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2x Professor Manstein

2x Professor Manstein

Titel: 2x Professor Manstein
Autoren: Kurt Mahr
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erschreckt und spontan gehandelt hatte, so erwachte jetzt plötzlich sein systematischer Geist.
    „Paß auf! Ich stelle dir jetzt Fragen. Wenn du ja sagen willst, klopfst du einmal mit dem Fuß gegen das Stuhlbein, wenn du nein sagen willst, zweimal! Verstanden?“
    Barbara klopfte einmal mit dem Fuß gegen das Stuhlbein.
    „Daß ich den Knebel nicht abnehmen soll – hängt das mit dem feinen Drähtchen zusammen?“
    Einmal Klopfen.
    „Passiert etwas, wenn ich es berühre?“
    Zweimal Klopfen.
    „Wenn ich es verschiebe?“
    Zweimal Klopfen.
    „Wenn ich es zerreiße?“
    Einmal Klopfen – also ja.
    Manstein dachte nach. Ein kleiner dünner Draht konnte beim Zerreißen logischerweise nur dann Schaden anrichten, wenn er Strom führte und durch die Unterbrechung des Stromes irgendein Mechanismus ausgelöst wurde. Er mußte sich also hüten, etwas zu tun, was den Strom unterbrach. Aber das war leichter gesagt als getan.
    Manstein untersuchte den Stoffstreifen, von dem der Knebel festgehalten wurde, ein drittes Mal. Er fand schließlich die Stelle, an der der Draht über die Stuhllehne hinunter zum Boden lief. Der Draht war so dünn und in seiner Farbe dem Holz des Stuhles so ähnlich, daß Manstein ihn auf bloßen Verdacht hin niemals gefunden hätte. Er lief weiter über den Teppich und in eine der Schreibtischtüren hinein. Manstein öffnete sie vorsichtig.
    Der Unbekannte, der so sehr darauf bedacht war, ihm Schaden zuzufügen, hatte sich sogar die Mühe gemacht, das, was er in den Schreibtisch hineinsteckte, so zu verbergen, daß es auf den ersten Blick hinter Papieren, Akten und Ordner nicht zu sehen war. Manstein räumte alle Hindernisse vorsichtig aus dem Wege. Dahinter kam ein kleiner Metallkasten zum Vorschein. Der Professor sah, daß der Draht darin verschwand, und glaubte, daß er das Gerät ohne Risiko herausnehmen könne. Er tat das und fand, daß es einen beweglichen Deckel hatte. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Draht mit diesem Deckel nichts zu tun haben könne, klappte er ihn auf.
    Die Schaltung, die der Kasten enthielt, war eine Meisterleistung der Feinwerktechnik. Dennoch brauchte Manstein nur fünf Minuten, um sie zu durchschauen. Sie enthielt im Nebenschluß einen Kondensator so geringer Kapazität, daß beim Unterbrechen des Stromes im Hauptkreis durch Zerreißen des Drahtes ohne Zweifel ein Funken übergeschlagen wäre. Der Strom, den dieser Funke darstellte, hätte sicherlich ausgereicht, den Zünder auszulösen, der sich an der Oberfläche eines grauen Pappkartons befand, den der Unbekannte in den Metallkasten hineingestopft hatte. Nach einigem Zögern entschloß sich Manstein dazu, die Untersuchung des Pappkartons lieber der Polizei zu überlassen.
    Unendlich behutsam nahm Manstein den Nebenschlußkondensator aus dem Kasten heraus und zerriß ihn dann mit wütender Gebärde. Aufatmend stand er auf und drückte die Knie ein paarmal durch. Dann ging er zu Barbara hinüber, befreite sie und trug sie hinüber auf die Couch.
    Sie schluchzte. Manstein strich ihr ein paarmal über das Haar und sagte:
    „Jetzt beruhige dich erst einmal! Ich werde dir einen Cognac bringen!“
    Barbara trank den Cognac gehorsam, obwohl sie ihn sonst verabscheute.
    „Und jetzt, mein Kind, erzähle mal, was los war! Noch was anderes: Sind die Kinder in der Schule?“
    Barbara nickte. Ihre ersten Worte kamen stockend. Je weiter sie jedoch in ihrem Bericht gelangte, desto fließender sprach sie.
    „Um halb neun schickte ich die Kinder aus dem Haus. Dann fing ich an, das Geschirr von gestern abend aufzuwaschen. Kurz vor neun schellte es. Ich öffnete die Tür. Draußen standen zwei Männer in Monteuranzügen und gaben an, sie müßten das Telefon nachsehen. Ich hatte sie kaum hereingelassen, als sie über mich herfielen. Natürlich wehrte ich mich und fing an zu schreien; aber hier hört einen ja keiner weit und breit. Sie setzten mich auf den Stuhl, banden mich daran fest und legten mir dann kunstvoll den Knebel an. Die Zeit, die sie dazu brauchten, benutzten sie, um mich eingehend über das aufzuklären, was dir bevorstehe. Ich wußte genau, daß die ganze Wohnung in die Luft fliegen würde in dem Augenblick, in dem du den Knebel entferntest und damit den Draht zerrissest. Du kannst dir nicht vorstellen …“
    Manstein unterbrach sie.
    „Haben sie gesagt, weswegen sie das taten?“
    Barbara schüttelte den Kopf.
    „Nichts Bestimmtes! Sie machten nur ein einziges Mal eine Andeutung, du seiest ihnen zu
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