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298 - Beim Ursprung

298 - Beim Ursprung

Titel: 298 - Beim Ursprung
Autoren: Jo Zybell
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fliegt. Und das hier ist die Großausgabe.« Er zog ein Tuch weg - der gleiche Hubschrauber wurde sichtbar, doch ungefähr einen Meter lang. »Der berühmt-berüchtigte AH-64«, verkündete Meinhart stolz. »Zu seiner Zeit nannte man ihn auch ›Apache‹.«
    »Alle Achtung.« Jetzt glänzten auch Xijs Augen.
    »Und hier ist meine neue Funkkonsole.« Meinhart hob ein Geflecht von Kabeln und Walkie-talkies hoch und klopfte auf einen grauen Kasten. »Reicht fast hundert Kilometer weit.«
    Er ging zum nächsten Tisch und zog dabei ein schwarzes Röllchen aus der Manteltasche. Tabak. Auf der Tischplatte ragte eine konusförmige Box aus unzähligen Schrauben, Platinen, Drähten und Werkzeugen hervor. »Der Prototyp eines Schallwellenkonverters.« Meinhart zündete sich den Tabakstumpen an und tätschelte zärtlich die schwarze Box. »Damit will ich Energie aus Schallwellen gewinnen - aus Vogelgezwitscher, Husten und Schnarchen und so weiter. Nächste Woche geht's in den ersten Testlauf, Leute. Wenn ihr Lust habt - ihr seid eingeladen.«
    Als Nächstes hob er eine riesige Glaskugel an. »Und damit fange ich Mücken und Fliegen.« Auf halber Höhe des Kugelinneren verliefen einige haarfeine Drähte zwischen in das Glas eingelassenen Metallknöpfen. Von denen wiederum führten Kabel zu einem kleinen Schaltpult außerhalb der Glaskugel. Unter den Drähten lagen unzählige Insekten. »Mit dem Pult erzeuge ich Schwingungen, denen die kleinen Bestien einfach nicht widerstehen können.«
    So führte er ihnen etliche selbst kreierte Absonderlichkeiten vor, an denen er arbeitete oder die beinahe vollendet auf letzte Handgriffe und Testläufe warteten. Rulfan war sprachlos vor Staunen, und selbst in Xijs Zügen spiegelte sich etwas wie Bewunderung.
    Was Rulfan geahnt hatte, seit der fettleibige Rasputin aus seiner Spinnenkugel geklettert war, begriff nach und nach nun auch sie: Sie hatten es hier mit keinem durchschnittlichen Tekknikliebhaber zu tun, auch nicht einfach nur mit dem nostalgischen Gemüt eines Retrologen - sie waren in die Tüftlerwerkstatt eines genialen Erfinders geraten.
    Ein Hort des Wissens , dachte Rulfan. Eine Oase des Fortschritts. Diese Begriffe beschäftigten ihn, seit sie Agartha verlassen hatten. Er träumte davon, einen Ort zu erschaffen, der Agartha ähnelte: ein Zentrum der Forschung inmitten einer barbarischen Welt.
    Aufmerksam betrachtete er den massigen Retrologen, und je länger er ihn ansah, desto klarere Umrisse bekam sein Traum.
    Du bist mein Mann , dachte Rulfan und erschrak fast vor seinem eigenen Gedanken. Du kommst mit mir nach Schottland, Steintrieb. Irgendwie werde ich es schaffen, dich dorthin zu bringen. Dich, dein geniales Hirn und deine Wunderwerke.
    Doch vorerst würde er den Anderen gegenüber kein Wort darüber verlauten lassen. Alles noch Zukunftsmusik. Erst einmal mussten sie das Problem im Dorf der Ex-Versteinerten lösen.
    Plötzlich stieß Xij einen Schmerzensschrei aus und riss Rulfan aus seinen Gedanken. Sie hielt sich den Kopf, lehnte gegen eine Wand und rutschte an ihr entlang zu Boden. Dort zog sie die Beine an und legte die Stirn auf die Knie.
    »Eine Kopfschmerzattacke«, erklärte Rulfan dem besorgten Retrologen. »Das hat sie öfter in letzter Zeit.« Xij hob den Kopf - ihre Nase blutete. Sie stieß einen Fluch aus.
    Meinhart Steintrieb lief zu einem Wandschrank und kehrte mit Medizin, Trinkwasser und Verbandstamponade zurück. »Nimm das hier, Mädel.« Er gab Xij eine Kapsel. Sie betrachtete das braune Ding misstrauisch. »Selbstgemacht«, erklärte Meinhart in einem Tonfall, als wäre allein das schon ein Qualitätsnachweis. »Entkrampft die Hirngefäße, kurbelt die Produktion der Botenstoffe an. Echt der Wahnsinn, wie das wirkt.« Er reichte ihr die Wasserflasche. Xij spülte die Kapsel herunter.
    Danach tamponierte er ihre blutende Nase. Rulfan beobachtete ihn und Xij. Den Retrologen voller Bewunderung, weil er offenbar in jeder Situation einen kühlen Kopf bewahrte und Rat wusste; und Xij, weil ihr Krankheitsbild sich zu verschlimmern schien. Rulfan begann zu ahnen, dass die junge Frau ernsthafter erkrankt war, als er bisher geglaubt hatte. Er machte sich Sorgen.
    »Was du nun ernsthaft brauchst, Mädel, ist Ruhe«, sagte Meinhart.
    »Nix da ›Ruhe‹.« Xij erhob sich. »Wir sind mit unseren Gefährten verabredet. Bei Sonnenaufgang müssen wir auf der Hügelkette vor dem Dorf sein.«
    »An einen Marsch solltest du nicht einmal denken, Mädel.«
    »Ich muss nicht
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