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2590 - Der Tote und der Sterbende

2590 - Der Tote und der Sterbende

Titel: 2590 - Der Tote und der Sterbende
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Gesteinssockels vor, auf dem sie ruht.
    Die Oberfläche ist von einem Schleiereffekt überzogen, der unsere Sinne verwirrt. Ich frage mich, wie Tolot das Objekt wahrnimmt - und bekomme die Antwort wenige Sekunden später geliefert. Der Haluter schiebt die Schultern vor und zurück. Diese Geste ist mit einem Kopfschütteln gleichzusetzen.
    Ein Holobild entsteht, von Mikru freigegeben. Es zeigt für einen Moment die QUEEN OF ST. LOUIS in ihrer ganzen gewaltigen Größe, um dann das Symbol eines Revolvers, eines Peacemakers, einzublenden und letztlich Piet Rawlands Gesicht darzustellen. Der Revolverheld wirkt müde und schwach.
    Ich habe das Gefühl, als würde etwas nicht mit ihm stimmen. Als wäre er weniger geworden. Doch ich verzichte darauf, meinen Verdacht auszusprechen.
    »Wollte mal sehen, was ihr so treibt«, sagt Rawland über die leidlich gute Bildverbindung. Er starrt an uns vorbei, völlig von dieser ganz besonderen Kugel mit einem Durchmesser von fünf Metern fasziniert. Übt sie einen speziellen Effekt auf ihn aus?
    Das Objekt ist nun frei. Es schwebt im Hangar, von Traktorstrahlen gehalten und von einer Unzahl von Mess- sowie Reinigungsrobotern umgeben. Wir Menschen bilden bloß ein kleines Häufchen, das in dieser Anhäufung von Hightech-Geräten nahezu untergeht.
    Icho, der ein wenig abseits steht, bildet einen zusätzlichen bunten Farbklecks inmitten dieses Bildes; der Jaranoc Kardo Tarba wirkt wie er ein wenig fehl am Platz
    »Wir wissen, was das sein könnte?«, fragt Perry.
    Ich nicke, Mondra und der Haluter ebenfalls.
    »Könnten wir es bitte schön ebenfalls erfahren?«, schnappt Lucrezia DeHall respektlos.
    »Wartet ab.« Perry lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. »Wenn ihr nichts dagegen habt ...?«
    Er tritt auf die Kugel zu. Auf die Silberkugel, wie wir vermuten. Sein SERUN ist bis auf die üblichen Sicherheitsvorkehrungen desaktiviert. Über Perrys Gesicht irrlichtern seltsame Blendeffekte, und für einen Augenblick fühle ich schreckliche Panik. Ich meine, in ein bodenloses Loch zu stürzen, in ein endlos tiefes Loch, das kein Ende und keinen Anfang hat, das in sich geschlossen ist und mich gefangen nimmt für alle Zeiten, und diese Zeiten dauern ganz gewiss keine 60 Stunden, sondern eine ganze Ewigkeit ...
    »Perry!«
    Er schreckt zurück und sieht mich irritiert an.
    Habe ich diesen Ruf ausgestoßen?
    »Verzeih. Ich bin ... bin bloß ein wenig verwirrt.«
    Er missdeutet meine Worte. Er setzt ein Lächeln auf, dieses ganz besondere Spitzbubenlächeln, das er niemals, niemals abgelegt hat. Um mich zu beruhigen.
    Dabei ist er es, um den ich mich sorg e .
    Perry widmet sich wieder der Silberkugel. Mondra, Icho und ich ahnen, was nun geschehen wird. Wir hoffen, dass sie sich öffnen und ihren Inhalt freigeben wird, nachdem mein Freund sie mit seinen »Sesam-öffne-dich-Händen« berührt hat. Er ist derjenige, der den Sextadimschleier zum Erlöschen bringen muss, wie es auch bei Far Away der Fall war.
    Er streckt die nackten Hände aus, berührt das Wabern, dringt wenige Millimeter in diese energetische Schicht vor - und wird dann zurückgeschleudert, meterweit, um beinah gegen einen mannshohen Messroboter zu stürzen. Beinah. Denn Icho Tolot ist zur Stelle und fängt ihn ab, rettet sein »Kleines«, bevor ihm Schaden zugefügt werden könnte, noch bevor die Sicherheitsmechanismen des Schiffs greifen und Prallfelder entstehen lassen können.
    Perrys SERUN hat nicht reagiert.
    Mondra eilt zu ihrem Lebensgefährten, reißt ihn dem Haluter mit einer Bestimmtheit aus den Armen, die die wahre Kraft dieser Frau deutlich macht. Sie stellt ihn vor sich hin und redet auf ihn ein. Er versucht auf den Beinen zu bleiben und schafft es, irgendwie. Wackelig steht er da und sieht sich desorientiert um.
    Mondra flüstert seinen Namen und andere Dinge. Sie unternimmt alles, um seinen Lebenswillen zu wecken, während der Armteil des SERUNS eine Vielzahl von verwirrenden Signalen von sich gibt.
    Ich will zu ihm und ihm helfen, ihm zumindest die Diagnose-Einheit meines Schutzanzugs zur Verfügung stellen. Doch ich komme zu spät. Allesamt sind sie schneller als ich, reagieren zielgerichteter als ich. Lucrezia DeHall ist bereits bei ihm, wie auch Rence Ebion oder Lloyd/Tschubai.
    Nicht nur meine Physis, auch meine Psyche ist beeinträchtigt. Ohne die Wirkung des Zellaktivators bin ich ein Nichts. Mein Selbstbewusstsein scheint rasant weniger zu werden. Meine Beeinträchtigungen sind weitaus schlimmer, als ich
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