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288 - Labyrinth der Guule

288 - Labyrinth der Guule

Titel: 288 - Labyrinth der Guule
Autoren: Sascha Vennemann
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dass der Junge sich anscheinend verteidigen musste, aber immer wieder von den Erwachsenen unterbrochen wurde. Schließlich gab er es auf, brüllte unartikuliert und ging zu den Hügelgräbern hinüber. Achtlos stapfte er über sie hinweg - woraufhin einige der Erdhügel aufbrachen und dreckverkrustete Kinder sich daraus hervorwühlten.
    Aruula stockte der Atem. Das waren Schlafplätze ! Sie musste in der Wohnhöhle der Guule gelandet sein.
    Aber warum sahen die Kinder- ebenso wie Berfin und Goran - nicht so aus wie Guule, sondern wie normale, wenn auch magere Menschen?
    Vorsichtig näherte sich eine Gruppe von Guul-Frauen. Sie waren unbewaffnet und sahen nicht danach aus, als wollten sie Aruula etwas antun oder sie gar bei lebendigem Leibe fressen. Sie überlegte, ob sie ihr Schwert wieder wegstecken sollte. Sie sah sich erneut in der Höhle um.
    Bis auf die Wachen vor den Türen wirkte die Szenerie friedlich, ja beinahe familiär. Nirgends spürte sie offene Feindseligkeit oder Aggressivität. Sie fasste den Entschluss, es den Guulen gleichzutun, und schob ihre Waffe zurück in die Rückenkralle.
    Die Guul-Frauen winkten Aruula zu einer der hüttenartigen Konstruktionen, die zum Teil direkt in den Fels gehauen worden waren oder die zusätzlich aus Stein und Lehm aufgemauert von der Wand abstanden. In ihrer Bauweise erinnerten sie ein wenig an die Felsbauten der Anasazi-Indianer, die sie einst mit Matt besucht hatte. [2]
    Es wurde immer offensichtlicher, dass die Guule in Familienverbänden hier zusammenlebten. Was ganz und gar nicht zu dem Bild passte, das sich Aruula - so wie der Rest der Menschheit - bislang von den Aasfressern gemacht hatte.
    Auf einer Matte vor einer der Behausungen ließen sich die Frauen nieder und bedeuteten Aruula, es ihnen gleichzutun. Die Kriegerin von den Dreizehn Inseln äugte misstrauisch zu den Wachen an den Toren hinüber, aber die machten keine Anstalten, sich um sie zu kümmern, auch wenn sie weiter von ihnen beobachtet wurde.
    Eine der Guul-Frauen verschwand in einem Wohnhütteneingang und kehrte mit einem Behältnis voller großer, schon leicht faulig riechender Fleischstücke zurück, die sie an ihre Kameradinnen verteilte - und nach kurzem Zögern auch Aruula eines gab.
    Die Kahlköpfigen machten sich an die Arbeit und schnitten mundgerechte Stücke aus dem streng duftenden Fleisch, von dem Aruula annahm, dass es zu einem größeren Tier gehört hatte, einem Kamshaa vielleicht. Dabei tuschelten die Frauen, die wie die Kinder nur in ein paar schmutzige grobe Stoffe gehüllt waren, unentwegt und kicherten ab und zu, wobei ihre Blicke auf Aruula fielen, die neben den hageren Kreaturen fast drall wirkte.
    Die Guul-Frauen warfen die Fleischwürfel in kleinere Behältnisse und riefen, sobald eine Schüssel befüllt war, einen Namen in die Höhle. Es dauerte nicht lange, und ein Kind kam vom Gräberfeld herüber, schnappte sich die Schüssel und ging dann zurück, um sich an den rohen Fleischbröckchen gütlich zu tun.
    Die Barbarin drehte unschlüssig das Messer in der Hand. Sie war überrascht, wie menschlich die Guule sich um die Kinder kümmerten. Als wären es ihre eige-
    Da fiel es Aruula wie Schuppen von den Augen.
    Natürlich waren es deren Kinder! Warum sonst sah sie keines, das den erwachsenen Guulen ähnlich sah? Weil sie ganz offensichtlich in ihren ersten Jahren ein menschliches Aussehen besaßen!
    Das bestätigte sich, als sich ein schon älterer Junge seine Fleischration abholte. Er hatte schon fast eine Glatze, keine Augenbrauen mehr, spitz zulaufende Fingernägel, und aus einer Zahnlücke schoben sich bereits neue, spitze braune Zähne.
    Offenbar verhielt es sich mit den Guulen ähnlich wie mit den Nosfera. Auch die Kinder der lichtempfindlichen Blutsäufer bildeten erst in der Pubertät die Eigenarten aus, die sie ganz zu Nosfera werden ließen. Maddrax hatte ihr erklärt, woran das lag: Die Nosfera litten an einer seltenen Krankheit, die weitervererbt wurde, in ihnen schlummerte und erst mit der Geschlechtsreife ausbrach. Bis dahin waren Nosferakinder von normalen nicht zu unterscheiden. So wie auch die Guulkinder.
    Diese neue Erkenntnis verwirrt Aruula zusätzlich. Bisher hatte sie in den Guulen wenig mehr als wilde Tiere gesehen, die sich zufällig zusammenfanden, um zu jagen und Leichen zu fressen, und keine familienorientierte Gemeinschaft.
    Aber wenn sie den Menschen so ähnlich sind, warum jagen sie uns dann?
    Es bedurfte nur einen kurzen Augenblick des
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