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2592 - Im Zeitspeer

2592 - Im Zeitspeer

Titel: 2592 - Im Zeitspeer
Autoren: Leo Lukas
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du meinen Wünschen nicht entsprächst.«
    »Das nenne ich Erpressung!«
    »Und ich nenne es eine gesunde Einstellung angesichts des Irrsinns, der hier tobt. Also los, mein Freund, machen wir uns auf den Weg!«
    *
    Rings um den Kogel hatten sich Hunderte, wenn nicht Tausende Schwerbewaffnete versammelt. Sie stießen Beschwörungen aus, erbaten sich von der Obersten Gebeinemutter einen Segen, übten sich im Nahkampf oder wollten sich einfach nur in der Nähe ihrer Herrin sonnen.
    Ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Höhere Chargen gaben die Namen derjenigen bekannt, die nun in die Kämpfe eingreifen sollten. Aus dem Hinterland der Ebene trafen laufend neue Rekruten ein, die augenblicklich von Ausbildern übernommen und in Mord und Totschlag geschult wurden.
    »Hier ist meine Grenze«, sagte Worzz. »Ich darf keinen Dreischritt weitergehen.«
    »Du erhältst hiermit die Erlaubnis.« Tiff drückte ihm die Klinge des Messers sachte in den Rücken.
    »Aber ... «
    »Jedes Aber kostet dich ein paar Blutspritzer.«
    »Deine Argumente sind gut«, murmelte Worzz. »Sobald sich die Gelegenheit ergibt, werde ich sie dir gegenüber ebenfalls verwenden.«
    Sie stiegen den rutschigen Hang empor, vorbei an Offizieren dieser bunt gemischten Armee. Sie trugen aufwendig verzierte und mit allerlei Symbolen behängte Uniformen, gerierten sich wie aufgeputzte Gockel und hatten dabei kein Auge für den Schlächter vierten Ranges und seinen Begleiter übrig.
    Dann aber bauten sich vor Tiff und Worzz besser ausgerüstete Soldaten auf. Den Humanoiden mit den drei Rückenbuckeln war anzusehen, dass sie keinen Spaß verstanden und gewiss nicht so einfältig wie Worzz waren.
    Sie versperrten ihnen den Weg hoch zur Spitze des Hügels, auf dem grellfarbene Banner im Wind flackerten. Im Zentrum spannte sich zwischen fünf Mammutbäumen der Baldachin der Herrscherin.
    »An wen müssen wir uns wenden, um eine Audienz bei der Heiligen Gebeinemutter zu bekommen?«, fragte Tiff den vordersten Schlagetot.
    »Du solltest mit Divijut sprechen, dem Dreikronjuweligen Interpretor.«
    »Und wo finden wir Divijut?«
    »Wenn er nicht gerade die Weisungen der Heiligen Gebeinemutter an die Völkerscharen dieses glorreichen Heeresverbundes weitergibt, befindet er sich, so sagt man, meist im Lustzelt der Aristokratie. Sein Titel Dreikronjuwelig sei ehrlich verdient, sagt man.«
    »Ach ja?« Tiff grinste müde. »Freund Worzz, du kannst mir sicherlich den Weg zum Lustzelt zeigen, nicht wahr?« Er stichelte den Dreibeiner neuerlich in den Rücken.
    »Und wieder hast du mich restlos überzeugt«, sagte sein Gefangener.
    *
    Sie setzten sich in Bewegung, vorbei an den Elitesoldaten, und umkreisten den Tafelberg zur Hälfte, bis sie vor einem schäbigen Verschlag anhielten. »Bitte sehr!«
    Tifflor blickte sich um. Weit und breit war kein Wächter zu sehen. Die Sicherheitsvorkehrungen waren äußerst unzureichend.
    Verwunderlich? Nein. Vieles an diesem Ort beruhte auf Traditionen und Standesdünkel. Niemand, der nicht zum Hochadel gehörte, würde es wagen, bis zum Lustzelt vorzudringen.
    »Dann lass uns Divijut einen Besuch abstatten«, sagte Julian Tifflor. Er schnitt das Leinen auseinander und drang ins Innere des Zeltes vor.
    Etwa dreißig Gestalten verschiedenen Aussehens hielten sich dort auf. Sechs von ihnen trugen Mäntel, Ringe, Kokarden, Zierschwerter und andere Insignien der Macht. Alle anderen waren ihnen zu Diensten.
    Ein Wesen mit Raubtierschwanz und dem maskenhaft starren Gesicht einer Viper fauchte erschrocken auf. Gleich darauf fielen andere ein. Waren das die Konkubinen?
    Tiff kümmerte sich nicht um das Schnaufen, Grunzen, Kläffen und Wimmern. Anhand von Worzzens Beschreibungen hatte er sein Opfer bereits entdeckt.
    Der humanoid wirkende Mann lag entspannt auf dem Rücken. Er hatte alle Glieder weit von sich gestreckt und ließ sich von weiblichen Angehörigen unterschiedlichster Völker verwöhnen.
    Tiff trat zu ihm und schubste die Konkubinen beiseite. Kurz bewunderte er die Dreikronjuweligkeit des Interpretors, bevor er laut sagte: »Ich benötige eine Audienz bei der Heiligen Gebeinemutter. Und zwar jetzt gleich, Herr Divijut.«
    Der Mann mit der Froschschnauze sah ihn an. Er wirkte kaum verunsichert, bestenfalls verblüfft.
    »Deshalb bist du hierher vorgestoßen? Deshalb hast du einen sicheren und schmerzhaften Tod heraufbeschworen?«
    »Das lass ruhig meine Sorge sein. Auch für dich ist übrigens der schmerzhafte Tod die einzige
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