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2592 - Im Zeitspeer

2592 - Im Zeitspeer

Titel: 2592 - Im Zeitspeer
Autoren: Leo Lukas
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Spinnfäden verknoteten sich zu einer Verneinung.
    Tiff griff sich an den Kopf. Er hatte falsch gedacht. Natürlich war er in dieser Kruste noch nicht vorbeigekommen.
    Es handelte sich um keine herkömmliche Zeitschleife. Die Mächtige Garbe aus auf der Ährenspindel aufgefädelten Lebenskörnern erstreckte sich räumlich durch die Zeit. Er musste sie zu Fuß abschreiten - nacheinander, strikt linear. Erst eine Sphäre, eine Teilstrecke des Langen Gangs, dann die nächste, und so weiter.
    Fast fühlte er sich erleichtert. Dass Duleymon sein Fährtenbuch zugeflossen war, bedeutete noch überhaupt nichts.
    *
    Irgendwie kletterte er hoch bis zu dem blütenförmigen, auf einer stelenartigen Ausformung des Gespinstes ruhenden Kristall, der ihm in allen Spektralfarben zublinzelte.
    Tiff nahm den Perianth-Schlüssel sachte aus der Mulde und verstaute ihn in seinem Rucksack. Dann stieg er ab, mehr rutschend und fallend als kontrolliert. Irgendwann fühlte er wieder Sandboden unter den Füßen.
    Er schleppte sich die Rampe hinab, hinaus aus der Spinnwebstadt. Mithilfe des Detektors fand Julian Tifflor irgendwo die andere, seiner Eintrittsstelle gegenüberliegende Mündung des Jahrmillionentunnels. Die letzen Kilometer wankte er dahin, verstört, mehr oder minder desorientiert.
    Und durstig. Rasend durstig.
    Als er durch die Öffnung taumelte, seine Handflächen an die Nieren gepresst, freute er sich schon fast auf die endlose Entbehrung, die der nächste Lange Gang für ihn bereithielt.
    Ah, die Vitalenergie ...

11.
    Der Dreikronjuwelige
     
    Ein Schlachtfeld breitete sich vor seinen Augen aus, als Tifflor beim nächsten Mal aus der Tunnelmündung trat. Von einem Felsvorsprung blickte er hinab auf eine hügelige Ebene.
    Das Bild gemahnte ihn an Gemälde von Pieter Brueghel, von Hieronymus Bosch oder Francisco de Goya y Lucientes. An Albträume, wie die alten Meister sie in visionäre Bilder gefasst hatten.
    Wesen unterschiedlichsten Aussehens traten mit primitiven Waffen gegeneinander an. Tote stapelten sich rings um das umkämpfte Objekt, das sich unschwer als Gerippe eines gestrandeten Raumschiffs erkennen ließ.
    Von einzelnen Stahlträgern baumelten Gehängte. Blut färbte einen mäandernden Fluss rot. Da und dort wurde gepfählt, gerädert und gevierteilt. Es war ein Schlachten und Metzeln, ein Morden und Foltern, wie es Julian Tifflor selten zuvor gesehen hatte.
    Nachdem er zum Rand der Ebene abgestiegen war, ging er in Richtung des Schiffsgerippes. Aufs Anschleichen verzichtete er. Ohne Interaktion mit den Bewohnern dieser Kruste würde es sowieso nicht abgehen.
    Ein Dreibeiner entdeckte Tiff und kam auf ihn zugehumpelt. Er stützte sich auf einen Stock. Den zweiten Arm presste er gegen einen dunklen Fleck in seiner Körpermitte. Im dritten, weit erhobenen Arm hielt er eine Axt, deren schartige Klinge vor Blut triefte.
    Julian Tifflor blieb ruhig. Dieser knapp eineinhalb Meter große Invalide stellte kaum einen Gegner dar, der ihm das Wasser reichen konnte. Dennoch hieß es, vorsichtig zu sein ...
    Der Dreibeinige griff an.
    *
    Tiff wich zur Seite hin aus. Der Hieb verfehlte ihn bei Weitem.
    Bemerkenswert schnell fing der Dreibeiner seinen Schwung ab und wendete, um einen neuen Angriff zu lancieren. Doch Tiff ließ ihm keine Möglichkeit dazu. Mit der Faust hieb er ihm gegen eines der beiden langen Stielaugen, setzte eine Beinschere an und drückte seinen Gegner mit einem Stoß gegen die Brust zu Boden.
    Mit dem Messer in der Hand warf er sich auf ihn und drückte ihm die Klinge unter das deutlich ausgeprägte Riechorgan. »Und jetzt sprich, mein Freund: Was geht hier vor sich?«
    Der Fremde atmete mehrmals schwer und versuchte vergeblich, sich zu befreien. Tiff zeigte ihm erneut seine Grenzen auf. Dabei fügte er ihm weitere Schmerzen zu, sodass sich der Dreibeinige nun aufs Fluchen verlegte.
    Minutenlang schimpfte er wie ein Rohrspatz, bis die Translator-Scheibe endlich einen rudimentären Wortschatz erfasst, Semantik und Grammatik der fremden Sprache analysiert hatte. »... Auswurf eines zrütteligen Waboffs! Ich pastiniere auf deine Gewortel und verhüntere sie dir in deine Eingeweide, und danach ... «
    »Schon gut, mein Freund. Du bist derzeit nicht in der Lage zu pastinieren, und wenn du nicht Acht gibst, geht es deinen eigenen Eingeweiden an die Verhünterung.« Tiff drückte das Messer fester gegen das Nasorgan.
    Mit einem Mal lag der Dreibeinige ruhig.
    »So ist's schon besser, Freund. Und jetzt sagst du mir
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