2944 - Rache ist ein seltsames Spiel (German Edition)

beschatten lässt«, sagte ich zu Phil. »Aber in einer Hinsicht liegt der Bruder des Killers sogar richtig.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja, Phil. Denn er ist gewiss nicht der Einzige, den sich Laura Darro durch ihr Profiling zum Feind gemacht hat.«
    ***
    Ich rief sofort den Assistant Director an. Mr High veranlasste, dass Ron Tatum durch unsere Kollegen June Clark und Blair Duvall observiert werden sollte.
    Wenig später traf der Dodge Nitro ein, den unser afroamerikanischer Kollege als Dienstwagen benutzte. Phil und ich hatten uns in sicherer Entfernung von der kleinen Demonstration vor dem Gerichtsgebäude platziert. Ron Tatum konnte uns dort unmöglich entdecken.
    Ich reichte June ein Fernglas und zeigte ihr den Verdächtigen.
    »Der Name ist Ron Tatum, Jerry? Und er soll Laura Darro gekidnappt haben?«
    »Zumindest steht er unter dringendem Verdacht. Doch für eine Verhaftung reichen die Fakten nicht. Außerdem müssen wir damit rechnen, dass er noch Komplizen hat.«
    »Wir werden den Knaben nicht aus den Augen lassen«, knurrte Blair. »Und wenn er Laura auch nur ein Haar gekrümmt hat, dann kann er sich warm anziehen.«
    Ich klopfte Blair Duvall auf die Schulter.
    »Wir bleiben per Handy in Verbindung, sobald sich etwas Verdächtiges tut. Phil und ich werden inzwischen anderen möglichen Spuren nachgehen.«
    Ein abschließender Bericht der Scientific Research Division stand noch aus, aber Sorgfalt erfordert eben Zeit. Die verschiedenen Fingerabdrücke aus Lauras Apartment mussten beispielsweise mit unseren Datenbanken abgeglichen werden.
    Phil und ich kehrten ins Field Office zurück und nahmen uns die Akten vor, die unsere verschwundene Kollegin in den letzten Monaten bearbeitet hatte. Laura Darro war fleißig gewesen und hatte so manches Täterprofil erstellt.
    Plötzlich kam Sarah Hunter in unser Büro.
    »Die Aussagen der Wachleute sind unter Dach und Fach«, sagte sie. »Aber wichtiger dürfte für euch sein, was ich über das Privatleben von Laura Darro in Erfahrung gebracht habe. Sie hat gegenüber einigen Kolleginnen einmal angedeutet, dass sie von ihrer großen Liebe enttäuscht wurde. Aber zu diesem Mann hat sie keinen Kontakt mehr.«
    »Könnte er etwas mit der Entführung zu tun haben?«
    »Unwahrscheinlich, Jerry. Ich habe seine Daten schon gecheckt. Er ist glücklich verheiratet und hat einen festen Job bei der Stadtverwaltung. Verbindung zum kriminellen Milieu gibt es nicht. Es gibt kein Motiv für ihn, plötzlich seine Ex-Freundin zu kidnappen. Außerdem ist er kein ausgewiesener Computerexperte.«
    »Und eine neue Liebe ist nicht in Sicht?«
    Sarah Hunter beantwortete meine Frage mit einem Kopfschütteln.
    »Davon weiß ich nichts, aber sie kann es natürlich auch geheim gehalten haben. Seit ungefähr einem Jahr ist Laura Darro Single. Und dass sie allein lebt, wisst ihr ja sowieso.«
    Ich nickte.
    »Es ist allerdings auch möglich, dass sich ein Mann mit üblen Absichten an sie herangemacht hat, um ihr eine Falle zu stellen. Aber das ist pure Spekulation. Falls sie sich wirklich neu verliebt hat, finden die SRD-Kollegen womöglich Hinweise darauf in ihrem Apartment.«
    Sarah Hunter machte eine bejahende Bewegung.
    »In der Telefonzentrale ist bisher noch kein Bekenneranruf eingegangen. Das spricht eigentlich gegen einen terroristischen Hintergrund. Falls ihr meine Hilfe noch einmal braucht, lasst es mich wissen.«
    Unsere dunkelhaarige Kollegin verschwand, und wir konzentrierten uns wieder auf die von Laura Darro geschriebenen Täterprofile. Nach einer Weile blieb ich an dem Namen Travis Young hängen.
    »Hör dir das an, Phil. Travis Young wurde vor fünf Monaten wegen Verdachts auf Zuhälterei und Menschenhandel angeklagt. Das FBI hatte gegen ihn ermittelt, weil Young seine Machenschaften auch auf New Jersey ausgeweitet hatte. Laura Darro erstellte damals ein Täterprofil, das maßgeblich zu seiner Verhaftung beitrug. Unsere Kollegin sagte auch im Prozess gegen ihn aus. Leider fand die Jury unsere Indizien nicht stichhaltig genug und sprach Young frei. Er soll noch im Gerichtssaal Drohungen gegen Laura Darro ausgestoßen haben.«
    Phil runzelte die Stirn.
    »Und Young wurde trotzdem nicht hinter Gitter gebracht?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein, aber der Richter verhängte ein Ordnungsgeld gegen ihn. Außerdem erging ein Beschluss, dass Young unserer Kollegin nur bis auf eine Distanz von 50 Yards nahe kommen darf.«
    »Davon wird sich ein skrupelloser Menschenhändler wohl kaum