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290 - In den Gärten von Sha'mar

290 - In den Gärten von Sha'mar

Titel: 290 - In den Gärten von Sha'mar
Autoren: Michael M. Thurner
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heutzutage auf der Erde.
    »… wir sind stets Oguul gefolgt«, sagte Rishi soeben. »Der Glaube an ihn hat uns durch die Zeitenläufe geführt. Es gibt nicht viele Dörfer, deren Älteste einen langen Bart wie ich und meine Freund hier tragen dürfen.« Er deutete auf die Männer und Frauen neben ihm; alte, vor sich hin mummelnde Bewohner Nohq'was, die Aruula und ihn neugierig musterten.
    »Ich habe noch nie von Oguul gehört«, sagte Matt. »Ist er ein mächtiger Gott?«
    »Er ist der Gott!«, rief der Dorfälteste mit Inbrunst. »Er duldet niemanden neben sich. Oguul alleine lenkt die Geschicke der Bewohner der Ebene, er schenkt und er nimmt Leben, er lässt gedeihen und verdorren…«
    Die Stimme Rishis wurde leiser und verlor sich in sinnentleertem Gebrabbel. Er glitt in einen Dialekt, den Matt nicht verstand.
    Er beobachtete die Alten. Sie fielen in das Gemurmel Rishis ein und neigten dabei ihre Häupter immer wieder in dieselbe Richtung. Sie wippten mit ihren Körpern, schnippten mit den Fingern, zeichneten seltsame Bilder in die Luft.
    Matt sah Aruula an. Verstand sie, was hier geschah?
    Sie beugte sich ihm zu und flüsterte leise: »Ziemlich wirre Gedanken. Mir scheint, dass sie kein richtiges Bild von diesem Oguul haben. Ich sehe viel Grün. Gesang. Getrommel. Spiele. Freude. Doch alles zusammen ergibt nur wenig Sinn.«
    »Spürst du Gefahr?«, hakte Matt nach.
    »Nein. Jedenfalls denken sie nicht daran, uns etwas anzutun.«
    Matt sah sich um. Kinder tollten ausgelassen zwischen den Hütten, Frauen in wallenden bunten Gewändern unterhielten sich am Ziehbrunnen in unmittelbarer Nähe. Immer wieder glitten neugierige Blicke zu ihnen her. Nicht nur Aruula galt das Interesse, sondern auch ihm.
    Rishi schreckte aus seiner Litanei hoch, als erwache er abrupt aus tiefem Schlaf. »Es wird ein Fest zu euren Ehren geben«, sagte er, »heute Nacht. Ihr werdet die ganz besondere Gastfreundschaft der Nohq'was kennen lernen.«
    »Das ehrt uns«, sagte Matt vorsichtig. Auch die Zirkustreibenden vor zwei Wochen hatten sie zu einem Fest geladen - mit bösen Hintergedanken. Aber hier schienen sie nicht in Gefahr zu sein. »Wir sind aber auch gekommen, um Handel zu treiben. Wir benötigen Lebensmittel.«
    »Ah, der Handel.« Die Augen des Alten blitzten, als würde ihn schon die Aussicht auf ein gutes Geschäft um Jahre verjüngen. »Wir werden die Gespräche mit Sonnenuntergang beginnen. Ihr führt wertvolle Waren mit euch?«
    Matt deutete auf den Rucksack, den er neben sich abgelegt hatte. »Wir haben sicherlich einiges bei uns, das ihr im Dorf gebrauchen könnt«, sagte er vorsichtig.
    »Außerdem sind wir reich an Erfahrungen«, fügte Aruula hinzu. »Wir sind vielen anderen Kulturen begegnet und geben unser Wissen gern weiter.«
    »Solcherlei Wissen kann sehr nützlich sein.« Rishis Hände bewegten sich nervös. Er hielt zwei perlmuttbesetzte Kugeln in der Linken, die er immer wieder gegeneinander drehte. »Du verstehst es, einen alten Mann neugierig zu machen. - Doch genug jetzt! Man wird euch zu eurer Hütte begleiten. Trinkt vom Chaa und schlaft ein wenig. Die Trommeln werden euch wecken, wenn es so weit ist.«
    Matt nickte dem Weisen und den anderen Dorfbewohnern zu. Er erhob sich schwankend. In seinem Kopf brummte es, und auch Aruula, die kaum vom alkoholischen Getränk genippt hatte, zeigte Orientierungsschwierigkeiten. Dieser Chaa hatte mehr Promille als angenommen.
    Eine junge, apart wirkende Frau trat näher. Sie trug einen goldenen Nasenring an einem Kettchen, das mit beiden Ohrläppchen verbunden war. Ihr Körper war in einen bunten Sari gewickelt, dessen Ende mit einer kunstvoll gestickten Borte verziert war und nach vorne zeigte. Sie deutete Aruula und Matt, ihr zu folgen.
    »Mir ist übel«, sagte die Barbarin. »Was ist das bloß für ein Teufelszeugs, das man uns zum Trinken gegeben hat?«
    »Tee mit Alkohol. Besser gesagt: Alkohol mit Tee. Die Wirkung wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass wir uns in einer Höhe von gut und gern zweitausend Metern aufhalten.«
    Sie erreichten eine etwas abseits stehende Hütte. »Hier ruhen!«, sagte die Frau mit hoher Stimme und verneigte sich. »Drei Stunden schlafen. Dann Handel, dann Fest.«
    Matt erwiderte den Gruß mit einer Verbeugung - und wäre beinahe vornüber gestolpert. »Danke. Wie heißt du, Mädchen?«
    »Aynaa, goldener Mann«, antwortete die Frau, tat einen Schritt auf ihn zu, fuhr ihm blitzschnell durchs Haar, zerwirbelte es und eilte leise
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