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2x Professor Manstein

2x Professor Manstein

Titel: 2x Professor Manstein
Autoren: Kurt Mahr
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erinnere mich wirklich nicht mehr!“ sagte er leise.
    „Aber Sie waren doch derjenige, der ihm geraten hat, sich einen Rausch anzutrinken und die Sache zu vergessen! Er hat das auch getan – und er hat es offensichtlich so gründlich vergessen, daß er vorgestern wieder den gleichen Mist machte!“
    Walter begann wieder zu lachen; aber er wurde still, als er Mansteins nachdenkliches Gesicht sah.
    „Entschuldigen Sie, Walter, aber ich erinnere mich wirklich nicht mehr daran! Ich denke, ich empfehle mich jetzt am besten! Offenbar wird es mir guttun, wenn ich heute ein paar Stunden früher ins Bett komme!“
     
    *                     *
    *
     
    Manstein war noch nicht ganz vierzig Jahre alt und zählte daher noch zur jüngeren Generation seiner Zeit. Nichtsdestoweniger war er ein vorbildlicher Familienvater.
    An diesem Tag drängte es ihn jedoch nicht dazu, nach Hause zu fahren. Er lief ein paar Stunden ziellos in der Stadt herum, in dem Bemühen, seine Gedanken in Ordnung zu bringen. Erst spät am Abend, nachdem er eingesehen hatte, daß ihm heute nichts Derartiges mehr gelingen würde, nahm er einen Zug nach Darmstadt.
    Als er nach Hause kam, waren die Kinder längst im Bett. Sein Frau sah ihn fragend an, sagte aber nichts.
    „Kann ich noch etwas Essen haben?“ fragte er.
    Barbara nickte.
    „Mach’s dir bequem – ich bring’ dir etwas!“
    Er zog Mantel, Jacke und Schuhe aus und setzte sich in seinen Ledersessel.
    Nach ein paar Minuten brachte Barbara ihm belegte Brote. Sie blieb eine Weile vor ihm stehen und sah ihn nachdenklich an.
    „Ist es etwas sehr Schlimmes?“
    Er schüttelte langsam den Kopf.
    „Nein, eher etwas Komisches!“
    „Würde es dir etwas helfen, wenn du es mir sagtest?“
    „Lieber nicht! Ich muß es erst selber einmal durchdenken! Ich verspreche dir jedoch, daß es nichts Ernsthaftes ist. Es hat weder mit unserer Familie, noch mit sonst etwas Wichtigem zu tun.“
    „Bist du krank?“
    „So könnte man es nennen!“
    Sie hatten es ihre ganze Ehe hindurch so gehalten. Es gab Dinge, mit denen der einzelne erst für sich fertig werden mußte, bevor er den anderen damit belastete. Manstein schien dies nun ein solcher Fall zu sein. Außerdem spielte auch die Befürchtung eine Rolle, seine Frau könne ihn für übergeschnappt oder nervenkrank halten.
    In dieser Nacht schlief Manstein nicht sonderlich gut. Er stand am frühen Morgen wie üblich auf, um zur Hochschule zu gehen. Im Badezimmer brauchte er eine Weile, um sich darüber klar zu werden, ob es heute Sonnabend oder Sonntag sei. Er fragte Barbara.
    „Natürlich ist heute Sonnabend, Liebling!“ rief sie aus der Küche herüber.
    Manstein schüttelte den Kopf. Dies war also keine Sache, die sich am nächsten Tag von selbst erledigt hätte.
    Während er sich den Oberkörper frottierte, fiel ihm ein, daß er die Tube Zahncreme noch in seiner Manteltasche stecken hatte. Er warf sich einen Bademantel über und ging hinaus, um sie zu holen. Als er den Verschluß aufschraubte, sah er, daß auf der Glasplatte unter dem Spiegel eine fast neue Tube der gleichen Zahnpasta lag.
    „Barbara, hast du mir die Zahnpasta mitgebracht?“ rief er.
    „Nein! Du hast sie doch selbst vor drei Tagen gekauft!“
    Mit der Zahncreme-Tube in der Hand lief Manstein zum Telefon. Er rief seinen Hauptassistenten an.
    „Giller, ich komme heute nicht ins Institut! Ich fühle mich krank; wahrscheinlich werde ich zum Arzt gehen! Tun Sie, was zu tun ist – alles andere lassen Sie bis Montag liegen!“
    Seine Frau kam herein.
    „Was ist los?“
    „Ich gehe zum Arzt!“
    „Hast du Schmerzen?“
    „Nein! Es ist etwas anderes!“
    Sie begnügte sich mit dieser Antwort. Manstein zog sich hastig an und ging aus dem Haus.
    Auf dem Weg zum Nervenarzt hatte er noch einmal Gelegenheit, gründlich über alles nachzudenken, was ihm seit gestern mittag zugestoßen war. Er erinnerte sich deutlich daran, daß er gestern morgen keine Vorlesung gehalten hatte. Da er jedoch an jedem Tag – ausgenommen Sonnabend – eine Vorlesung zu halten hatte, mußte gestern – zumindest morgens, so fügte er sich selbst bespöttelnd hinzu – Sonnabend gewesen sein.
    Er zog den Brief aus der Tasche, den Walter ihm geschickt hatte. Walters Bitte war eindeutig so formuliert, daß er am Freitag, den 4. Februar, nachmittags um 15 Uhr, einen Fachvortrag halten solle. Manstein wäre bereit gewesen, zu wetten, daß auf der Einladung, die er gestern morgen vor Abfahrt des Zuges
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