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2542 - Perry Rhodan - Shandas Visionen

2542 - Perry Rhodan - Shandas Visionen

Titel: 2542 - Perry Rhodan - Shandas Visionen
Autoren: Hubert Haensel
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Aber bis sie sich
dieser Wahrnehmung überhaupt richtig bewusst wurde, strich der Schatten
schon mit dumpfem Schwingenschlag
davon.
»Jason ...?!« Zögernd rief Shanda
nach ihrem Vater.
Sie erhielt keine Antwort. Auch
nicht, als Augenblicke später Geröll
auf das Wrack herabprasselte. Der
Gleiter rutschte ab. Doch ebenso
schnell endete die Bewegung wieder.
»Mutter ...?«
Nichts.
Die Kälte wurde unangenehm.
Shanda konnte kaum mehr ihre Hände
bewegen. Sie spürte einen unerträglich
werdenden Schmerz.
Waren erst wenige Minuten vergangen? Oder womöglich schon Stunden?
Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren.
Die aufkommende Schwäche lähmte
sogar ihr Denken.
*
    Sie lachte, als sie den grell gezeichneten Feuerhüpfer mit der Fingerspitze anstieß. Seit Tagen, seit sie das
prachtvolle kleine Tier eingefangen
hatte, saß es wie versteinert in dem
transparenten Käfigwürfel. Erst vor
ein paar Minuten hatte es die Futterblätter angenommen und mit den Kauwerkzeugen die Blattadern herausgetrennt.
    Shanda war glücklich. Keines der
Nachbarskinder hatte einen Feuerhüpfer. Sie wusste, dass alle sie deshalb
beneiden würden. Weil sie es geschafft
hatte, in den Deltaauen des Ashawar
stundenlang reglos darauf zu warten,
dass das fingerlange Tier zum Vorschein kam.
    Nun genoss sie ihren Triumph. Das
Tier gehörte ihr.
Mit einem Fuß tastete es nach ihrem
Finger und packte beinahe schmerzhaft zu. Gleich darauf spreizte sich eine blutrote Halskrause ab. Seltsamer
Flaum, fast wie Schimmel, haftete an
der dünnen Hautscheibe.
Ohne darüber nachzudenken, griff
Shanda mit der anderen Hand danach.
Der Schimmel erschreckte sie. Sie
wollte nicht, dass sie den Feuerhüpfer
verlor, weil er womöglich krank wurde. Also musste sie den bleichen Bewuchs abwischen.
Mit zwei Fingern rieb sie über die
Halskrause – das Tier bäumte sich auf
und kippte zur Seite. Nicht einmal die
dünnen, mehrgelenkigen Beine zuckten noch.
11. Februar 1463 NGZ
5:35 Uhr
»Was ist mit dir?«
    Shanda Sarmotte überhörte den
drängenden Tonfall. Herman – Onkel
Herman, wie sie ihn gelegentlich nannte – war sehr besorgt um sie. Mitunter
wusste sie nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Seine Fürsorge engte sie ein
und machte sie hilflos. Irgendwann
hatte sie sich angewöhnt, seine besorgten Fragen zu überhören und hartnäckig zu schweigen.
    Wie in diesem Moment. Obwohl
Herman auf eine Antwort wartete.
»Ist es so schlimm, Shanda?«
Er fragte immer nach, wenn sie nicht
schnell genug mit der Sprache herausrückte. Dieses »Immer-alles-wissenWollen« mochte sie nicht an ihm, aber
er konnte wohl nicht anders. Herman
redete mit den Leuten, die zu ihm kamen, über Geld. Darüber, wie sie möglichst viel davon für sich behalten
konnten.
Shanda kaute mühsam an ihrem
Frühstück. Ihre Kiefergelenke schmerzten, weil sie immer fester zubiss. Die
Erinnerung quälte sie.
Aufspringen und davonlaufen ... Das war es, was sie eigentlich
wollte. Aber wohin hätte sie fliehen sollen, vor sich selbst und
ihren Erinnerungen? Sie starrte auf den Tisch. Die Einschlüsse in
der kristallinen Schwebeplatte schienen sich permanent zu
verändern. Schwache Lichtquellen im Innern sorgten dafür.
Leere Augenhöhlen in einem halb
faustgroßen Schädel, der scheinbar
auf einer Knochenkette balancierte,
blickten ihr entgegen. Ein aufgerissener Vogelschnabel reckte sich in die
Höhe – mehr war von diesem Gerippe
nicht erhalten. Ein kleines Lebewesen,
das irgendwann auf Aveda gelebt hatte. Lange bevor die Menschen auf diese Welt gekommen waren.
Das Vogelskelett wuchs. Shanda
hatte den Eindruck lederhäutiger
Schwingen, die sich knisternd streckten, eines kantigen Schnabels, der
nach ihr hackte ...
Sie schrie gurgelnd auf. Ihre Hände
krachten auf die Tischplatte und
wischten hastig darüber. Was sie erst
zehn Minuten zuvor akribisch genau
platziert hatte, wirbelte durcheinander. Ihr Teller klirrte zu Boden, der
Krug mit dem Solbeerensaft kippte um
und ergoss seinen blutroten Inhalt
über den Tisch.
Shanda versuchte in ihrem Schrecken, die Lache aufzuhalten, dabei verschmierte sie die klebrige Flüssigkeit
vollends. Erst in dem Moment wurde
ihr bewusst, was sie angerichtet hatte.
In ihrem Kopf dröhnte es. In ihrer
Vorstellung sah sie wieder die Berge
auf Katarakt, die angreifenden Schemen, und sie hörte das Kreischen und
Bersten, mit dem der Gleiter über den
Fels schrammte.
Die Erinnerung quälte sie, seit sie
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