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2597 - Hyperkaelte

2597 - Hyperkaelte

Titel: 2597 - Hyperkaelte
Autoren: Christian Montillon
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bewegten sich kaum, die Kraft fehlte. Waren die Worte dennoch laut genug, um von den Sensoren aufgenommen und übertragen zu werden?
    Sie mussten ihr Ziel erreichen!
    Wanderer, Talanis ... und schließlich das Solsystem.
    Aber Betty war hilflos. Sie lag einfach da, sosehr fror sie. Sie konnte ihre Finger nicht bewegen. Sie fühlten sich völlig taub an.
    Als sie wieder auf ihre Hände schaute, überzog Reif ihre bleichen Nägel. Erschrocken hob sie die Arme, um die Finger in die Wärme des Sessels zu drücken - doch ihr wurde klar, dass sie es nicht mit einer körperlichen, physikalisch messbaren Kälte zu tun hatte.
    Dies war die Hyperkälte, in der Wanderer erstarrte und die über die Todessignale der Superintelligenz bis zu ihr vordrang.
    Betty erfror genauso wie ES.
    Die Hyperkälte fraß sich durch ihren Verstand, ihr Bewusstsein, und ihr Körper, der nicht mehr war als eine Projektion, reagierte darauf. Ihre Lider wurden schwer, und als sie sich über die Augen rieb, rieselte Schnee von den Wimpern.
    Sie musste sich abschotten!
    »Teilverschmelzung der Silberkugeln eingeleitet«, tönte die künstliche Stimme des Bordrechners durch die Pilotensphäre.
    Auch nicht künstlicher als ich, dachte Betty, und ein bizarres Lachen stieg in ihr hoch.
    »Vorgang abgeschlossen. Pilotin Eritrea Kush wird nach deiner Zustimmung die Gesamtsteuerung übernehmen.«
    Das Lachen wurde stärker. Das war fast wie die terranische Bürokratie, mit der sie aufgewachsen war. Wie könnte sie widersprechen, wenn die Freundin versuchte, ihr Leben zu retten? Und schließlich war es Bettys eigene Bitte gewesen. Die Sensoren der Silberkugeln mussten es abgespeichert haben.
    »Zustimmung erteilt!«, sagte sie. Ihre Lippen fühlten sich taub an. Als sie mit der Zunge dagegenstieß, waren sie hart. Die Schneidezähne waren Klumpen aus Eis.
    Eritrea hingegen ging es offenbar gut. Wie hatte sie es genannt? Ein leichter Druck, wie Wind bei Kopfschmerzen.
    Nun lachte Betty wirklich, und ihr Hals schmerzte. Wahrscheinlich fühlte sie sich nur so elend, weil sie unmittelbar mit ES verbunden war, sozusagen selbst einen Teil der Superintelligenz bildete. So war es jedenfalls bis zu ihrer Wiederverkörperung gewesen. Und nun? Sie wusste es nicht. Weder ES noch sonst jemand hatte es für nötig befunden, sie darüber aufzuklären, und ohne Hilfe vermochte sie es nicht zu erkennen.
    In dieser simplen Tatsache lag aber womöglich die Rettung. Sie war zumindest kein direkter Teil der Superintelligenz mehr. Also konnte sie sich irgendwie abschotten. Sie durfte nicht zulassen, dass ES' Panik und Qual sie überschwemmten. Es war ihre Entscheidung, und sie war frei, sie zu fällen.
    »Ich bin da, Betty.«
    Sie öffnete die Augen, hatte gar nicht gemerkt, dass sie ihr zugefallen waren. Eritrea Kush packte sie an der Schulter und schüttelte sie.
    »Wir müssen hier weg.« Die Altmutantin ächzte. »Ins Solsystem ... unser Auftrag ... «
    Eritreas schmale Gesichtszüge wirkten verkniffen. »Das Solsystem erreichen wir nur via Wanderer. Du hast gesagt, dass du nur wegen ES in diesem Zustand bist! Also werden wir überall hingehen, nur nicht näher zur Superintelligenz! Dort würde es noch schlimmer!«
    »Spielt keine Rolle. Ich schaffe es. Schotte mich ab!«
    Eritrea stützte sich auf dem Kopfteil des Sessels ab, gab ein zischendes Geräusch von sich und zog die Hand an sich. Sie schüttelte sie. »Zu heiß!«
    Heiß?
    Es tat gut, sich auf das Gespräch zu konzentrieren. Ein realer Mensch stand vor ihr. In diesem Raum. Betty zog sich in sich selbst zurück, kappte jede paranormale Verbindung nach draußen, und ihr war, als bräche der Strom tödlicher Qual ab. Als könne er nicht mehr in die Silberkugel bis zu ihr durchdringen.
    Der Reif auf ihren Nägeln schmolz. Auf jedem Finger sammelte sich ein Wassertropfen und fiel hinab, manche auf ihre Beine, andere in Richtung Boden, doch ehe sie ihn erreichten, lösten sie sich auf.
    »Siehst du?«, fragte sie. »Ich kann es besiegen. Es ... es hat mich nur überrascht.«
    »Was, Betty? Was hat dich überrascht?«
    Dass ES tatsächlich stirbt, jetzt in diesen Stunden, und mich und alle anderen Bewusstseine mit ins Verderben reißt.
    Sie setzte sich aufrecht hin. »Wir müssen nach Wanderer! Schnell!«
    *
    Betty Toufry und Captain Eritrea Kush hatten um 18.05 Uhr Ortszeit Stardust
    City in ihren beiden Silberkugeln TALIN ANTHURESTA erreicht. Der große raumtemporale Saugtunnel, der sie ins Innere der gigantischen Sphäre
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