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282 - Der Schein trügt

282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt
Autoren: Christian Schwarz
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das die Küste von Fraace sein. Sie hielt auf das Cap Haag, das ehemalige Cape de la Hague, zu, wahrscheinlich mit der Absicht, in den Kanal einzufahren.
    Und dann?
    Rulfan beschloss, an der Fregatte dran zu bleiben. Mit der Solarenergie aus den Grätzel-Zellen besaß die MYRIAL praktisch unbeschränkte Reichweite.
    Das klappte etwa eine Viertelstunde. Mit Schrecken bemerkte Rulfan, dass sich das hintere Bordgeschütz plötzlich leicht drehte. Und wenn ihn seine Augen nicht im Stich ließen, richteten sich die Zwillingskanonen in seine Richtung aus!
    Aber würde sein Vater auf ihn feuern lassen? Undenkbar! Das war nichts als eine Drohgebärde, die ihn veranlassen sollte…
    In diesem Augenblick spuckte die Bordkanone Tod und Verderben. Sofort drehte Rulfan seitlich ab und hörte die Geschosse wie zornige Hornissen an sich vorbei sirren.
    Bist du von Sinnen, Vater? Du musst doch wissen, dass ich es bin!
    Eine zweite Salve. Es klirrte metallisch, als einige Projektile von der Gondel abprallten und als Querschläger davon sirrten. Und etwa ein Dutzend schlug mit Geräuschen, die er nie vergessen würde, in die Hülle ein! Rulfan schrie entsetzt und voller Zorn auf.
    Die MYRIAL begann gefährlich zu schwanken. Rulfan zog links und rechts an den Steuerhebeln, um das Fluggerät zu stabilisieren. Gleichzeitig sah er zu, möglichst schnell von der Fregatte wegzukommen.
    Er hatte Glück. Zum einen bekam er die MYRIAL schnell wieder unter Kontrolle, zum anderen folgte keine weitere Salve mehr.
    Hatte sein Vater nur Warnschüsse abfeuern lassen, die versehentlich getroffen hatten? Oder hatte er es tatsächlich darauf angelegt, seinen Sohn aus der Luft zu holen und dem sicheren Tod zu überantworten?
    Der Albino, der sich nur langsam wieder beruhigen konnte, wollte einfach nicht an eine Mordabsicht glauben - auch weil sein Vater ja genauso gut eine Rakete auf ihn hätte abfeuern können.
    Rulfan stellte die Lenkung fest, atmete tief durch und enterte die Leiter, die in die Hülle führte. Drei Löcher in den Plastiflex-Traggaszellen konnte er ausmachen und verschließen. Trotzdem verlor die MYRIAL kontinuierlich an Höhe; es musste also weitere Lecks geben.
    Fluchend kletterte Rulfan in die Gondel zurück. Er würde der Fregatte nicht weiter folgen können, auch nicht in großem Abstand. Er musste umkehren und Land erreichen, bevor der Gasvorrat in den sechs Flaschen verbraucht war und er eine Notwasserung hinlegen würde. Bis zur französischen Küste waren es noch gute fünfunddreißig Kilometer, zurück nach Guunsay nur deren fünfzehn. Außerdem würde er noch einen Restvorrat für den Weiterflug brauchen - falls es ihm gelang, den Zeppelin zu reparieren.
    Rulfan drehte ab und hielt auf die Nordküste Guunsays zu. Dabei grübelte er unentwegt. Was würden die Ex-Versteinerten unter dem Kommando seines Vaters noch alles anrichten, um ihr Ziel zu erreichen?
    Was war dieses Ziel? Wo lag es?
    Vielleicht würde er es niemals erfahren. Nach der Landung und der Reparatur zu versuchen, die Fregatte wiederzufinden, glich der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Und bevor er sich Nachschub an Wasserstoff geholt hatte, war schon gar nicht daran zu denken. Zudem würde Myrial ihn nicht mehr ziehen lassen, wenn er erst zurück auf Canduly Castle war.
    Verdammt! Rulfan trat vor neuerlicher Wut und Enttäuschung gegen das Bodenblech. Seine einzige Hoffnung waren momentan Matthew Drax und Aruula. Sie hatten versprochen, ihn über die Lage in Corkaich auf dem Laufenden zu halten. Mit ihnen würde er sich beraten können, und vielleicht hatte Matt eine Idee, was die Ex-Versteinerten antrieb.
    Rulfan schwor sich, das Rätsel zu lösen, das seinen Vater und anscheinend alle Opfer der Schatten, die wieder zum Leben erwacht waren, umgab. Und wenn er dafür ans Ende der Welt reisen müsste.
    Er ahnte noch nicht, wie recht er damit behalten sollte…
    ENDE
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