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2590 - Der Tote und der Sterbende

2590 - Der Tote und der Sterbende

Titel: 2590 - Der Tote und der Sterbende
Autoren: Michael Marcus Thurner
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und auch sie werden auf schnellstem Wege an die JULES VERNE weitervermittelt.
    »Ich frage mich, warum dieser Aufrissblitz und die Wanderer-Kopie erschienen sind. Ist dies Teil eines völlig normalen Szenarios, wie es in der Schneise immer wieder vorkommt? Warum entstehen diese Bilder ausgerechnet jetzt? Sind sie eine Reaktion auf das Erscheinen der Sektorknospe?«
    Perry sieht mich an und hebt die Schultern. Eine Geste, die ich in letzter Zeit verdächtig oft an meinem Freund gesehen habe. Wir tappen im Dunkeln, und wir hängen in unserer Verzweiflung Spuren von Spuren nach.
    Perry strafft seinen Körper. »Es ist eine Spur zu diesen rätselhaften Zeitkörnern«, wiederholt er, um etwas leiser hinzuzufügen: »Es ist unsere einzige Spur.« Er winkt mich und die anderen derzeitigen Besatzungsmitglieder von MIKRU-JON näher zu sich. »Wir suchen nach dem Ausgangspunkt dieser hyperdimensionalen Kennung. In einer halben Stunde ist Abflug. Macht euch bereit.«
    Neu gefasster Mut glitzert und glänzt in diesen grauen Augen. Perry vertraut auf seinen Instinkt, und ich werde, ob ich möchte oder nicht, von seinem neu gefundenen Selbstbewusstsein gepackt. Mithilfe seines untrüglichen Riechers hat er uns schon mehr als einmal vor Tod und Untergang bewahrt.
    *
    Wir orten, was das Zeug hält. Sprichwörtlich. Wir nutzen die Möglichkeiten der Silberkugel und von MIKRU- JON bis zum Anschlag aus; besonderes Augenmerk legen wir auf den ultrahochfrequenten Strahlungsbereich.
    Ich muss an Lotho Keraete denken. An den ehemaligen Terraner, von ES in ein Geschöpf aus Metall umgewandelt, das uns im Auftrag seines Herrn immer wieder Nachrichten übermittelt hat. Keraete ist nicht mehr. Er sei, so die Auskunft Ernst Ellerts, bei dem Versuch gestorben, mehr über den Verbleib des PARALOX-ARSENALS herauszufinden. An diesem Ort, in der Schneise.
    Sind Ellerts Informationen glaubwürdig?
    Erst vor wenigen Stunden habe ich ES' geistige Zerrüttung miterlebt, gesehen, gespürt. Unser Mentor war nicht einmal in der Lage, einen vernünftigen Satz zu formulieren. Was, wenn uns die Superintelligenz in die Irre schickt, weil sie Bewusstseinsstörungen unterliegt und die Dinge falsch beurteilt?
    Du darfst nicht zweifeln!, sage ich mir. ES ist unser Anker im Sturm.
    Apropos Sturm ...
    Wir reisen mit verhältnismäßig geringer Geschwindigkeit durch einen Bereich der Schneise an dessen dem galaktischen Zentrum zugewandtem Ende. Vor uns, über die herkömmliche Ortung gut erkennbar, befindet sich eine Wand an Sonnen, die das Ende des sternenlosen Bereichs bildet.
    Ich strecke und recke mich. Im Umkreis von vielen tausend Lichtjahren gibt es wohl keinen sichereren Ort als dieses Schiff - mit Ausnahme der SPIRIT selbstverständlich.
    Mikru befällt so etwas wie Unruhe. Sie tritt von einem Fuß auf den anderen und verliert zwischendurch an Konsistenz. Es ist, als würde das Schiff der Aufrechterhaltung der Figur zu wenig Aufmerksamkeit widmen, weil es vollauf mit der Auswertung der Ortungsdaten beschäftigt ist.
    »Die Hintergrundstrahlung wird stärker. Beziehungsweise deutlicher«, sagt Mikru. Sie deutet auf Datenleisten, die das ultrahochfrequente Strahlungsspektrum in verständliche Darstellungen umwandeln. Ich erkenne eine quantitative Steigerung. Eine Zunahme der Dichte. Sie erfolgt in mikrofeinen Schritten zwar - doch ein derart deutliches Zeichen auf so etwas wie den Ursprungsort der Strahlung haben wir bislang nicht wahrgenommen.
    »Langsamer«, murmelt Perry. Er befindet sich im Piloten-Modus und steuert MIKRU-JON. Er reduziert die Geschwindigkeit auf kaum mehr wahrnehmbare Werte. Bei gleichbleibender Minimalbeschleunigung würden wir das Ende der Schneise erst in einigen Jahrhunderten erreichen.
    Er fliegt Achterschlingen. Suchschlingen, wie sie im Raumfahrerjargon irgendwann einmal genannt wurden. In diesem locker gespannten Muster können wir in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Raum absuchen. Der Kubus, um den wir uns kümmern, durchmisst gut eineinhalb Lichtjahre.
    Die Anzeigen schwanken auf kaum mehr messbarem Niveau. Immer wieder müssen wir die divergierenden Werte berücksichtigen, die auf Restspuren psi- materieller Manifestationen schließen lassen. Sie sind wie Hiebe, die jemand mit der Peitsche gezogen hat, ohne dass wir wissen, ob er links, rechts, mit viel oder wenig Schwung, von oben oder von unten zugeschlagen hat. Das Knallen der Lederschnürungen verbindet sich mit einem Nachhall, mehrmals überschneiden sich die
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