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259 - Die Stunde der Wahrheit

259 - Die Stunde der Wahrheit

Titel: 259 - Die Stunde der Wahrheit
Autoren: Michelle Stern
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zusammengeschobene Blitzstäbe. Die beiden Hydriten in der schlichten braunschwarzen Panzerung zogen vorüber, ohne ihn wahrzunehmen. Sie waren in ein Gespräch vertieft.
    »Mar'os-Jünger? In der Nähe von Kolay? Wirklich?«, sagte einer von ihnen. Mehr verstand Quart'ol nicht. Er wagte es kaum, Wasser in seine Kiemen zu ziehen, aus Furcht, dieses leise Geräusch könne ihn verraten. Obwohl er seine Gesichtszüge durch eine weiche, bionetische Masse leicht verfremdet hatte, fürchtete er erkannt zu werden.
    Es ist zum Verrücktwerden. Ich kann nicht noch länger Gebäude observieren und hoffen…
    Mitten in seinen Gedanken brach er ab. Da war sie! Die Erfüllung all seiner Hoffnungen! Ganz eindeutig: Das musste sie sein! Sie verließ eben das Gebäude und schwamm zielstrebig in eine kleinere Gasse, deren Boden perlmuttfarben schimmerte.
    Sie war noch immer schön. Zauberhaft schön. Ihr gelber Flossenkamm strahlte im seichten blaugrünen Wasser. Funkelnde Lichtschimmer glitzerten darauf wie Diamanten.
    Quart'ol verließ seinen Posten und folgte ihr die Gasse hinunter. Sie durchquerten ein Wohnviertel im besseren Bereich der Stadt. Hier waren viele Häuser mit Hilfe der Bionetik aus Korallen geformt. Immer wieder ergänzten moderne kugelförmige Gebäude das Stadtbild. Im schlechteren Viertel dagegen gab es fast nur kuppelartige Häuser oder Rundhütten aus bionetischem Material, das entfernt an die Haut von gekochtem Tintenfisch erinnerte. Allerdings waren die Wände unterschiedlich gefärbt und schimmerten in allen nur erdenklichen Blau- und Grüntönen.
    Die Hydritin sah zurück. Der Blick aus ihren großen Augen streifte ihn, dann schwamm sie weiter. Quart'ol überlegte, ob er sie rufen sollte. Zu dumm, dass es noch so hell war und jeder sie sehen konnte. Er eilte hinter der schneller werdenden Hydritin her. Sie wird mich nicht erkennen.
    Er hatte vor längerer Zeit einen neuen Körper erhalten. Einen jugendlicheren Körper als seinen alten, den er verloren hatte. Auch er war ein Geistwanderer, ein Quan'rill. Diesen neuen Körper kannte die Hydritin. Es war die Verfremdung seines Gesichts, von der sie sich täuschen ließ.
    »Bel'ar!«
    Sie hielt inne, als sie seinen Ruf hörte. Die klackernde Sprache der Hydriten war im Wasser deutlich zu hören. Er schwamm noch schneller, stieß auf sie zu. Er sah Angst in ihrem Gesicht. Ehe sie fliehen konnte, packte er ihren Arm unterhalb des Doms. »Bitte, Bel'ar, sieh mir in die Augen! Und nenn meinen Namen nicht.«
    Sie schien unsicher, ob sie die Wächter rufen sollte. Ihr Blick irrlichterte durch die Gasse.
    »Bitte«, flehte er eindringlich. »Ich tue dir nichts. Ich brauche deine Hilfe.«
    Bel'ar sah ihn an. Ihr Blick versenkte sich in seinen. »Diese Aussprache«, klackerte sie. »Ich kenne dich…« Sie zögerte.
    Quart'ol sah sie aufmunternd an. »Es ist ein paar Rotationen her. Ich bin ein Freund von Matthew Drax.«
    »Das… das bist… du? «, klackerte die vollbusige Hydritin fassungslos. Sie senkte ihre Stimme. Anscheinend wusste sie, dass er gesucht wurde. Sie war schon immer sehr intelligent gewesen. Ihre Geistesgegenwart war bemerkenswert. Ob sie sich nach ihm erkundigt hatte?
    Quart'ol ließ sie los. »Können wir irgendwo hin schwimmen, wo wir ungestört sind?«
    Bel'ar verzog ihre runden Lippen. »Das klingt ja fast, als hättest du nach all der Zeit nur das Eine im Sinn. Bist du noch immer das Opfer der Hormone deines jugendlichen Körpers?«
    »Bel'ar, bitte«, sagte er nervös. Er sah aus den Augenwinkeln zwei der Ordnungswächter am Ende der Gasse schwimmen. Ein Stück über ihnen patrouillierte ein Man'tan - ein großer bionetischer Rochen, auf dem ebenfalls ein Wächter saß.
    »Na, komm schon.« Bel'ar griff vergnügt nach seinem Arm. Sie zog ihn mit sich in eine Seitengasse mit braunroten Muschelschalen am Grund. Bald trieben sie im Wasser vor einem kleineren Korallenhaus. Die Wohnsphäre schimmerte rot. Sie gehörte eindeutig einem höher gestellten Hydriten, da besonders seltenes bionetisches Material verwendet worden war.
    Quart'ol blickte sich unbehaglich um. Niemand schien sie zu beobachten. Trotzdem wollte er von der Gasse weg.
    Bel'ar öffnete den Eingang der Sphäre mit einer bestimmten Kombination auf einem Elementfeld an der Wand des Hauses.
    »Quart'ol!« Sie schlang ihre Arme um ihn, sobald sie im Hausinneren waren. »Ich habe dich schrecklich vermisst, weißt du? Um genau zu sein, dachte ich, du seist tot.«
    »Tot?«
    »Du giltst
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