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287 - Meister der Lüge

287 - Meister der Lüge

Titel: 287 - Meister der Lüge
Autoren: Christian Schwarz
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Chefexekutor zog sich hastig an und begab sich im Laufschritt zum ehemaligen Fußballstadion der Glasgow Rangers, das vor dem Kometen noch »Ibrox-Park« genannt wurde und das die Reenschas zu einer uneinnehmbaren Festung ausgebaut hatten. Er ging an schwer bewaffneten Wachen vorbei, die allesamt mit automatischen Gewehren ausgerüstet waren. Sie grüßten ihn respektvoll, bestanden aber wie immer auf der Scanner-Identifizierung, die verschiedene Körpermerkmale erfasste. Welche, wusste Alastar selber nicht.
    Bereits an der zweiten Schleuse, hinter der es in die Katakomben ging, wartete eine faustdicke Überraschung auf den Chefexekutor. Ein Erleuchteter der Reenschas aus dem Inneren Kreis sah ihm entgegen! Er erkannte ihn sofort. Obwohl er über zwanzig Sommer im Dienst der Herren stand, hatte er Erleuchtete höchstens drei- oder viermal gesehen, und dann auch nur flüchtig.
    Sie sahen anders aus als die Leute aus Euree. Ihre Augen lagen hinter schmalen Schlitzen, ihre Schädel waren sorgfältig rasiert, auch bei den Frauen. Die Erleuchteten trugen lange wallende, blaue Gewänder mit dem Zeichen der Reenschas, die Männer zudem Schnurrbärte aus dünnen Haaren, die zum Teil bis auf die Brust hinunterfielen.
    »Folge mir, Alastar«, sagte der Erleuchtete mit viel zu hoher Stimme. »Die Reenschas erwarten dich zum Rapport.«
    »Zum Rapport?«, erwiderte der Chefexekutor verblüfft. »Aber da war ich erst vor vier Tagen.« Normalerweise musste er nur einmal im Monat zum Rapport.
    »Frag nicht. Komm mit.« Der Erleuchtete führte Alastar in schnellem Schritt durch die Katakomben, die mit sagenhaftem Prunk ausgestattet waren. Überall standen goldene Statuen und hauchzarte Porzellanvasen vor wunderschön gewebten riesigen Wandteppichen.
    Alastar verspürte in den letzten Jahren immer öfters Zorn beim Anblick dieser verschwenderisch ausgestatteten unterirdischen Welt. Die Reenschas besaßen märchenhafte Reichtümer. Ihn aber speisten sie im Vergleich dazu mit einigen Coiins ab, obwohl er immer wieder den Kopf für sie hinhielt. Krampfhaft versuchte er an etwas anderes zu denken, um seinen Zorn nicht offensichtlich werden zu lassen.
    Immer tiefer ging es hinab, denn die Stadtherren Glesgos, die allerdings die Macht besaßen, ganz Euree zu beherrschen, wenn sie es nur wollten, schienen das Leben unter der Grasnarbe zu bevorzugen. Je tiefer desto besser. Gleich darauf fand sich Alastar in dem kleinen Raum wieder, in dem er den Reenschas seit nunmehr sieben Jahren, denn so lange bekleidete er das Amt des Chefexekutors schon, Bericht erstattete. Alastar erstarrte schlagartig. Er hätte nicht geglaubt, dass ihn noch irgendetwas in höchste Erregung versetzen könnte. Er spürte sogar, wie ihm die plötzlich einsetzende Nervosität den Magen zusammen zog. Was ging hier vor?
    Normalerweise war der dunkel gestrichene Raum bis auf einen Stuhl völlig leer. In der gegenüberliegenden Wand gab es ein kleines Fenster, durch das sanftes goldenes Licht fiel und den Rapportraum erhellte. Zum allerersten Mal überhaupt bemerkte Alastar, dass es neben dem Fenster, vor das er sich zu setzen und einfach zu sprechen hatte, ohne dass je Gegen- oder Nachfragen erfolgte, eine Tür gab. Weil sie offen stand!
    Der Erleuchtete ging hindurch. »Folge mir«, forderte er den zögernden Alastar auf. Der Chefexekutor trat in einen wesentlich größeren Raum. In diesem strahlte das sanfte goldene Licht, das auch den Rapportraum erhellte. Es schien direkt aus den Wänden zu kommen. Auch in diesem Raum stand lediglich ein Stuhl.
    »Setz dich, Alastar«, befahl der Erleuchtete . »Und bewege dich nicht, egal was auch passiert. Dir wird nun die äußerst seltene Ehre zuteil, Meister Chan kennen zu lernen. Er will sich nämlich unbedingt mit dir unterhalten.«
    »Meister Chan?« Alastar spürte, wie sein Herz zu rasen begann. »Ist Meister Chan ein…« Er sprach den Satz nicht zu Ende. Schlagartig ging das Licht aus.
    Alastar saß in völliger Dunkelheit. Ein leichter Luftzug zeigte ihm, dass der Erleuchtete irgendwohin verschwand.
    Ist Meister Chan ein Reenscha? Wissen sie, dass ich unzufrieden bin? Wollen sie mich zurechtweisen? Oder gar bestrafen? Können sie vielleicht sogar den Psi-Blocker, mit dem ich meine Gedanken vor Lauschern schütze, überwinden? Er stammt schließlich von ihnen…
    Alastar wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, seine Hand fuhr automatisch zum Schwert. Meister Chan erschien so übergangslos, als würde jemand eine Lampe
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