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276 - Die Genesis des Arthur Crow

276 - Die Genesis des Arthur Crow

Titel: 276 - Die Genesis des Arthur Crow
Autoren: Manfred Weinland
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bloß.
    Obwohl Crow keine tieferen Gefühle für die beiden Warlynnes hegte, bedauerte er ihren Verlust, weil damit auch die letzte Chance, dem Griff des Koordinators zu entrinnen, verspielt schien.
    »Wie… hast du das gemacht?«, keuchte er. Die Verwunderung darüber, dass er sich wieder seiner Stimmbänder bedienen konnte, hielt sich in Grenzen. Er spürte, dass dies ein Zugeständnis war, das jederzeit widerrufen werden konnte. Das bionetische Gehirn der Station hatte die Situation vollkommen unter Kontrolle.
    Und ihn auch.
    Kurzschluss , formten sich Worte in seinem Geist. Ich kann beliebig starke Energieströme durch meine Ausleger leiten. - Kostprobe gefällig?
    Crow spürte, wie er sich verkrampfte. »Nein, danke«, krächzte er. Seine Stimme schien von den Wänden des Raumes widerzuhallen. Der ganze Komplex wirkte irgendwie organisch, was dem General nicht zum ersten Mal auffiel. Man fühlte sich in den Körper einer außerirdischen Monstrosität versetzt. Auch weniger ängstliche Naturen hätten daran zu knabbern gehabt.
    »Und wie… geht es jetzt weiter?«, fragte er.
    Mit dir - oder mit mir?
    »Mit mir .«
    Für dich habe ich mir etwas ganz Besonderes ausgedacht. Doch dafür musst du erst noch sterben…
    Was sollte daran so besonders sein, gleich hinterrücks umgebracht zu werden?
    Arthur Crow hatte plötzlich einen bleiernen Geschmack im Mund. Nachdem er gerade Zeuge geworden war, wie spielerisch leicht der Koordinator die beiden Warlynnes zerstört hatte, war für ihn klar, dass er im Ernstfall keine Chance gegen dieses Ding hatte.
    Nicht, wenn es ernst machte. Und danach sah es aus.
    Das, was in Crows Nacken steckte, drehte sich plötzlich ohne weitere Vorwarnung. Als wollte sich die Spitze des Tentakels durch Wirbelsäule und Kehlkopf fräsen und auf der anderen Halsseite wieder austreten.
    Crow hatte das Gefühl, den Kopf abgerissen zu bekommen. Dass er überhaupt noch zu solchen Gedanken fähig war, bewies zwar, dass es sich dabei um reine Einbildung handelte, dennoch versank der General für unbestimmte Zeit in einem Meer der Marter. Er litt nicht länger Schmerz - er war Schmerz. Nichts anderes mehr. Seine Existenz verdampfte zu einem Destillat, das nur noch eines war: Qual.
    In einem kurzen lichten Moment sah er, dass die Stränge, die Bonaparte und Alexander zur Explosion gebracht hatten, nun ihn umschlangen und als hilfloses Bündel quer durch den Raum schleiften, bis zu der Stelle, wo die ovale Fläche des Koordinators in die Wand eingelassen war. Das Oval hatte Ähnlichkeit mit der Iris eines menschlichen Auges, nur dass es um das Tausendfache größer war. Die äußere Fläche war glatt wie ein Spiegel oder eine Mattscheibe. Der Koordinator hatte die Möglichkeit, Zeichen darauf zu projizieren.
    Crow wusste nicht, wie diese organische Technik funktionierte, die die Hydriten zur Perfektion entwickelt hatten. Aber er benutzte ja auch einen Driller, ohne dass er im Stande gewesen wäre, ihn nachzubauen.
    Manchmal war es nicht wichtig, etwas bis ins Detail zu verstehen, sondern einfach nur, es benutzen zu können.
    Und wahrscheinlich verhielt es sich aus Sicht des »bionetischen Computers« gar nicht so viel anders: Er benutzte Crow, ohne den genauen Bauplan eines Menschen kennen zu müssen. Offenbar war er intuitiv in der Lage, sich in einen lebenden Wirtskörper einzuloggen - und wenn dieser beseelt oder gar intelligent war, auch in dessen Geist.
    Das Ganze ging noch einen Schritt weiter: Der Koordinator verschaffte sich nicht nur Zugang zu einem Opfer, er war auch fähig, das ihm innewohnende Ich zu unterjochen.
    Crow wollte sich gegen die Fremdherrschaft auflehnen - er hasste nichts mehr, als sich einem anderen unterzuordnen -, aber er fand keinerlei Anhaltspunkt, wo er den Hebel dafür hätte ansetzen können. Mit der Urgewalt eines Tsunami kam der andere Wille über ihn und stauchte sein eigenes Ich in den hintersten Winkel dessen, was einmal sein Gehirn gewesen war.
    Von einer Sekunde auf die andere gehörte es, wie auch der Rest seines Körpers, dem Koordinator.
    Der sich damit aber immer noch nicht zufriedenzugeben schien. Die wahre Dimension des ihm bestimmten Schicksals erahnte Crow erst, als er, fast schon in Agonie versunken, wie aus lichtjahrweiter Entfernung auf sich hinab starrte wie auf etwas Fremdes.
    Vielleicht war es nur eine Halluzination im Moment des Todes. Aber vielleicht erlebte er auch gerade eine Wechselwirkung, die ihn für unbestimmte Zeit in die Lage versetzte,
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