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282 - Der Schein trügt

282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt
Autoren: Christian Schwarz
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über Sainpeert hinwegzischen. Es sah ein bisschen aus wie das Feuerwerk, das Gundar jedes Jahr einmal veranstalten ließ.
    Diese Eindrücke eines kurzen Augenblicks nahm Liisbet mit in die Ewigkeit. Denn eine der »Sternschnuppen« wurde rasend schnell größer, traf das Haus voll und ließ nicht mehr als einen Haufen Asche von ihr übrig.
    So musste Liisbet wenigstens nicht mehr mit ansehen, wie ihr Haus, das sie so geliebt hatte, in Flammen aufging. Und es wäre ihr sicher auch kein Trost gewesen, dass es plötzlich an vielen Stellen in Sainpeert brannte und über dem Palast sogar eine gewaltige Feuerwand stand, die viele der geschockten, hilflos umherirrenden Bewohner an Orguudoos Reich erinnerte, das laut ihren Priestern irgendwann kommen würde. War es nun so weit?
    Nachdem Wadeel die erste Rakete hatte abfeuern lassen, beobachtete Leonard Gabriel ein paar Momente lang fasziniert das Armageddon, das sich vor ihm auftat; dann schritt er selbst auch zur Tat und holte den Funkzünder aus einer Jackentasche.
    Der Prime hatte vorgesorgt für den Fall, dass es zu einer Bombardierung der Stadt kommen sollte. Er wusste, dass Gundars Flugabwehrkanonen durchaus eine Gefahr für das Schiff darstellten; sie galt es außer Gefecht zu setzen. Also hatte er die Barbaren beauftragt, zeitgleich zum Überfall auf das Schleusenhaus Sprengladungen an den Kanonen anzubringen. Die Zutaten für die Sprengsätze und Funkzünder hatte Ibrahim Fahka schon vor Wochen zusammengebastelt; sie stammten ironischerweise aus Gundars eigenen Arsenalen.
    Nun drückte Leonard Gabriel den Knopf der Fernbedienung, und tatsächlich blitzen im Sekundenabstand auf den Kaimauern Explosionen auf. Sieben, neun, schließlich zwölf zählte Gabriel. Er runzelte die Stirn und drückte den Knopf noch einmal, ohne weiteren sichtbaren Erfolg. Zwanzig Geschütze, zwölf Explosionen. Das bedeutete, dass acht Hafengeschütze unversehrt geblieben waren!
    Mit einem Fluch schleuderte Leonard den Sender zu Boden. Er hatte zwar mit Ausfällen gerechnet, aber doch nicht mit so vielen.
    »Kapitaan, sofort die Bordkanonen klarmachen!«, befahl er in militärisch knappem Ton. »Wir werden sicher gleich unter Feuer genommen. So lange warten, dann noch funktionierende gegnerische Geschütze ausmachen und vernichten. Zerstören Sie auch das Schleusenhaus mit einer weiteren Rakete. Sollte der Zaun dann immer noch nicht fallen, setzen Sie zurück und versuchen ihn mit den Bordkanonen zu durchlöchern. Beim nächsten Rammstoß müssen wir durchbrechen! Na los, worauf warten Sie?«
    Wadeel war grau im Gesicht. Aber jetzt, da es um die Sicherheit und Unversehrtheit von Reenscha-Eigentum und auch um sein eigenes Leben ging, brauchte er nicht mehr extra angetrieben zu werden.
    ***
    Ben der Schreckliche war nach dem ersten dumpfen Explosionsdonner mit einigen seiner Männer aus dem Schleusenhaus nach oben geeilt. »Bei den Göttern«, flüsterte er, als er auf der Kaimauer stehend Sainpeert brennen sah. Er konnte ein plötzliches Zittern nicht verhindern. Für einen Moment war er wie gelähmt, wusste nicht, was er tun sollte. Das hier war keine Übung. Das war Krieg! Echter Krieg…
    Etwa drei Speerwürfe von ihm entfernt verging plötzlich das Hafengeschütz in einer Explosion! Und viele weitere auf den Kaimauern. »Runter!«, brüllte Ben, schlagartig aus seiner Lethargie erwacht. Er ließ sich flach auf den Boden fallen und seine Männer taten es ihm gleich, so wie sie es tausendmal geübt hatten. Nur einer schaffte es nicht rechtzeitig. Die Druckwelle der Explosion stieß ihn ins Hafenbecken.
    Die Männer rappelten sich wieder hoch. Einer sprang dem Kameraden hinterher, der bewusstlos im Wasser trieb.
    »Acht Geschütze stehen noch!«, brüllte Ben, nachdem er sich einen Überblick verschafft hatte. Jetzt waren sie am Zug! Und sie würden es diesen verdammten Piigs dort drüben zeigen! »Kanonen besetzen und das Schiff beschießen! Versenkt diesen dreimal verfluchten Kahn, Männer! Ich will ihn auf dem Meeresgrund sehen!«
    Nach kurzer Absprache spurteten die Männer los. Es dauerte keine fünf Minuten, bis die Geschütze bereit waren. Ben der Schreckliche fand die Sprengladung an »seiner« Kanone sofort. Sie steckte hinter dem eisernen Schutzschild. Ein Blindgänger - glücklicherweise. Er nahm das in Öltuch verpackte Paket und warf es ins Wasser.
    Mit Kurbeln richteten seine beiden Kanoniere die Flak auf die Brücke der EIBREX aus. Sie sahen sie halbschräg vor sich,
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