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261 - Ein falscher Engel

261 - Ein falscher Engel

Titel: 261 - Ein falscher Engel
Autoren: Christian Schwarz
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Kampfstärke testen?
    Nicht dass Ninian daran zweifelte, auch diese Prüfung zu bestehen. Die Menschen hier waren bis auf wenige Ausnahmen Handwerker und einfaches Personal. Sie würden, wenn sie erst die Wachen überwunden hatte, keinen nennenswerten Widerstand leisten.
    ***
    Nachdem sich Rulfan bewaffnet hatte, eilte er in den Hof, um die Wachen zu alarmieren. Die Männer hatten nichts bemerkt: Rulfan sah es ihnen nach; als Exekutorin war Ninian ihnen haushoch überlegen, auch was das Tarnen und Anschleichen betraf. Er kehrte mit den beiden ins Hauptgebäude zurück.
    Anges und Alla hatten bereits alle restlichen zweiundzwanzig der Burgbewohner im Großen Saal versammelt, abzüglich Pellam, dessen Leiche sie vorerst in einem leeren Zimmer abgelegt hatten. Rulfan atmete erleichtert auf, während er die Tür von innen schloss.
    Also gab es noch keine weiteren Toten.
    Angstvolle Blicke waren auf ihn gerichtet, manche Bewohner wirkten noch völlig verschlafen. Vor allem Turner zitterte am ganzen Körper. Anges, mit einem finsteren, entschlossenen Gesicht, hatte seinen Arm um den kleinen Bruder gelegt und drückte ihn fest an sich. Auch Myrial, die mit ihrer Mutter auf dem Rand des mächtigen Kamins saß, musste Trost spenden. Ayrin weinte im Moment nicht, sie starrte nur blicklos in den Raum.
    »Ihr bleibt alle hier drin und verrammelt die Tür mit dem Schrank dort.« Rulfan zeigte auf ein mächtiges Eichenholzmöbel. »Keiner von euch darf sich mehr alleine oder auch nur zu zweit bewegen, bis die Gefahr vorüber ist. Anges, du bist mir dafür verantwortlich, ich übertrage dir den Befehl in diesem Raum.«
    »Und was macht Ihr, Herr?«
    »Ich bin mir sicher, dass Ninian ganz in der Nähe ist und uns beobachtet. Deswegen schleiche ich mich durch den Geheimgang nach draußen und hoffe, dass ich sie überraschen kann. Bewacht auch die Tapetentür, wenn ich draußen bin. Sie ist leicht zu verteidigen. Alles verstanden?«
    Anges nickte zögerlich, während sich Myrial halb erhob, um Einspruch einzulegen. Sie hielt inne, als Rulfan sie ernst anblickte, und sank wieder zurück. Er sah die Angst in ihren Augen.
    Doch darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Er öffnete die Tapetentür, von der jeder Burgbewohner wusste und die eigentlich eher eine Holzvertäfelung war, und huschte durch einen schmalen, staubigen Gang an zwei Zimmern entlang zum Ausgang. Der befand sich in einem Bretterverschlag unter einer Treppe.
    Vorsichtig öffnete Rulfan die getarnte Tür und trat in den Gang, den Driller schussbereit erhoben. Mit der Fernwaffe rechnete er sich bessere Chancen gegen die Exekutorin aus. Es wäre Selbstmord gewesen, sie zu unterschätzen. Und dass sie trotz des Verweises zurückgekehrt war, konnte eigentlich nur bedeuten: Sie hatte inzwischen erkannt, dass er kein Engel war, sondern ein einfacher, sterblicher Mensch. Damit schwebte auch er in höchster Gefahr.
    Rulfan schaute nach links und rechts, glaubte im Flackern der Öllampen einen Schatten wahrzunehmen, aber da war nichts.
    Am Handlauf entlang huschte Rulfan die Treppe hoch. Mit klopfendem Herzen begann er die einzelnen Zimmer zu durchsuchen.
    ***
    »Los, Anges, wir müssen den Schrank vor die Tür schaffen«, sagte der kleine Turner. »Der Herr hat es uns befohlen. Warum tust du nichts?«
    »Bevor ihr den Schrank vor die Tür schiebt, gehe ich auch nach draußen«, erwiderte Anges und sein Gesicht verhärtete sich noch mehr. »Es kann nicht sein, dass der Herr die Arbeit ganz alleine macht. Ich bin jetzt das Familienoberhaupt und muss Vater rächen!«
    »Anges, was redest du da?«, fuhr Myrial auf. »Rul… der Herr hat dir befohlen, hier zu warten, und er vertraut dir. Also machst du gefälligst, was du versprochen hast.«
    »Glaubst du etwa, ich hätte Angst vor dieser stinkenden Taratze, die unseren Vater ermordet hat? Die Familienehre verlangt es, dass ich hier nicht untätig herumsitze, während der Herr meine Pflicht erledigt.« Er zog das Kurzschwert, das er sich umgeschnallt hatte, als Alarm gegeben wurde, aus der Scheide.
    Seine Familie bedrängte Anges, es nicht zu tun, aber er drängte sie barsch zur Seite. Turner, der sich schluchzend an seinem Hemd festhielt, stieß er weg. »Du wirst noch stolz auf mich sein, kleiner Bruder, das verspreche ich dir.«
    Anges’ ältester Bruder Arteer stellte sich ihm in den Weg. »Du wirst das nicht tun, Bruder. Sonst…«
    In der nächsten Sekunde hatte Arteer Anges’ Schwert unter dem Kinn. »Sonst was ,
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