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242 - Im Fadenkreuz

242 - Im Fadenkreuz

Titel: 242 - Im Fadenkreuz
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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Schultertuch gewickelt auf dem Rücken.
    »Irgendwas läuft bei den Frommen!«, rief Trashcan herauf. »Die Rev’rends haben ihre Leute vor dem Fordtheater versammelt. Schätze, da gibt’s gleich’n Sermon oder ’ne Messe oder so was! Jedenfalls was Superwichtiges, solltet ihr euch anhören!«
    Black stieg vom Gerüst, die anderen folgten ihm. Auf dem Weg zum Hauptquartier der Rev’rends – die fanatischen Gottesmänner residierten noch immer im Fordtheater – schlossen sich ihnen Miki Takeo, einige Bunkersoldaten und etwa zwei Dutzend Bürger an.
    Miss Hardy und die Präsidentin liefen direkt vor Mr. Black. Der Winzling im Schultertuch schlief. Samuel Aiko Bosh hieß der Knabe. Alexandra Cross erkundigte sich nach dem Baby und Miss Hardy wollte gar nicht mehr aufhören, in ihrem Mutterglück zu schwelgen.
    Mr. Black betrachtete die Gestalten der beiden Frauen. Lange war es her, dass er die eine heimlich geliebt hatte, ohne ihr diese Liebe je zu gestehen. Es ließ ihn relativ kalt, dass Miss Hardy nun von einem anderen Mann zur Mutter gemacht worden war.
    Und die andere? Alexandra Cross? Er machte sich klar, dass sie seit der Schlacht um Waashton im Grunde nicht mehr von seiner Seite wich. Ließen ihn ihre Blicke ebenfalls kalt? Nein, wie er sich ehrlicherweise eingestehen musste. Sie gingen ihm sogar mächtig unter die Haut; und sie verunsicherten ihn. Alles, was nicht mit dem Verstand und dem Willen zu klären war, verunsicherte ihn. Das verdross ihn nicht unerheblich. Warum musste das so sein?
    Sie erreichten die Bibliotheksruine und stiegen zum Flachdach hinauf. Dort oben zwischen Kaminen, Büschen, moosbedeckten Aufzugsschächten und verkrüppelten Birken stand das Kuppelzelt der kleinen Wachmannschaft, die von hier aus die Ruinenstadt beobachtete. Das Hauptquartier der Rev’rends war nur eine Meile Luftlinie entfernt. Überhaupt konnte man ganz Waashton vom Bibliotheksdach aus überblicken. Selbst das Potomac-Ufer war bei Tageslicht gut zu erkennen. Unten, im Kellergeschoss der Bibliotheksruine, lag ein Einstiegsschacht, über den man zum Pentagonbunker gelangte.
    Black trat an den Dachrand, die Cross stellte sich neben ihn. Jemand drückte erst ihr und dann ihm einen Feldstecher in die Hände. Sie spähten hindurch. Siebzig bis achtzig Männer und Frauen hatten sich vor dem Fordtheater versammelt. Auf einem Wakudakarren standen Rev’rend Rage und Rev’rend Torture. Rage hielt eine Rede.
    »Wir haben zwei Späher mit Mikros unter die Menge geschleust«, sagte einer der Wachhabenden, ein Major, und stellte einen UKW-Empfänger neben Black. Es rauschte zuerst ein wenig, als er ihn einschaltete, dann hörte man die Stimme des Mannes, der sich selbst als Erzbischof bezeichnete.
    »… auf zum Heiligen Krieg, ihr Knechte und Mägde des HERRN! Auf zum Kampf gegen Crow, den General Orguudoos!« Rev’rend Rage trug ein rot angemaltes Holzkreuz von der Größe eines Halbwüchsigen auf der Schulter. Ständig wuchtete er es hoch und stieß es in die Luft. »In dieser Nacht hat der HERR zu uns gesprochen! Höret seinen Marschbefehl…!«
    »Jetzt schnappen sie völlig über«, sagte die Präsidentin.
    »… zieht zu den Appalachen, greift Crows Sündertruppe an, kämpft mutigen Herzens gegen sein Teufelswerk! Der HERR selbst wird mit euch sein und seine Feinde in eure Hand geben…!«
    »Unverantwortliches Geschwätz!«, knurrte Black.
    »Aufruf zum kollektiven Selbstmord nenne ich das«, sagte Percival Roots. Der junge Captain mit dem kantigen Gesicht und den langen schwarzen Dreadlocks schüttelte fassungslos den Kopf. »Man muss sie aufhalten.«
    »Wie oft haben wir Crows Fabrikationsanlage vergeblich angegriffen?«, fragte Miki Takeo. »Viermal? Fünfmal? Nicht einmal ich mit meinen schweren Waffen konnte das Schott knacken.«
    »Und diese frommen Narren wollen es mit einer Illusion versuchen«, sagte Roots. »Sie werden sich eine blutige Nase holen.«
    »Hoffen wir, dass sie mit einer blutigen Nase davonkommen«, sagte Takeo. »Die Anlage ist uneinnehmbar, solange der Feind nicht selbst die Tore öffnet.«
    Sie lauschten der aufgekratzten, fanatischen Stimme aus dem Funkgerät. Von einem »mutigen Glaubenskampf« sprach Rev’rend Rage, von einer »Machtdemonstration Gottes« und vom »Friedensparadies«, das dieser Sieg all denen bescheren würde, die bereit waren, mit ihm und Rev’rend Torture in den »Heiligen Kampf« zu ziehen.
    »Vertraut dem HERRN«, schloss der Erzbischof, »und kämpft den Kampf
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