Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
242 - Im Fadenkreuz

242 - Im Fadenkreuz

Titel: 242 - Im Fadenkreuz
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
Vom Netzwerk:
Nackthaut aufzunehmen. So sehr er auch seine Nase in den Wind streckte, der Fellschopf roch weder nach Nackthäuter, noch nach irgendeinem Lebewesen, das Sable bekannt war. Er war nicht mehr und nicht weniger als ein Ding, das sich bewegte.
    Also beschloss die Wildkatze, ihn zu ignorieren und endlich zu tun, wozu sie gekommen war: ihren unbändigen Hunger zu stillen. Sie richtete sich auf und schritt erhobenen Hauptes auf den dampfenden Kadaver zu.
    Plötzlich aber öffnete der Rotschopf den Mund. »Der Befehl lautete, Infrarot-Optik einschalten«, schnarrte er in den Lauten seines Herrn. Gleichzeitig hob er in ruckartigen Bewegungen eines seiner Armglieder und in seinen Augen flackerte ein blutiges Licht.
    Also doch! Das Ding wollte den Schuppenschleicher für sich. Der Sebezaan maß sein Gegenüber mit einem prüfenden Blick. Es war unbewaffnet und schien ihm an Größe und Kraft unterlegen zu sein. Sable machte einen Buckel. Mit gesträubtem Nackenfell schlug er fauchend seine Vorderpranke in den Schnee. Doch der rote Fellschopf ließ sich nicht beeindrucken. Er blieb stehen, wo er stand, und richtete einen Finger auf Sables Pelz.
    Bevor der Sebezaan eine nächste Drohung ausstoßen konnte, schoss aus dem Finger ein greller Feuerblitz. Zischend bohrte er sich neben ihn in den Schnee. Wütend legte der Sebezaan die Ohren an. Fauchend und knurrend stürzte er sich auf den Fellschopf.
    Er schlug seine Krallen in die Brust der vermeintlichen Nackthaut. Funken sprühten und zischten aus dem aufgebrochenen Leib. Es stank entsetzlich.
    Angewidert wollte Sable seine Krallen aus dem Feuer spuckenden Ding reißen. Doch sie hingen fest in einem Nest aus Eisenschlingen. In dieser unfreiwilligen Vereinigung ging er mit dem merkwürdigen Wesen zu Boden. Doch dort, wo eigentlich fester Untergrund hätte sein müssen, gähnte nun das Loch der Eisspalte. Es knirschte und knisterte, als sie über deren Rand rutschten. Eine Schneewolke erhob sich. Dann stürzten sie in die Tiefe.
    ***
    Waashton
    Er lief nackt durch ein Weizenfeld. Die Ähren bogen sich im warmen Sommerwind und streichelten seine schwarze Haut. Irgendwo tirilierte eine Lerche. Es roch nach Honig, reifem Korn und feuchter Erde. Eine Stimme tönte von fern. Er blieb stehen und lauschte. Die Stimme kam vom Himmel. Er legte den Kopf in den Nacken – nichts zu sehen, nicht einmal Wolken. Doch irgendwer rief ihn, deutlich hörte er seinen Namen…
    »Mr. Hacker bitte ins Office der Präsidentin…!«, tönte es aus der Rufanlage. Das Rauschen des Windes und das Tirilieren der Lerche verklangen, das Gold des Weizenfeldes verblasste. »Mr. Hacker, bitte melden Sie sich bei Dr. Cross…!« Hacker schlug die Augen auf und spähte zur Tür hinauf, wo zwischen Rahmen und Decke eine kleine Lautsprecherbox hing. »Dringender Aufruf an Mr. Hacker: Dr. Cross und Mr. Black erwarten Sie im Präsidentenoffice…!«
    Mr. Hacker blickte in dichtes blondes Haar. Tief sog er die Luft durch die Nase ein. Der schneeweiße Adonis in seinen Armen duftete nach feuchter Erde, Honig und Gras. Behutsam löste er seine Arme vom Körper des Schlafenden, leise stand er auf und zog sich an. Die Stimme aus dem Lautsprecher hatte aufgehört zu nerven. Der Blonde war nicht aufgewacht.
    David Columbu hieß das dürftig in Leintücher gehüllte Zuckerstück. Offiziersanwärter der Bunkerstreitkräfte, über sieben Ecken verwandt mit der Präsidentin und so süß, dass Collyn beim bloßen Gedanken an die letzten Tage zerschmelzen könnte.
    »Bye, mein Goldstück«, flüsterte er, während er dem Jüngling einen Kuss auf die Wange hauchte. »Bin gleich wieder bei dir.« Vorsichtig drückte er die Klinke herunter, leise schloss er die Tür hinter sich. Ein Blick auf die Uhr: fünf nach zwölf. Mit strammem Schritt lief der kahlköpfige schwarze Computerspezialist dann durch die Zimmerfluchten des Pentagonbunkers zum Office der Präsidentin.
    Eigentlich sollte der reizende Columbu nur ein Bonbon für zwischendurch sein, ein mildes Trostpflästerchen für die Wunde, die Hacker durch die Zurückweisung des schönen Roots davongetragen hatte. Der frisch gebackene Captain der Bunkerstreitkräfte war leider so hetero, dass ihm das Testosteron aus den Dreadlocks tropfte. Leider. Nichts zu machen. Also hatte der liebeskranke Hacker sich an den Jüngling gehalten. Drei Tage waren sie kaum noch aus dem Bett gekommen – und jetzt war er verliebt. Warum nicht? Warum sollte nicht auch ihn einmal das Liebesglück auf den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher