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251 - Der Taratzenkönig

251 - Der Taratzenkönig

Titel: 251 - Der Taratzenkönig
Autoren: Christian Schwarz
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unterlegenen Dextah den Bauch auf. Dann ließ er sich, den Fuß noch auf dem Sterbenden, den Gürtel Beetiehs umlegen.
    Noch während der Stamm den neuen Grandlord feierte, flüchtete Traysi Hals über Kopf in die Wälder um Bristol. Dort wollte sie eine günstige Gelegenheit abwarten, um sich an Will zu rächen. Die Vierzehnjährige richtete sich in einer erhöht liegenden Höhle ein. Die ersten Wochen ernährte sie sich von Blagbewys und kleinen Tieren, die sie so beeinflusste, dass sie ihr direkt vors Messer liefen.
    Es wurde kühler, der Winter nahte. Traysi wusste, dass sie etwas unternehmen musste, fühlte sich aber seltsam antriebslos. Sie wusste nicht weiter. Ihr ganzes Leben lang hatte sie das getan, was ihr Beetieh sagte. Nun, auf sich allein gestellt, kam sie mit der Situation kaum zurecht.
    Ziellos lief sie in den Wäldern umher, trauerte um ihren Vater und schrie in kalten Nächten nach ihm. Der erste Schnee war bereits gefallen, als sie in einer Höhle auf eine Netaratze traf. Das von seinem Rudel ausgestoßene Männchen wollte über Traysi herfallen, aber sie bekam es mit ihrer mentalen Begabung sofort in den Griff.
    Ab da jagten die beiden ungleichen Wesen zusammen. Der Kampf ums tägliche Überleben war extrem hart, und das Barbarenmädchen verwilderte mehr und mehr.
    Ob Gwaysi das auch durchmachen musste?
    Zum ersten Mal spürte sie Mitleid mit ihrer Schwester, die irgendwo lebte. Wo, wusste sie nicht. Aber sie lebte. Traysi spürte es.
    ***
    Stadtgebiet London, September 2525
    Rulfan schreckte aus seinem oberflächlichen Schlaf. Schritte hatten ihn geweckt. Nur schwer fand er in der Wirklichkeit zurück. Er hatte von Lay geträumt, von ihren glücklichen Zeiten, von seinem Sohn, der nie geboren worden war.
    Doch der Traum zerplatzte. Erstes zaghaftes Licht fiel durch die Oberfenster und hellte das Schwarz zu verwaschenen Grautönen auf. In diesem Grau erschien Traysi. Hinter ihr drängten sich zehn Taratzen.
    »Der Morgen kommt, wir gehen«, sagte Traysi. »Die Taratzen begleiten uns zum Bunker.« Sie schloss den Käfig auf.
    Rulfan dehnte und streckte sich und trat vorsichtig aus seinem Gefängnis. Er wunderte sich, dass König Hrrney sie nicht begleitete, aber er schwieg.
    Eine Viertelstunde später hatten sie die Brennnesselfelder des Regent's Park, an dessen nördlichem Ende der Zoo lag, durchquert. Nun marschierten sie immer noch schweigend südöstlich, die Regent Street hinunter. Dabei bildeten die Taratzen taktisch geschickt einen Kreis um die Menschen, sodass Rulfan keine Gelegenheit zur Flucht bekam. Erneut beobachtete er die ständigen abgehackten Kopfbewegungen der jungen Frau, die nach wie vor ihre Gesichtsmaske trug.
    »Bin krank«, sagte Traysi unvermittelt.
    »Was?« Rulfan sah sie irritiert an.
    »Hast dich gerade gefragt, warum sich mein Kopf immer dreht.«
    »Du bist… eine Lauscherin ?« Er musste unvermittelt an Aruula denken. Wo sie jetzt wohl war?
    »Ja. Kann zu den Göttern sehen.«
    »Und du kannst die Taratzen beeinflussen, stimmt's?«, hakte Rulfan nach.
    Traysi nickte.
    »Ist das der Grund, warum König Hrrney nicht bei uns ist?«
    Wieder ein Nicken. Mit gedämpfter Stimme sprach sie weiter. »Will weg von Hrrney. Du kannst mir helfen, Rulfan! Erst holen wir Medizin und Waffen aus dem Bunker, und dann fliehen wir gemeinsam!«
    Rulfan überkam ein zwiespältiges Gefühl. War dies wirklich eine Chance, den Taratzen zu entkommen - oder spielte Traysi nur mit ihm? Sollte sie ihn vielleicht sogar testen?
    Er war oft genug ausgenutzt und hintergangen worden, um vorsichtig zu sein. Also vermied er eine konkrete Antwort. »Du sagst, du bist krank, Traysi. Was ist das für eine Krankheit?«
    Er erfuhr von ihrer permanenten Doppelsicht, wohl eine Folge der Verletzungen, die sie erlitten hatte, als sie unter der Titanglaskuppel verschüttet worden war. Die Gefahrsicht der Lords musste dabei außer Kontrolle geraten sein. Rulfan bezweifelte stark, dass es dafür im Bunker Medikamente gab - aber er hütete sich, das anzudeuten.
    »Willst du mir mehr über dich erzählen, Traysi?«, fragte er stattdessen.
    Traysi wollte. Nur zu gern. In Rulfans Nähe fühlte sie sich geborgen wie lange nicht mehr.
    ***
    Südbritana, März 2017 bis November 2521
    Traysi lag im tiefen Schnee zwischen Bäumen und stöhnte leise. Blut lief in Strömen über ihr Gesicht. Die Hexe versuchte sich aufzurichten, weiter zu kriechen, schaffte es aber nicht.
    Die beiden Jäger kamen näher. Sie trugen
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