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287 - Meister der Lüge

287 - Meister der Lüge

Titel: 287 - Meister der Lüge
Autoren: Christian Schwarz
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Schwerthieb eines Gegners hatte ihm einst den Schädel gespalten. Die dünnen schwarzen, strähnigen Haare, die er oft zum Zopf gebunden trug, die jetzt aber lose bis zu den Knien hinunterhingen, verstärkten den Eindruck noch, der Mann habe bereits viele Jahre in einem Grab verbracht und sei ihm auf irgendeine rätselhafte Weise wieder entkommen. Gegen ihn sah selbst ein Nosfera aus wie das blühende Leben.
    Alastar kam soeben vom Abtritt zurück, den Pat Pancis in die MYRIAL II eingebaut hatte. Das war auf einer derart langen Reise, auf der sie nicht immer nach Bedarf landen würden können, unerlässlich.
    Wie lang wird unsere Reise wirklich dauern? , dachte Matt unwillkürlich. Wir wissen ja nicht mal genau, wo das Ziel liegt…
    Dann holte ihn das Lied wieder ein. Shalala-la-la-la-la-la…
    Alastar schaute sich kurz um, ohne eine Miene zu verziehen. Dann setzte er sich auf eine der Seitenbänke und machte es sich so bequem wie möglich. Aus einem am Gürtel hängenden Beutel fingerte er ein Stück Gerulbraten, das er auf die Spitze eines seiner Kampfmesser spießte. Rulfan und er hatten fünf der kaninchengroßen Nager im Morgengrauen erlegt und über offenem Feuer gebraten. Das Frischfleisch war willkommene Abwechslung zu ihren Shmaldan-Vorräten.
    When the day is dawning… shalala-la-la-la-la-la… Verdammt, was habe ich bloß plötzlich mit diesem blöden Shalala? , dachte Matt genervt. Wudan, wärst du so nett, mein Erinnerungsvermögen ein wenig anzukurbeln? Sonst krieg ich hier gleich die Krise…
    Matt machte sich in letzter Zeit häufiger einen Spaß daraus, die Götter dieser Zeit anzurufen. Sie waren ihm zwischenzeitlich so vertraut, als sei er mit ihnen groß geworden.
    Alastars Aufmerksamkeit konzentrierte sich nun ebenfalls auf Matt, da er merkte, dass es auch die anderen taten; dabei wanderten seine Blicke aber immer wieder Lidschläge lang zu Xij zurück. Matt war der Bursche - laut Rulfan eine wahre Kampfmaschine - nach wie vor nicht geheuer, vielleicht sogar ein wenig unheimlich, was aber ganz sicher nicht mit seinem Aussehen zusammenhing. Vielmehr ging etwas unglaublich Gefährliches von Alastar aus. Er konnte es nicht verbergen, auch wenn er ihnen allen den Eindruck eines friedlichen Mannes zu vermitteln versuchte. Aber wenn ein Auge je den Tod versprochen hatte, dann sein verbliebenes rechtes.
    »Auf was kommst du nicht?«, drang Rulfans Frage in Matts Bewusstsein.
    »Was? Ach so, ja.« Drax fand in die Wirklichkeit zurück. »Entschuldige. Ich hab Agartha gemeint. Einen Moment lang glaubte ich mich zu erinnern, was es damit auf sich hat. Wegen Shalala-la-la-la-la-la…«
    Rulfan musterte ihn mit seltsamen Blicken. »Shalala, ja?«
    Aruula lächelte. »Wudan sei Dank hast du nicht heute Morgen im Wald gesungen, Maddrax. Sonst hättest du die Gerule verscheucht und wir müssten jetzt hungern.«
    »Tony Christies langer Weg nach Amarillo«, sagt Xij, die bei der Nennung des Begriffs Agartha merklich zusammengezuckt war, leise. Trotzdem hörte es jeder.
    Matt schluckte. Da war es also wieder, Xijs rätselhaftes Wissen aus alten Zeiten, aus seiner Zeit. Is this the way to Amarillo? Der Song war tatsächlich von Tony Christie gewesen. Woher wusste die junge Frau das alles? War sie eine Zeitreisende wie er? Und was hatte sie mit Agartha zu tun? Immer wieder murmelte sie den Namen im Schlaf, wenn sie sich unruhig hin und her wälzte und schlimm zu träumen schien. Im Wachzustand konnte sie mit dem Begriff aber nichts anfangen… jedenfalls gab sie das vor. Wenn es stimmte, existierte aber zumindest eine Verbindung ins Unterbewusste.
    Matts Gedanken schweiften weiter, denn momentan konnten sie alle kaum etwas anderes tun; keiner verspürte wirkliche Lust zum Reden. Seit einer halben Stunde flogen sie parallel zu den karpatischen Alpen, die, verglichen mit ihrem Ziel, eine bessere Maulwurfsaufschüttung darstellten. Matt lächelte einen Moment vor sich hin, als ihm dieser Gedanke kam.
    Tatsächlich waren sie auf dem Weg zum »Dach der Welt«, zum Himalaja, denn dort sollte sich Agartha befinden - was immer es auch war. Eine Stadt? Ein Land? Eine Person? Ein Heiligtum?
    Was Matt und den anderen weit mehr als diese Frage im Magen lag, war allerdings, was es laut Alastar dort geben sollte:
    Weitere Versteinerte! Der Chefexekutor war sicher, dass das Wesen, das für die Versteinerungen in Euree verantwortlich war, in oder bei Agartha seinen Ursprung hatte. Was einer Zeitbombe gleichkam, die das Ende der
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