ich ein Stück, dann du
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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alles!“, sagt Tina. „Ich will lieber gar keinen Baum als so einen. Er riecht wie Plastik und sieht auch so aus.“

    Mama und Papa seufzen.
Eigentlich hat Tina ja recht.
     
    Der Einkaufswagen füllt sich mit Obst, Salat und Gemüse, mit Milch und Joghurt, mit Graubrot und Weißbrot und dann noch mit Sachen, die Tina ziemlich ekelhaft findet – zum Beispiel Krabben und glitschigen Fisch.
    Papa freut sich bereits aufs Abendbrot. Mama sagt, dass sie den Kerzenleuchter auf den Tisch stellen wird. Tina denkt an den Weihnachtsbaum. Sie vermisst ihn schon jetzt.
    Sie fragt: „Singen wir eigentlich auch?“

    „Na klar!“, sagt Mama. „Und ich spiele Klavier. Warum sollen wir denn nicht singen?“
    „Weil wir keinen Tannenbaum haben“, antwortet Tina. „Wie sollen wir da Oh Tannenbaum singen?“
    „ Stille Nacht können wir singen“, sagt Papa. „ Ihr Kinderlein kommet genauso!“
    „Das ist nicht dasselbe!“, behauptet Tina. „Bestimmt wird Weihnachten diesmal ganz anders als sonst.“
    „Aber trotzdem schön und gemütlich“, sagt Mama.
    „Und festlich auch!“
    Tina runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf.
     
    Zu Hause packen Mama und Papa
die Einkäufe aus.
Tina geht wieder auf den Balkon.
Es schneit ein bisschen.
Aber das ist ihr egal.
     
    Ob Kellermanns ihren Tannenbaum schon in die Wohnung geholt haben? Tina blickt auf den Balkon nebenan. Nein, der Baum lehnt immer noch in der Ecke. Und neben dem Baum steht Dominik.
    „Hallo Tina“, sagt er. „Freust du dich auch schon auf heute Abend?“

    „Doch, ja“, antwortet Tina gedehnt. Sie streckt ihre Hand aus und fängt ein paar Schneeflocken. „Hast du gesehen? Es schneit.“
    Dominik macht es ihr nach. „Vielleicht kriegen wir Weiße Weihnachten. Das wäre doch toll!“
    Eigentlich macht Dominik Tina nie etwas nach. Er ist ein Jahr älter als sie und geht schon in die dritte Klasse. Sie spielen nur noch selten zusammen.

     
    „Weiße Weihnachten ist mir egal“,
behauptet Tina patzig.
„Eigentlich ist mir Weihnachten
sowieso ziemlich egal.“
Was redet sie denn da?
Sie wundert sich über sich selbst.
     
    Dominik wundert sich anscheinend auch. „Aber Weihnachten ist doch das schönste Fest überhaupt“, sagt er. „Findest du nicht?“
    Tina zuckt bloß die Achseln.
    „Ich mag alles an Weihnachten“, erklärt Dominik. „Dass man zuerst warten muss und sehr neugierig ist, dass man Lieder singt und Geschenke kriegt. Und am meisten mag ich den Tannenbaum.“

    Tina fängt wieder Schneeflocken.
    „Habt ihr echte Kerzen?“, will Dominik wissen. „Oder elektrische?“
    „Wir haben gar keine Kerzen“, antwortet Tina. „Und wir haben auch keinen Tannenbaum.“
    „Nicht?“, fragt Dominik überrascht. „Warum denn nicht?“
     
    Eigentlich müsste Tina nun sagen,
dass sich Papa zu spät
nach einem Baum umgeschaut hat
und dass sie deshalb sehr traurig ist.
Aber die Wahrheit kommt ihr nicht
über die Lippen.

    „Wir finden Tannenbäume eben total blöd“, erklärt sie stattdessen. „Seine Geschenke kann man auch bei Lampenlicht auspacken. Ich habe mir übrigens eine neue Barbie gewünscht. Und die kriege ich auch.“
    Dominik schweigt einen Augenblick. Dann sagt er: „Ich weiß noch nicht, was ich kriege. Ich weiß nur, wie unser Tannenbaum aussieht. Der steht ja hier schon seit zehn Tagen auf dem Balkon. Hast du ihn gesehen?“
    „Ich bin ja nicht blind“, antwortet Tina. „Das riesige Teil passt bestimmt nicht in eure Wohnung. Von dem muss dein Papa todsicher die Hälfte absägen.“
    „Mein Papa“, sagt Dominik und seine Stimme klingt plötzlich ganz fremd, „mein Papa ist dieses Jahr gar nicht da.“
     
    Tina wirft einen scheuen Blick
nach nebenan.
Jetzt erinnert sie sich.
Dominiks Papa wohnt
seit dem Sommer irgendwo anders.

    Dominik dreht sich um. Anscheinend will er zurück in die Wohnung.
    „Warte doch mal!“, ruft Tina ihm nach. „Wenn dein Papa nicht da ist, schmückt deine Mama dann euren Baum ganz allein?“
    „Na klar“, antwortet Dominik, „sie hat gesagt, dass sie sich schon darauf freut. „Sie ist gerade im Keller und holt den Schmuck rauf.“
    „Wir haben unseren Schmuck gestern schon raufgeholt“, erklärt Tina.
    „Wozu das denn?“, fragt Dominik erstaunt. „Ich dachte, ihr hättet überhaupt keinen Baum. Wollt ihr nun doch einen?“

    Tina wird es ganz heiß.
Soll sie jetzt einfach zugeben,
dass sie sich nichts mehr wünscht
als einen Tannenbaum
mit brennenden Kerzen
und funkelndem
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