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276 - Die Genesis des Arthur Crow

276 - Die Genesis des Arthur Crow

Titel: 276 - Die Genesis des Arthur Crow
Autoren: Manfred Weinland
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sich selbst durch die Augen des Koordinators zu sehen.
    Zumindest so lange, wie der Koordinator selbst noch in seiner gewohnten Form existierte.
    Zu sehen, wie er umgebracht wurde, war das Furchtbarste, was Crow je hatte ertragen müssen.
    Er durfte aber nicht einfach - und erst recht nicht schnell - sterben. Zuerst wurde er brutal verstümmelt.
    Durch den Wolf gedreht …, wisperte ein anderes Synonym durch Crows Verstand, und er konnte nicht unterscheiden, ob er es dachte oder das Fremde in ihm. Wie konnte er überhaupt noch denken, während ihm das angetan wurde?
    Seine Augen quollen aus den Höhlen, als sollten sie von heftigen Atemstößen zum Platzen gebracht werden. Seine Haut spannte sich… riss. Nicht an einzelnen Stellen, sondern rund um seinen Körper! Überall trat Blut aus, während zugleich…
    ... etwas in mich eindringt ...
    Crow wusste nicht, wie sich Lava, über Kanülen in seine Adern geleitet, angefühlt hätte. Was er aber wusste, war, dass sich das, was gerade mit ihm geschah, das sicherlich Schlimmste war, was jemals eine lebende Kreatur hatte ertragen müssen.
    Durch die Augen des Koordinators sah er, wie der Tentakel, der in seinem Genick steckte, halb durchscheinend, fast transparent wurde, und wie sich tatsächlich etwas wie dunkle zähe Lava aus dem Wandmodul, das der Koordinator war, zu ihm herüber wälzte.
    Er sah sich, wie er sich noch nie zuvor hatte sehen können. Er sah sich, wie der Koordinator ihn sah.
    Es war, als genieße der Herr der Station seine an Allmacht grenzende Kontrolle der Situation. Als wäre er stolz auf das, was er in diesem Moment tat - und als verspürte er den Drang, dies irgendjemandem , notfalls auch seinem Opfer, wenn es denn keine besseren Tatzeugen gab, vorzuführen.
    Und je länger Crow zusah, wie sein Körper verheert, von der Bionetik vereinnahmt und aufs Bizarrste verformt wurde… wie sich lebendiges Gewebe, Organe, Blut und Knochen mit dem vermischte , was in sie hineingepumpt wurde… desto weniger spürte er von alledem.
    Der Schmerz wich willkommener Taubheit.
    Die Taubheit der Finsternis.
    Und die Finsternis - dem Tod.
    2.
    August 2526, Mondbasis
    Der Mond hatte keine dunklere Seite als die, auf der die Station lag. Die gefühlte Finsternis dort konnte kein noch so hell leuchtender Stern verscheuchen - seit die Dämonen diesen Ort überfallen hatten.
    Genau genommen war es nur ein einziger Dämon gewesen, ein Schatten von menschlicher Gestalt. Er war ebenso durch die luftgefüllten Abteilungen der Station gegangen wie über die eisige und luftleere Oberfläche des Erdtrabanten. Mal war er wie ein Geist gewesen, dann wieder fast körperlich - offenbar abhängig davon, wie viele Opfer ihn genährt hatten.
    Seine Opfer waren die Marsianer gewesen. Diejenigen, die auf der Station ihren Dienst versehen hatten, und die, die mit ihrem Raumschiff, der CARTER IV, gekommen waren, um die alte Stationsbesatzung abzulösen.
    Der Schatten hatte keinen Unterschied zwischen ihnen gemacht und jeden versteinert, dessen er habhaft hatte werden können.
    Nur zwei Personen waren diesem Schicksal entgangen.
    Und auch wenn die meisten Opfer des Phantoms inzwischen wieder aus Fleisch und Blut waren und ihre zeitweilig unterbrochenen Leben fortsetzten, war Calora Stanton doch froh, nie zu den Versteinerten gehört zu haben. Sie war eine der beiden Personen, die verschont geblieben waren. Der andere, der dem Schattenwesen entronnen war, hieß Damon Marshall Tsuyoshi. [1]
    Sie hatte ihn den ganzen gestrigen Tag nicht gesehen. Was ungewöhnlich war in einer so limitierten Welt wie der, in der sie und die anderen Marsianer sich hier bewegten. Fast sah es so aus, als ginge er ihr aus dem Weg.
    Wundert dich das? So klettenhaft, wie du dich an ihn gehängt hast in letzter Zeit?
    Vielleicht hatte sie es wirklich übertrieben. Aber sie hatte einfach das Bedürfnis gehabt, seine Nähe zu suchen. Sie konnte selbst nicht sagen, was ihn plötzlich so anziehend machte. Unter anderen Umständen hätte sie ihn gar nicht beachtet. Er entsprach nicht ihrem Typ - als Mann. Und sie suchte auch nicht seine Nähe, weil er ein potenzieller Liebhaber war, sondern weil… weil…
    Calora spürte, wie sie sich innerlich verkrampfte. Sie kannte die Antwort, aber sie war so absurd .
    Sie suchte seine Nähe, weil die Nähe aller anderen sie seit den Vorkommnissen abstieß .
    Calora zuckte leicht zusammen und sah sich um. Obwohl sie ihre Gedanken nicht ausgesprochen hatte und sich auch niemand in
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