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277 - Xij

277 - Xij

Titel: 277 - Xij
Autoren: Ronald M. Hahn
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Aber nicht ungewöhnlich in diesen Zonen. Sprache lebt. Man muss sich anpassen. Gerade als Einwanderer.
    Also versuch es mit Höflichkeit: »Wer seid ihr?«
    » Ich hab zuerst gefragt, Bengelchen.«
    Wieder ein leises Kichern. Du brauchst ein paar Sekunden, um zu erkennen, dass du es bist, der kichert. »Man nennt mich… Xij.«
    »Und in Wirklichkeit heißt du wie ?«
    Kurzes Nachdenken. Wenn du wüsstest, Schätzchen. Doch Namen sind Schall und Rauch, wie Herr Goethe sagt. Kurzes Räuspern, dann: »Xij Hamlet.« Da habt ihr was zum Nachdenken. Noch ist die Gefahr nicht gebannt. Noch sind Thodrichs Schergen auf deiner Spur. Der Oheim ist rachsüchtig. Und er hat Grund dazu. »Und du?«
    Ringsum empörtes Schnauben. Du ahnst, was nun alle denken: Wie kann die Rotznase sich erdreisten…?
    Die Frau kommt noch näher. Sie hat keine Angst vor dem spitzen Eisen, das sich vor ihrer Nase bewegt.
    »Ich bin Axya von Loxlee.« Sie ist klug. Sie weiß, dass sie am längeren Hebel sitzt; dass du gegen ihren Trupp nicht siegen kannst. Irgendwann steigt das Blut dir in den Kopf. Dann wirst du ohnmächtig. Oder gibst auf.
    Miz nennt man in diesen Breitengraden nur Menschen, die etwas zu sagen haben.
    Wer mag sie sein, diese Miz Axya? Ist sie von Adel? Wohl kaum: Ihre Begleiter - drei Männer - sind ungepflegt, bärtig und abgerissen. Sie riechen auch nicht sehr gut. Sie sind das typische Gesindel, das im Wald haust und dem Adel das Leben erschwert.
    Axya ist zwar sauber, aber auch sie wirkt reichlich verwildert. Sie trägt Stiefel und Wildlederzeug. Eine Räuberbraut? Schon eher.
    Und sie ist verdammt flink! Ihre Hand zuckt hoch. Ein Messer blitzt auf. Bevor du schreien kannst, weil die Angst vor einem neuerlichen Tod dich packt, hat sie das Seil zerschnitten, das dich an den Baum bindet.
    Du fällst. Und was noch schlimmer ist: mit dem Kopf nach unten. Dass dein Genick nicht bricht, ist kein Wunder, sondern das Resultat vieler Übungen.
    Doch als du auf dem Boden liegst und dich abrollst, stürzen sie sich auf dich. Sie wollen nicht, dass du aufspringst und mit der Klinge ausholst. Sie wollen keine Köpfe rollen sehen. Einauges Schwert wird dir von Axya aus der Hand getreten.
    Jetzt bist du aber wirklich wütend! Es scheppert und knirscht. Die Männer, die sich deiner annehmen, sind mit Metall und Leder bekleidet. Dem Ersten trittst du in die Nüsse. Er schreit auf. Der Zweite will dich, kaum dass du auf den Beinen stehst, in den Schwitzkasten nehmen.
    Da ist er aber schief gewickelt: Ein Ellbogen rammt in seine Magengrube. Der Mann spuckt sein Abendessen aus. Und während er sich, beide Hände auf den Bauch gepresst, abwendet, wirft sich der Dritte fluchend auf dich. Miz Axya steht, die Arme vor der Brust verschränkt, am Rand des Geschehens und beobachtet die Rauferei mit einem ironischen Lächeln.
    Eine Faust trifft dein Kinn. Dein Kopf fliegt nach hinten. Der zweite Gegner wirft sich von hinten auf dich. Als du abtauchst, sinkt er in die Arme des dritten, der ihm den Schwinger verpasst, der dir zugedacht war. Er geht zu Boden - und wirft den ersten Mann um, der sich gerade aufgerappelt hat und rachedurstig Ausschau hält.
    Diese Tölpel sind eine Blamage für jede echte Bande. Dies scheint auch Miz Axya zu denken, die sich nun vor den schnaufenden dritten Mann stellt und dir mit erhobenen Armen zeigt, dass sie keine Waffe hat. »Hört mit dem Unsinn auf!«
    Du schaust sie an. Wenn man auf den Beinen steht, hat man ganz andere Perspektiven: Miz Axya ist hübsch.
    » Ich hab nicht angefangen.« Du stehst so sprungbereit da wie eine Katze, hast Einauges Klinge längst erspäht. Ein Satz, und du könntest sie in der Hand haben und…
    »Wir sind zwar auf der Jagd, aber wir jagen keine Menschen. Es sei denn, es sind Vasallen des Propheten.«
    »Des Propheten?«
    Miz Axyas Begleiter rappeln sich stöhnend auf und betasten ihre Schrammen. Fiese Blicke treffen Xij: Wir sprechen uns noch, Rotzlöffel! Ich brech dir alle Gräten!
    »So nennen wir ein Arschloch, das sich für den Gesandten des Herrn hält.« Miz Axya macht eine abfällige Handbewegung. Die Männer spucken aus.
    »Des Herrn?«
    Axya spuckt auch. »Der Herr, der angeblich über den Wolken haust. Wir glauben nicht, dass es ihn gibt. Deswegen glauben wir auch nicht an den Propheten. Er ist unwichtig. Wir werden ihn irgendwann in tausend kleine Stücke hacken und an die Gerule verfüttern. Die gibt es in diesen Wäldern reichlich.« Sie deutet zu Boden. »Hier gibt's
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