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249 - Showdown

249 - Showdown

Titel: 249 - Showdown
Autoren: Stephanie Seidel
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des Mammutbaums fest. Ursprünglich hatte Daa’tan sie, von Baumtrieben gefesselt, hoch über die Wipfel heben wollen, denn Lay sollte weithin sichtbar sein, damit seine Eltern sie auch fanden. Doch dann hatte er wohl begriffen, wie gering die Überlebenschancen der im dritten Mond Schwangeren waren, wenn sie tagelang ohne Nahrung, Schutz und Pause der sengenden Sonne ausgeliefert war, was selbst den stärksten Kreislauf zum Kollabieren brachte.
    Der Tod irgendeines Menschen hätte Daa’tan gewiss wenig bis gar nicht interessiert. Aber Lay sollte eine Botschaft übergeben, und sie war überzeugt davon, dass dies der einzige Grund war, warum er sie am Leben gelassen hatte: Er hatte ihr gesagt, wo genau er Rulfan gefangen hielt und wo Matthew Drax und Aruula ihn treffen sollten. Damit sie sie in dem Meer aus Bäumen auch fanden, und um sie vor der brütenden Hitze zu schützen, hatte Daa’tan den Mammutbaum weithin sichtbar mit einem Kokon aus Pilzfäden umhüllt. Lay konnte sich in der Krone frei bewegen.
    Nach unten hin öffnete sich der Kokon. Er endete in langen fahlen Zipfeln am Erdboden, die sich hochbogen wie überspannte Tücher. Sie ließen genug Abstand zu dem gigantischen Baumstamm, dass ein Efrantenjunges ihn umwandern konnte, ohne das Pilzgeflecht zu berühren.
    An Flucht war trotzdem nicht zu denken. Denn der Baum stand mitten in einem Dorf, das von Verrückten bewohnt wurde. So jedenfalls erklärte sich Lay das unglaubliche Verhalten seiner Bewohner: Sie beteten den Pilz an, der ihren Lebensraum zerstörte! Ja, sie hielten ihn für den Vorboten einer neuen Weltordnung, einer neuen Zeit!
    Lay beugte sich vor und spuckte nach unten. Die Spucke landete auf dem Kopf eines ihrer Bewacher. Er merkte es nicht einmal. Und wie sollte er auch? Der Mann hatte sich über und über mit Fäden und Ranken behängt, die das Wurzelgeflecht des Pilzes imitierten. Wollte auf diese Weise eins werden mit dem Gott, den er verehrte.
    Der ganze Stamm lief so herum, von den Kindern bis zu den Ältesten. Wildvolk nannten sie sich. Ihre besten Krieger hockten unter dem Baum und hielten Wache. Tag und Nacht. Ohne Pause.
    Sie haben alle den Verstand verloren, dachte Lay und seufzte. Wie lange konnte sie sich selbst noch vor dem Wahnsinn retten?
    Seit Tagen schon saß die junge Frau in ihrem Gefängnis – allein, verängstigt, ohne Aussicht auf Rettung. Man hatte Lay ein Seil nach oben gebracht und es in der Baumkrone befestigt. Der Korb, der daran hing, wurde morgens und abends mit einem Wasserschlauch und etwas Nahrung gefüllt. Sie konnte ihn dann hochziehen. Damit sie am Leben blieb.
    Wäre Lay allein auf der Welt gewesen, hätte sie sich vor Verzweiflung vielleicht schon in die Tiefe und in den Tod fallen lassen. Aber sie musste doch das zweite Leben schützen, das in ihr heranwuchs!
    Mein armes Baby! Rulfans Kind. Die Ahnen wissen noch gar nichts von dir, dachte Lay bekümmert und streichelte über ihren Bauch, dem man die Schwangerschaft noch nicht ansah.
    In Taraganda war es üblich, Ungeborenen eine Geistermutter zur Seite zu stellen, was in etwa vergleichbar war mit einer Patenschaft. Dieses wichtige Amt wurde Stammesmitgliedern übertragen, die aufgrund ihres Alters den Ahnen schon recht nahe waren. Durch Fürsprachen und Gebete sollten sie das Ungeborene im Jenseits bekannt machen, damit ihm jemand – falls es vorzeitig starb, was im Dschungel nicht selten geschah – entgegen kam, und das Kind an der Pforte zum Heiligen Kraal nicht allein war.
    Lay hatte sich vorgenommen, auf den richtigen Moment zu warten, um mit dem Schamanen über eine Geistermutter für Rulfans Baby zu sprechen. Doch der richtige Moment war nie gekommen.
    Stattdessen kam das fliegende Ungeheuer.
    Lay war mit Rulfan, seiner Lupa Chira und dem Gorilla Zarr auf dem Weg nach Wimereux gewesen. Sie wollten den Kaiser vor dem nahenden, immer weiter um sich greifenden Pilzgeflecht warnen, das schon Landstriche und ganze Dörfer ausgelöscht hatte. Eines Morgens, kurz vor Sonnenaufgang, wurden die Freunde überfallen – von Kriegern des Wildvolks, wie Lay inzwischen wusste. Rulfan und Zarr kämpften heldenhaft, doch es nützte nichts: Lay wurde von den Wilden verschleppt.
    Sie wussten, dass Rulfan kommen würde, um mich zu retten! Es war alles geplant. Eine Falle!
    Rulfan kam tatsächlich, mit Chira und Zarr. Doch sie waren der Übermacht und Entschlossenheit des Wildvolks nicht gewachsen. Ehe sich die Gefährten versahen, kämpften sie ums nackte
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