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2597 - Hyperkaelte

2597 - Hyperkaelte

Titel: 2597 - Hyperkaelte
Autoren: Christian Montillon
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»Was ist los?« Sie stand inzwischen wieder aus eigener Kraft, wenn ein leichtes Schwindelgefühl sie auch fast das Gleichgewicht verlieren ließ.
    »Wir können es gleich selbst sehen«, kündigte die Pilotin an.
    Die Außenwand neben Betty wurde scheinbar durchsichtig wie Glas, als blicke man plötzlich durch sie in den freien Weltraum - ins Innere von TALIN ANTHURESTA.
    Die pechschwarze Innenhülle des Wunders begrenzte den Horizont, ein tiefes dunkles Nichts, in das in regelmäßigem Abstand die verschiedenen Scheibenwelten eingebettet waren.
    An einer Stelle jedoch war es völlig anders. Dort flirrte eine leuchtende, riesige Kugel am Rand eines bizarren, hässlichen Lochs in der Hülle. TALIN ANTHURESTA war an dieser Stelle zerstört, auf einer gigantischen Fläche von weit über 100.000 Kilometern, fast dem zehnfachen Durchmesser Terras ...

Ich bin ...
     
    Jabosh yl Karatsch ist mein Name, aber die meisten nennen mich Merkosh, den Gläsernen.
    Oder nannten mich so, denn ich glaube nicht, dass ich jemals wieder erleben werde, wie jemand meinen Namen ausspricht. Ich bin am Ende. Alles ist am Ende.
    Nicht die beste Einstellung für jemanden, der zeit seines Lebens mit der Macht seiner bösen Stimme seine Feinde hinwegfegen konnte. Frequenzwandler, so hat man meine Parafähigkeit bezeichnet, als ich noch lebte.
    Ich gab mich stets überlegen. Und ich konnte immer lange über die Vergangenheit reden. Jetzt verspüre ich keine Lust mehr darauf. Ich bin Teil des Parablocks auf Talanis, der versucht, ES zu stärken.
    Aber ES vergeht, und deswegen vergehe auch ich. Ich sehe bloß noch Dunkelheit, die mich umfängt.
    Mich und die gesamte Welt.
    Die Superintelligenz greift zu den letzten verzweifelten Mitteln. Vor wenigen Minuten hat sie 100 Millionen Neu-Globisten aus dem Solsystem in sich aufgenommen. Eine einzige mentale Anstrengung, ein brutales Haschen nach Kraft, und 120 Millionen Wesen existieren nicht mehr körperlich, sondern nur noch als Teil des Mentaldepots in ES, das kurz davorsteht zu erlöschen.
    100 Millionen Tote.
    100 Millionen vergewaltigte Lebewesen, die in einem gewaltigen Sog hinweggerafft wurden.
    Und ich bin ein Teil der Kreatur, die dies getan hat, und versuche, sie am Leben zu halten und zu retten.
    Wieso eigentlich?
    Was unterscheidet ES von einer negativen Superintelligenz, die ihre Heerscharen in einen Vernichtungskrieg schickt und ihre ganze Mächtigkeitsballung auffrisst?
    Es ist diese Frage, die sich in meine Seele bohrt und sie bluten lässt. Nicht die Aussicht auf meinen eigenen Tod. Ich habe lange genug gelebt und existiert.
    Das, was die Superintelligenz getan hat, verschafft ihr ein wenig neue Energie, etwas ... Wärme, die der Hyperkälte entgegensteht und das endgültige Erstarren verhindert.
    Doch auch diese Hitze verliert sich bereits in den eisigen Weiten der Heimstatt Wanderer. Das neue Leben fließt mit jeder Sekunde wieder davon, mit grausamer, unbarmherziger Konsequenz.
    Alles erstarrt, erfriert und zerbricht in tausend Kristalle.
    ES tastet überall nach neuen Möglichkeiten, Energie in sich aufzunehmen, um nicht zu erlöschen.
    100 Millionen Neu-Globisten. In TALIN ANTHURESTA ist ES ebenfalls am Werk ... und wenn ich nicht bald vor Erschöpfung zusammenbreche und endgültig - endlich - sterbe, gehöre ich vielleicht zum nächsten Schub, den die Superintelligenz in sich hineinreißt, damit er bald mit ihr für immer verweht.
    Meinen Körper habe ich nie gemocht, wohl deshalb, weil es mich so weit weg von meiner Heimat verschlagen hat. Ich habe lange niemanden aus meinem Volk gesehen, war nur mit fremden Intelligenzen zusammen. Terranern vor allem. Ich habe Arkoniden getroffen, Haluter, Blues, den kleinen Ilt, Cheborparner und hundert andere Völker. Aber nie einen Oproner. Sie hätten mich als ... normal angesehen, nicht als Freak.
    Natürlich sagte das niemand laut, aber kam es denn von ungefähr, dass sie mich den Gläsernen nannten? Ich weiß, keiner meinte es böse, aber jedes Mal betonten sie damit, dass ich anders war. Womit ich ja nicht allein stand. Gucky ging es ebenso, und einigen weiteren auch.
    Vielleicht habe ich es mir eingebildet. Wer weiß das schon?
    Doch jetzt, am Ende meines Daseins, das auf die eine oder andere Weise bevorsteht, denke ich eben darüber nach. Weil ich im Parablock zurückgeblieben bin, um ihn zu stabilisieren, bleibt mir genug Zeit dafür. Ich gebe meine Geisteskraft, meine paranormale Macht weiter, um eine Superintelligenz zu stärken,
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