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2590 - Der Tote und der Sterbende

2590 - Der Tote und der Sterbende

Titel: 2590 - Der Tote und der Sterbende
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Lloyd/ Tschubai möchten sich in stiller Zweisamkeit unterhalten. Angesichts ihrer Fähigkeiten haben sie sich gewiss einiges zu sagen.
    Ich sehe mich um. Neben mir wirbelt eine Energiewolke vorbei. Sie ist Teil des Schiffs, erzeugt vom marginalen Eigenbewusstsein der QUEEN OF ST. LOUIS. Bei Bedarf kann Piet Rawland sie in alles Mögliche umwandeln, und vielleicht war das Steak, das ich eben erst gegessen habe, Teil eines derartigen Energiegemenges.
    Eine Frau spaltet sich aus der Wolke ab. Sie ist in Weiß gekleidet, sie zieht eine Schleppe hinter sich her und schützt sich mit einem kleinen, rüschenbeschürzten Schirm gegen die Strahlen einer Sonne, die ich tatsächlich zu fühlen glaube. Die Frau schenkt mir ein neckisches Lächeln, bevor sie sich dem Cowboy zuwendet und ihm etwas ins Ohr flüstert.
    »Hab keine Zeit dafür, Ma'am«, sagt er, so laut, dass jedermann im Raum es hören kann. »Später vielleicht.«
    Die Frau zieht eine Schnute und geht langsam weiter, schenkt Perry ein aufforderndes Lächeln, ohne auf Mondras empörte Blicke zu achten. Nach wenigen Metern verwirbelt die Gestalt, wird zu Flimmer und zu Glimmer, der sich mit einer weiteren Energiewolke verbindet.
    »Lass den Unsinn!«, sagt Perry verärgert zu Piet.
    »Kann sich ein Mann an Bord dieses Kahns denn nicht einmal das kleinste Vergnügen gönnen?«, fragt der ehemalige Revolverheld. Er gähnt, erzeugt einige winzige Koboldinnen, die entlang seines Stetsons tanzen und einen cancanähnlichen Tanz aufführen. Sie hüpfen vom Rand der Krone und stürzen sich mit schrillen Schreien zu Boden, um dort einen Scheintod zu erleiden und als blutige Flecken zu enden.
    Perry tritt zu Rawland. Ich verstehe kein Wort, doch was er sagt, macht, dass die Phantasiewelt des Cowboys augenblicklich verschwindet. Wir befinden uns in der gewohnten Umgebung einer Raumschiffszentrale, und auf weitere Worte Perrys hin senkt sich ein mehrere Meter durchmessender Holo-Globus aus dem Nichts zu uns herab.
    Zahlen- und Datenreihen erscheinen, von allen Seiten gut les- und erkennbar. Sie liefern uns jenen Informationsfluss, wie wir ihn von terranischen Schiffen kennen. Erleichtert nehme ich die Änderungen zur Kenntnis - aber auch mit ein wenig Bedauern.
    »Weiter!«, fordert Perry, diesmal gut verständlich.
    Piet Rawland kommt seiner Aufforderung nach.
    Stühle erscheinen, aus den Energiewirbeln geboren. Nur wenige Sekunden nach ihrer Manifestation werden sie von Schwebe-Holos umgeben. Schaltterminals tauchen auf. Sie entfalten sich, leuchten in allen möglichen Farben, von Mandelgelb bis Aquamarin.
    Irgendwann endet der irre Wechsel. Für das Auge angenehme Grautöne und -schattierungen legen sich über die Technikteile.
    »So besser?«, fragt Piet Rawland.
    »Ausgezeichnet.« Perry nickt dem Steuermann der QUEEN zu und kümmert sich dann nicht weiter um ihn.
    So wie er konzentriere ich mich auf die laufend eintrudelnden Informationen. Icho Tolot ist nach mehrstündigem Flug durch die Schneise zurückgekehrt. Es wäre im Grunde genommen nicht notwendig, dass er hier auftaucht; der Funkverkehr mit den Silberkugeln funktioniert trotz der seltsamen hyperdimensionalen Umstände in der Schneise ausreichend gut.
    Der Haluter liefert Unmengen an Daten ab, die sich einer Interpretation vorerst entziehen. Es ist von »seltsamen Emissionen« die Rede. Davon, dass eine kaum wahrnehmbare Hintergrundstrahlung entstanden ist, die womöglich einen Nachhall des hyperphysikalischen Blitzes darstellt.
    »Ultrahochfrequente Hyperstrahlung«, sagt Perry.
    »In kurzen, unregelmäßigen Stößen«, ergänze ich ebenso knapp. »Mir kommen die Muster und Rhythmen irgendwie bekannt vor.«
    »Ach ja?«
    »Kann es sein, dass wir einer vergleichbaren Strahlung schon einmal begegnet sind? Dass es sich um eine Kennung handelt, die mit dem Zweck ausgestrahlt wird, eine Leitlinie zu legen; eine Art Spur?«
    »Vielleicht.«
    Perry gibt Anweisung, die Messergebnisse per Polyport-Funk nach TALIN ANTHURESTA zur JULES VERNE zu übertragen. In den Speicherblöcken unseres Mutterschiffs liegen womöglich die benötigten Vergleichsinformationen begraben. NEMO, das Schiffsgehirn, wird beauftragt, eine Analyse anzustellen.
    Während Icho Tolot an Bord seiner Silberkugel wieder davonrast, um weitere Daten zu sammeln, schleusen Kardo Tarba und Eritrea Kush rasch hintereinander ein. Auch sie liefern Informationenkonvolute ab. Sie ergänzen und verfeinern jene Bilder, die wir vom Haluter geliefert bekommen haben,
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