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269 - Andronenreiter

269 - Andronenreiter

Titel: 269 - Andronenreiter
Autoren: Sascha Vennemann
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Zirpen aus und buckelte.
    Alfoons sog scharf die Luft zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch, schaffte es aber, gleichzeitig am Knauf Halt zu finden und die Zügel zu sich heranzuziehen. Mit jeder Sekunde, die er auf dem Rücken des Tieres verbrachte, schien er an Mut und Selbstvertrauen zu gewinnen.
    »Der wird sich noch wundern!«, flüsterte Gosy leise und unterdrückte ein Kichern.
    »Ruhe!«, zischte Bruno sie an. Der Vater war fast genauso angespannt wie der Sohn. »Er muss sich jetzt konzentrieren!« Der Sippenführer wandte sich wieder Alfoons zu. »Hör zu, wir machen jetzt weiter wie besprochen. Wenn ich an diesem Seil ziehe«, er klopfte auf das Tau, das neben ihm über den Zaun hing, »lösen sich die Beinfesseln, und gleichzeitig öffne ich das Tor. Die Androne wird ihrem Fluchtreflex nachgeben und sofort in die Koppel stürzen, hast du verstanden?«
    Alfoons nickte, das Gesicht zu einer konzentrierten Maske verzogen.
    »Sobald sie sich in Bewegung setzt, ziehst du an den Zügeln und drückst die Beine an ihren Leib! So bekommst du einen festen Sitz, und sie wird instinktiv nach ein paar Metern anhalten, weil sie den Druck von ihren Fühlern nehmen will. Wenn sie abbremst, lass die Zügel einen Moment locker. Wird sie wieder schneller, ziehst du sie an. So lernt sie, was sie machen soll und wie sie den Druck vermeiden kann.«
    Hört sich einfach an, ist es aber nicht , durchfuhr es Gosy. Aber das findet er schon noch selbst heraus…
    »Bereit?«, fragte Bruno, das Seil in der Hand.
    »Ja…?«, sagte Alfoons, und es klang mehr wie eine Frage denn eine Bestätigung.
    »Dann los!« Bruno zog mit einem kräftigen Ruck an der Leine und stieß mit der anderen Hand das Gatter auf.
    Die Beinfesseln, die die Androne fixiert hatten, lösten sich von den Zaunbalken und entließen das Tier in die Freiheit. Wie erwartet warf das Rieseninsekt witternd das erste Beinpaar in die Luft und stürmte vorwärts.
    »Woooaaaah!«, schrie Alfoons und hatte alle Mühe, nicht gleich aus dem Sattel zu kippen. Panisch riss er die Zügel an sich, aber die Androne machte keine Anstalten, ihr Tempo zu verringern.
    »Lockerlassen!«, schrie Bruno. »Du musst lockerlassen! Und dann gleich wieder anziehen!«
    »Ich… versuch's… ja!«, stotterte Alfoons zwischen hektischen Atemzügen. Er tat, was sein Vater ihm riet, aber noch immer schien das Tier nicht zu verstehen, was sein Reiter von ihm wollte. Es bockte erneut, richtete sich auf und taumelte ein paar Stelzenschritte rückwärts. Dann drehte es sich um die eigene Achse und stürmte zurück in die Richtung, aus der es gekommen war.
    Das war zu viel für den Zwölfjährigen. Gosy sah, dass Alfoons keine Kraft mehr hatte, um im Sattel zu bleiben. Seine Arme verkrampften sich vor Anstrengung, der Schweiß lief ihm von der Stirn in die Augen, und auch die Beine konnten nicht mehr genug Druck auf den Panzer der Androne aufbauen, sodass er beinahe wie in Zeitlupe vom Rücken des Tiers herunterrutschte.
    Da er seitlich aufkam und die Androne stur weitermarschierte, passierte dem Jungen nichts. Wäre er zwischen die Beine geraten, wären Prellungen und Knochenbrüche wohl noch die glimpflichsten Verletzungen gewesen.
    Sofort rappelte sich Alfoons vom staubigen Koppelboden auf und versuchte sich zu orientieren. Das war nicht schwer, musste er doch nur dem dröhnenden Gelächter seines Vaters lauschen. »Komm raus, mein Junge, hierher!«, rief der, und man konnte den Stolz des Sippenführers aus diesen Worten schon heraushören.
    Alfoons kam auf wackeligen Beinen zum Zaun und kletterte zwischen den Balken zu ihnen heraus. »Na, wie war ich?«, fragte er. Dreck klebte auf seinem feuchten Gesicht, aber er grinste schon wieder, schien sich nichts gestoßen zu haben. Seine blitzenden Zähne reflektierten die letzten Strahlen der Abendsonne.
    »Gar nicht schlecht!«, lobte Gosy wohlwollend, und Bruno boxte ihm kumpelhaft auf den Arm.
    »Fast eine halbe Minute! Das ist ganz schön lang fürs erste Mal! Manoloo und Pepe haben das auch nicht länger geschafft.« Der Sippenführer schien einen Moment zu überlegen. »In der Tat habt ihr es, glaube ich, alle drei gleich lang ausgehalten! Wie dem auch sei, das war ein guter Anfang. Aus dir wird eines Tages ein wunderbarer Andronenreiter werden, Alfoons. Es sollte schon mit Orguudoo zugehen, wenn du unserer Gilde keine Ehre bringen würdest!«
    Alfoons strahlte. »Danke, Bruno.« Die Ehre gebot es, dass die Kinder ihren Vater nur mit dem
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