Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2493 - Der Weltweise - Leo Lukas

2493 - Der Weltweise - Leo Lukas

Titel: 2493 - Der Weltweise - Leo Lukas
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
irritierte ihn, dass etwas, das wie eine übergroße Luftblase aussah, nach Belieben die Richtung wechselte. Aber er begann, Bewegungsmuster zu erkennen.
    Die Treiber waren siegesgewiss und deshalb nachlässig. Er täuschte Resignation vor, lockte sie zu sich, nützte dann eine von den Kelpstängeln abgelenkte Strömung und durchbrach die Umschließung.
    *
     
    Weit kam er nicht. Sie schwammen ihm nach, mühelos, ohne irgendwelche Tempi mit den Extremitäten auszuführen.
    Er ging tief, tiefer, noch tiefer. Seine Muskeln protestierten, seine Lungen brannten. In höchster Not entdeckte er eine von Schlamm halb zugedeckte Öffnung im Meeresboden und quetschte sich hinein.
    Derlei Grotten hatten erfahrungsgemäß mehrere Ausgänge. Die Inseln des Archipels waren vulkanischen Ursprungs und ihre unterseeischen Sockel gewöhnlich von Lavaeruptionen perforiert.
    Dieser Stollen jedoch entpuppte sich als Sackgasse. Wo er sich hätte verzweigen sollen, war das Erdreich eingestürzt. Felsbrocken, Geröll und Lehm türmten sich auf zu einem lückenlosen, unüberwindlichen Hindernis.
    Sahmsivil saß in der Falle. Er schloss mit seinem Leben ab.
    Schon erhellte sich die Grotte. Kaltes Licht ausstrahlend, schwebte eine der furchtbaren Sphären auf ihn zu.
    Und stoppte, keine drei Meter vor ihm. Das Wesen trug Scheuklappen, wie man sie Seeochsen anlegte, damit sie leichter zu lenken waren. Es hob den Arm, legte den Schlangenschädel schief ... und sprach.
    Nicht mit Sahmsivil. Anscheinend waren die Laute, deren Sinngehalt er nicht verstand, für jemand anderen bestimmt. Tatsächlich ertönte noch eine zweite, leisere und dünnere Stimme, fast so wie aus einem fernen Schalltrichter.
    Der fremde, böse Jäger verkrampfte. Seine Augen weiteten sich, als habe er soeben eine Nachricht erhalten, die ihn in seinen Grundfesten erschütterte. Ansatzlos drehte er um und entfernte sich.
    Sahmsivil, zitternd vor Panik, wartete, bis seine Atemwege zu bersten drohten und er keine andere Wahl hatte, als hinauszuschwimmen, und hinauf, lechzend nach Luft.
     
    Erster Tag: Zahlen, bitte!
    Er wusste weder um seinen Namen noch um den Ort, noch darum, wie er ihn erreicht hatte. Bloß, dass er nicht verweilen durfte.
    Weil er im Wasser lag, in flachem, salzigem Wasser; und ertrinken würde, wenn er seinen Kopf nicht hob. Aber er war zu schwach, um aufzustehen. Keine Kraft, kein Gefühl in den alten Gliedern.
    Wirre, zusammenhanglose Eindrücke überschwemmten sein Bewusstsein. Ein grauer Turm in der Thora Road von Terrania City. Eine Frau mit Haaren, die Funken sprühten. Zwei düstere Gestalten ...
    Hatte er sich berauscht? Nein. Der Geschmack in seinem Mund war nicht jener von Wein. Außerdem nahm er nie mehr als höchstens eine halbe Flasche am Stück zu sich.
    Ein feines Tröpfchen, zusammen mit dezenter Musik und erbaulicher Lektüre ...
    Déjà-vu. So hieß das, wenn man das Gefühl hatte, etwas schon einmal genau gleich erlebt zu haben, nicht wahr?
    Echos aus unendlich ferner Vergangenheit. Sie wollten ihm etwas offenbaren. Über ihn, seine Person, seine Geschichte. Seine Psyche und Physis.
    Physik. Mathematik. Dafür hatte er sich interessiert. Rechnen. Gleichungen. Theoreme. Zahlen. Die mochte er.
    Zahlen, bitte!
    An diesem Ort gab es viel zu wenige. Kaum Konstanten oder Variable. Nur primitive Formeln. Gelöstes Salz, ja. Natriumchlorid. Jedoch weshalb?
    Mangelnder Input. Informationsfluss drastisch reduziert, da Vernetzung aufgelöst. Kein Wunder, dass er nicht richtig denken konnte, so zurückgeworfen auf sich allein. Wie sollte er da erst handeln?
    Jemand stemmte ihn hoch, verhinderte, dass er noch mehr schluckte, richtete ihn auf. Er keuchte, hustete, spuckte, übergab sich.
    »Weg vom Ufer!«, sagte der unbekannte Retter und zerrte ihn weiter. »Komm schon, die Flut steigt. Mach hin, ich muss noch mehr Leute in Sicherheit bringen. Wäre es zu viel verlangt, wenn du langsam auf deinen eigenen Beinen stehen könntest?«
    Er versuchte es, knickte jedoch immer wieder ein, musste bei jedem Schritt gestützt werden. Ihn fröstelte, obwohl der Nieselregen, der seine nackte Haut benetzte, nicht kalt war.
    Der andere trug ebenfalls keinerlei Kleidung am Leib. »Ich kenne mich genauso wenig aus wie du«, sagte er, irritierender weise zwinkernd. »Habe nur etwas früher das Bewusstsein erlangt. - Hier, setz dich hin, lehn dich an diesen Stein und gib bitte nicht den Geist auf. Irgendetwas vermittelt mir den Eindruck, das wäre unserer Sache nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher